AvJ fragt: „Wo bleibt der Staat bei der Leseförderung?“

Heute hat sich die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V. (AvJ) mit ihrer „Frankfurter Erklärung“ an die Öffentlichkeit gewandt und fragt: „Wo bleibt der Staat bei der Leseförderung?“ und prangert  vor allem „die prekäre Ausstattung in Kindergärten und Schulen“ an und fordernt das Eingreifen der Politik. Denn: „Lesen fördern heißt Zukunft fördern:

In zahlreichen Verlagshäusern in Deutschland werden zunehmend mehr kostenfreie Bücher für Kita-, Klassen- und Schulbibliotheken sowie für die Arbeit ihrer Literaturpädagog*innen angefragt. Diese alarmierende Entwicklung hat die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V. (avj) – als Interessenverband deutschsprachiger Kinder- und Jugendbuchverlage – dazu veranlasst, seine Mitgliedsverlage um eine Einschätzung der Lage zu bitten.

Die Ergebnisse sind schockierend: In der internen Umfrage gaben 48 Mitgliedsverlage der avj für den Zeitraum Januar bis August 2022 an, zusammen über 9.200 Anfragen nach kostenfreien Exemplaren erhalten zu haben. Viele Pädagog*innen in Kitas, Schulen, Horten und in der außerschulischen Leseförderung begründen ihre Anfragen häufig damit, dass nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stünden um den Kindern und Jugendlichen ausreichend Bücher und andere Medien zur Verfügung zu stellen. „Das Geld reicht gerade für das Mobiliar, für die Bücher, den eigentlichen Grundstock jeder Leseecke und Bibliothek, reicht es dann aber nicht mehr “, so Bernd Herzog, Vorstandsvorsitzender der avj.

Der Staat wird seiner Verantwortung nicht gerecht

Die avj warnt eindringlich vor den Folgen der fehlenden Investition, denn Bücher für Heranwachsende bilden die Grundlage für Lesekompetenz, Bildungserfolge und schlussendlich gesellschaftliche Teilhabe. Die Kulturtechnik Lesen ist Voraussetzung für selbstständig denkende Bürger*innen und damit eine wesentliche Säule der demokratischen Grundordnung. Neueste Studien, wie etwa die IFS-Schulpanelstudie (März 2022), zeigen, dass die Lesefähigkeit der Schüler*innen weiter dramatisch sinkt. Anstatt mehr an Vermittlung, Geldern und Lesestoff zur Verfügung zu stellen, werden derzeit Förderprogramme zusammengestrichen und das Problem auf die Bürger*innen abgewälzt.

Da den Verlagen die Leseförderung sehr wichtig ist, haben fast alle Mitgliedsverlage in der Vergangenheit ausgewählte Anfragen in beachtlichem Umfang unterstützt – aber die Verlage sind eben auch Wirtschaftsunternehmen, die gerade in Zeiten steigender Preise für Papier, Energie und Fracht, nicht zuletzt diewirtschaftliche Verantwortung für ihre Autor*innen, Illustrator*innen, Übersetzer*innen und Mitarbeiter*innen tragen. Im Zuge der Mitgliederumfrage zeigte sich, dass pro Anfrage nach Einschätzung der zuständigen Abteilungen im Durchschnitt bis zu 3 Exemplare erbeten wurden. Für 2022 wären das für alle 97 avj-Mitgliedsverlage hochgerechnet über 80.000 kostenlose Exemplare. Bei einem durchschnittlichen Ladenpreis von 12,61 Euro (Stand: 2021) entspricht das einem jährlichen Buchhandelsumsatz von über 1 Million Euro.

Forderungen der avj

Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlage e. V.  fordert deshalb im Namen ihrer knapp 100 Mitgliedsverlage

o   ein klares Bekenntnis der politischen Entscheider*innen zur Notwendigkeit des Ausbaus der Lese- und Medienkompetenz

o   die Weiterführung des Sprachförderprogramms „Sprach-Kitas“

o   Erweiterung der Förderprogramme der öffentlichen Hand für die Ausstattung von Kita, Klassen-, Schul- und Institutsbibliotheken

o   die Verankerung von Literaturvermittlung in außerschulischen Betreuungsangeboten

o   gezielt wirkende Förderprogramme für leseschwache Kinder und Jugendliche.

Die Mitgliedsverlage der avj stehen dabei für Gespräche und gemeinsame Ideen gern zur Verfügung.

Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V.

Die avj ist der Fachverband für Verlage, die Kinder- und Jugendbücher, aber auch audiovisuelle Medien, Kalender, BuchPlus-Produkte und vieles mehr für Kinder und Jugendliche herausgeben. Sie wurde im Jahre 1950 gegründet. Mittlerweile gehören ihr über 100 Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an. Im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten steht die Interessenvertretung und die Vernetzung der ihr angehörigen Verlage in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie die Förderung der Kinder- und Jugendliteratur und des Lesens.

 

Kommentare (1)
  1. Ich finde Ihren Kommentar richtig und wichtig. Aber es geht nicht nur um Bücher, sondern auch um Leseförderinitiativen von privater Seite, die vorwiegend durch Eigeninitiative und mit gemeinnütziger Arbeit realisiert werden. Wir brauchen finanzielle Hilfe.
    Seit 10 Jahren bauen wir so an den „Büchertürmen“ (über 1 Mio gelesene Bücher“ und jetzt auch an den „Vorlesetürmen“ (um das soziale Umfeld der Kinder fürs Vorlesen zu animieren).
    Es ist so mühsam, Bettelbriefe an Fonds und Stiftungen zu schreiben.
    Eine große Firma (Schwarz/Lidl) sagte mir, alle ihre Fördergelder gehen an die Stiftung Lesen, ich sollte mich dahin wenden .Als ich dort anfragte, sagte man mir, die Stiftung würde nur eigene Projekte finanzieren. Geld für Leseförderung ist anscheinend vorhanden, aber staatliche Fördergelder gehen vorwiegend in große Töpfe!
    Ursel Scheffler, Vorstand Büchertürme e.V./Leseförderung
    http://www.büchertürme.de (Lese- und Vorleseförderung)
    http://www.bücherbrücken.de (Integration, Mehrsprachigkeit)

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