Auszeichnungen Pociao gewinnt den DeLillo-Übersetzungswettbewerb des Deutschen Übersetzerfonds und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Die in Bonn und Tanger lebende Übersetzerin Pociao hat den DeLillo-Übersetzungswettbewerb des Deutschen Übersetzerfonds und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gewonnen. Der mit 2.000 Euro dotierte und von der Kulturstiftung der Länder gestiftete Preis wurde am Freitagabend als Abschluss des Symposiums zum 20. Jubiläum des Deutschen Übersetzerfonds im Literarischen Colloquium Berlin überreicht.

Gegenstand des öffentlichen Wettbewerbs war eine deutsche Übersetzung des hierzulande wenig bekannten und noch nicht übersetzten Frühwerks Don DeLillos, der  Anfang des Romans Great Jones Street aus dem Jahr 1973. Eine Fachjury (Ulrich Blumenbach, Kerstin Gleba, Andreas Jandl, Miriam Mandelkow und Andreas Platthaus) hatte mehr als 400 Einsendungen – in der großen Mehrzahl von übersetzenden Laien – zu prüfen.

Die Begründung: „Pociao schöpft aus dem Vollen, und in ihrer Übersetzung gibt es immer wieder Anlässe zum Jubeln. Das geht beim ersten Satz los, einem Paukenschlag, dessen Dröhnen wiederhergestellt wird: „Ruhm erfordert Exzesse jeglicher Art.“ Oder um ein anderes Beispiel zu nehmen: Das unauffällige Adjektiv „visceral“ ist ein semantischer Cocktail aus konkreten Eingeweiden und figurativem Bauchgefühl, der einen Englischübersetzer zur Verzweiflung treiben kann, aber der Ausdruck ist nicht unübersetzbar, wie Pociao beweist, bei der aus „There was less sense of simple visceral abandon at our concerts during these last weeks“ der Satz wird: „In diesen letzten Wochen hatten schlichte, hemmungslose Ausschreitungen bei unseren Konzerten spürbar nachgelassen.“ Bei all dem war eigene Kreativität gefragt, all das geht über das Handwerk hinaus, all das ist wahre Kunst des Übersetzens. Und ein Buch fängt an zu klingen, trifft man nur das Zauberwort.“

Pociao studierte nach längeren Aufenthalten in London und New York Anglistik, Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaften in Bonn. Anfang der 70er Jahre Gründung von Pociao’s Books, einem Vertrieb für experimentelle Literatur aus der amerikanischen Small-Press-Szene für den europäischen Raum, Mitarbeit beim Verlag Expanded Media Editions und Mitte der 90er Jahre zusammen mit der Komponistin Ulrike Haage Gründung des eigenen Verlags Sans Soleil. Übersetzung zahlreicher Autoren aus den Vereinigten Staaten, England und Spanien, darunter Paul und Jane Bowles, Gore Vidal, William S. Burroughs, Bill Ayers, Patti Smith, Laurie Anderson, Zelda Fitzgerald, Adam Haslett, Tom Robbins, Nicholas Christopher, Gina Ochsner, Evelyn Waugh und Jeremy Reed.

In einem Beitrag in der heutigen Frankfurter Allgemeinen Zeitung geht Ulrich Blumenbach auf die Befunde des Wettbewerbs ein. Dort sind auch DeLillos Originaltext und Pociaos deutsche Übersetzung nachzulesen.

Im Rahmen des 20-jähriges Gründungsjubiläums des Deutschen Übersetzerfonds wurde auch die von Marie Luise Knott und Andreas Tretner kuratierte Ausstellung „Urbans Orbit. Einblicke in den Nachlass eines Übersetzers“ eröffnet. Sie zeigt den großen Übersetzer Peter Urban (1941-2013) als leidenschaftlichen Čechov-Philologen, als Anwalt und Vermittler der Werke Velimir Chlebnikovs, als Wegbegleiter zeitgenössischer Autoren. Hervorgegangen ist die Ausstellung aus einer Sichtung des im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrten Nachlasses. „Urbans Orbit“ wird bis zum 8. Februar 2018 vor und nach den Veranstaltungen im Literarischen Colloquium zu sehen sein.

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