Christian Graef über das Ziel Oetingers, sich als Verlagsgruppe kontinuierlich in allen Bereichen noch nachhaltiger aufzustellen und den Nachhaltigkeitsaward, der dabei auch den Handel mit ins Boot holen will: „Alle Buchhandlungen können sich mit ihren Ideen und Konzepten, mit denen sie ökonomische und soziale Nachhaltigkeit fördern, bewerben“

Christian Graef (c) Joerg Schwalfenberg

Die Verlagsgruppe Oetinger hat das erste Ziel ihrer Nachhaltigkeitsstrategie erreicht und für die gesamte Buchproduktion eine CO2-Kompensation eingeführt. Dabei konnten allein für die Produktion im Jahr 2021 insgesamt 717.492 kg CO2 kompensiert werden. Das entspricht 2.229.827 km mit dem PKW oder der jährlichen CO2-Bindung von 57.440 Buchen. Was genau das alles bedeutet, dazu sprachen wir mit Christian Graef, kaufmännischer Geschäftsführer bei Oetinger:

BuchMarkt: Sie orientieren sich an den 17 Nachhaltigkeitszielender UN. Was bedeutet das konkret?

 Christian Graef: Wir haben uns die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN angesehen und definiert in welchen Bereichen wir einen relevanten Beitrag leisten können oder bereits aktiv sind.

Wir wissen, dass wir nicht sofort zu 100% nachhaltig sein werden und auch nicht alle 17 Ziele verfolgen oder erreichen können, sondern, dass wir uns innerhalb eines Prozesses bewegen, der darauf hinauslaufen muss, unser Geschäftsmodell, unser tägliches Handeln innerhalb und mit den Partnern der VGO als auch unsere Produkte neu zu denken und innerhalb einer Kreislaufwirtschaft zu produzieren. Wir sind weiterhin ein fester Bestandteil der deutschen Verlagsbranche und tragen durch die Schaffung von Ausbildungsplätzen und der konsequenten beruflichen und persönlichen Fort- und Weiterbildung unserer Kolleginnen und Kollegen zur Zukunftsfähigkeit der Branche bei.

Was waren die Schwierigkeiten im letzten Jahr?

Um ehrlich zu sein sind wir weder intern noch extern auf Hindernisse gestoßen. Das Thema der Nachhaltigkeit ist für unsere Kolleg*innen und Partner ein wichtiges Thema.

Die ersten Schritte waren für uns naheliegend und einfach umzusetzen. Erst die weiterführende Auseinandersetzung mit dem Thema führte uns zu den großen Fragen:  „Wo bin ich Teil des Problems und wo kann ich Teil der Lösung sein?“ Im Detail gibt es viele grundsätzliche Fragestellungen, zu denen man zu Beginn eine faktenbasierte Haltung entwickeln muss. Es gibt Dinge, da denkt man, man hat die Lösung gefunden und dann ist es doch nur ein anderes Problem.

Grundsätzlich ist ein Buch ein nachhaltiges Produkt (in vielerlei Hinsicht) und dann müssen wir uns ernsthaft hinterfragen, ob diese Welt die hundertste Feen-Geschichte benötigt, die dann auch noch in Asien produziert wird.

Die größte Herausforderung war sicherlich das Thema Zeit. Und dies hat ein kleines Team rund um Frauke Weller, Leitung Produktion, wunderbar gemeistert.

Was hat gut funktioniert?

In 2021 haben wir begonnen das für die Produktion unserer Bücher emittierte CO2 zu kompensieren. Und können auch dank der Initiativen der Druckereien, mit denen wir arbeiten, in 2022 unsere Buchproduktion nahezu vollständig kompensieren. Unsere Kunden können bei der Auswahl der zu unterstützenden Projekte mitbestimmen und so konnten wir in 2021 sechs ausgewählte Projekte unterstützen. Die Zusammenarbeit mit unseren Partnern ist perfekt.

Besser als kompensieren ist verringern und vermeiden von C02. Wo verringern und vermeiden Sie, jenseits der Produktion?

Verlage arbeiteten intern in der Vergangenheit traditionell sehr papierlastig. Seit 2019 digitalisieren wir sukzessive unsere Prozesse und konnten unseren internen Papierverbrauch um 90% senken. In den letzten Jahren haben wir auf einen digitalen Workflow für Vertragserstellung und Verwaltung umgestellt, haben unsere Buchhaltung nahezu vollständig digitalisiert inkl. der dazugehörigen Rechnungsfreigaben.

Die Pandemie war ein enormer Beschleuniger für unsere Digitalisierung an die sich nun die digitale Transformation anschließt.

Wir haben die aus unserer Sicht naheliegenden Aufgaben in allen Bereichen aufgenommen und sind diese angegangen. Nun können wir mit der Ermittlung unseres Fußabdrucks beginnen.

Welche konkreten Schritte wollen Sie als nächstes gehen?

In 2023 wollen wir die Vorbereitungen zur Einführung eines Nachhaltigkeitsberichts abgeschlossen haben. Wir wollen messen können, wie hoch unser Fußabdruck ist, um so unsere Wirksamkeit in der Zukunft noch zielgerichteter gestalten zu können. Ziel unserer Maßnahmen sind einerseits die Verringerung unseres Fußabdruckes und andererseits die Vergrößerung unseres Handabdrucks.

Befördern oder behindern die aktuell weiter steigenden Papierkosten Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen?

Die seit Monaten anhaltenden steigenden Produktionskosten und die Rohstoffknappheit sind eine enorme Herausforderung für die Verlagsgruppe. Sie bremsen jedoch nicht unsere Nachhaltigkeitsbemühungen: Nachhaltigkeit ist für uns nicht verhandelbar und unsere Anstrengungen und Maßnahmen werden unverändert fortgesetzt.

Nicht nur im Produktbereich geht es weiter. Zum Herbst 2022 werden wir einen zweiten Ausbildungsplatz in der Verlagsgruppe schaffen. Auch Bildung gehört zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN. Und wir verfolgen viele weitere Maßnahmen, die auf das Gesamtkonzept der Nachhaltigkeit einzahlen.

Wie holen Sie den Handel mit ins Boot?

Wie gesagt, wir haben von unseren Partnern nur positives Feedback auf all unsere Nachhaltigkeitsbemühungen erhalten, auch aus dem Buchhandel. Um den Handel noch stärker zu beteiligen, haben wir den Nachhaltigkeitsaward ins Leben gerufen. Alle Buchhandlungen können sich mit ihren Ideen und Konzepten, mit denen sie ökonomische und soziale Nachhaltigkeit fördern und das Klima aktiv schonen, bewerben. Schon kleine Schritte können einen wichtigen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Vom Verzicht auf unnötige Verpackungen bis zur umweltschonenden Beleuchtung, von Leseförderprogrammen bis hin zur Schaffung von neuen Ausbildungsplätzen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um die eigene Buchhandlung und die Kundenbeziehung nachhaltiger zu gestalten. Wir freuen uns auf die Einsendung aller Ideen, Lösungen und Maßnahmen für mehr Klimaschutz und nachhaltiges »Handeln«! Einsendeschluss ist der 31. März 2022.

Alle Infos dazu unter https://www.oetinger.de/angebot-und-aktionen

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