Doris Schuck geht nach 28 Jahren in den Ruhestand Amelie Fried: „Goodbye Doris oder über die Vorteile eines Angelscheins“

Doris Schuck, Veranstaltungsreferentin bei Heyne (Penguin Random House) hat heute Geburtstag und verabschiedet sich in dieser Woche nach 28 Jahren in den Ruhestand. Amelie Fried, Heyne-Bestsellerautorin („Traumfrau mit Ersatzteilen“) und eine ihrer  langjährigen Autor*innen, schreibt zum Abschied über ihre sehr persönliche Beziehung:

Doris Schuck feiert heute ihren Geburtstag – und geht dann morgen nach 28 Jahen in den Ruhestand

Es ist nicht fair. Über 25 Jahre war Doris Schuck meine ganz persönliche Lesereisenplanerin beim Heyne Verlag. Sie hat dafür gesorgt, dass meine Reiseziele in einem sinnvollen geographischen Zusammenhang stehen, und ich im richtigen Oldenburg, Fürth oder Pfaffenhofen lande (man ahnt gar nicht, wie viele Ortsnamen es zweimal gibt). Sie hat mir das Gefühl gegeben, die Buchhändler:innen könnten es kaum erwarten, dass ich zu ihnen komme. Die Buchhändler:innen hat sie glauben lassen, mein Besuch sei das Beste, was ihnen passieren könnte. Als meine Kinder noch klein waren, und ich nicht unnötig lange von zuhause fort sein wollte, hat sie streng ausgewählt, welche Bewerber in den Genuss einer Lesung mit mir kommen würden, und welche aufs nächste Buch warten mussten.

Doris weiß, dass es nach Lesungen in der Provinz meist nichts mehr zu essen gibt, ich aber sehr unleidig werde, wenn ich hungrig bin. Und so vermute ich, dass der eine oder andere Brötchenteller, der im Hinterzimmer von Buchhandlungen auf mich wartete, ihrem dezenten Hinweis zu verdanken war. Sie kennt die Ambivalenzen meiner Persönlichkeit, und so hat sie das Kunststück vollbracht, Hotels ausfindig zu machen, die ideal für eine morgendliche Joggingrunde liegen – und gleichzeitig so zentral, dass man das Joggen problemlos durch Shoppen ersetzen kann. Bei all dem war sie ein Ausbund an Geduld und Verständnis, hatte immer Zeit für mich, gab mir das Gefühl, ich sei überhaupt nicht anstrengend und es mache ihr wirklich Freude, all das für mich zu tun. 

Und nun? Musste ich zu meinem Entsetzen erfahren, dass Doris Schuck in den Ruhestand geht – obwohl sie viel jünger ist als ich! Das ist nicht fair.

Bei der Recherche nach den Ursachen für diesen skandalösen Vorgang bin ich auf meinen Gegenspieler gestoßen: Sein Name ist Konrad. Ich bin ziemlich sicher, dass dieser Mann der Grund dafür ist, dass Doris Heyne – und damit mich – verlässt. So ganz kann ich das nicht verstehen, denn das einzige, das dieser Konrad mir voraushat, ist ein Angelschein. Und jeder weiß doch, dass Angeln die langweiligste Beschäftigung der Welt ist.

Vor rund 20 Jahren hat er Doris in einem Museum entdeckt und seine Angel nach ihr ausgeworfen. Ganz langsam hat er sie immer näher zu sich herangezogen, hat sie mit gemeinsamen Wanderungen gefügig gemacht, war schlau genug, sich nie ihrer Leidenschaft für den Beruf in den Weg zu stellen, und nun hat er zum ultimativen Schlag ausgeholt: 

Er hat ein Kajak für sich und Doris gekauft! Ein Boot, das man einfach aufs Auto schnallt, und mit dem man auf nahezu jedem stehenden oder fließenden Gewässer herumpaddeln kann. 

Das war der Moment, in dem Doris nicht mehr widerstehen konnte. Da hatte Konrad endgültig gewonnen, gegen mich, gegen Heyne, gegen die leidenschaftliche Liebe zu ihrem Beruf. Und das will etwas heißen.

Dabei war gar nicht abzusehen gewesen, dass Doris einmal in der Verlagsbranche landen würde. Sie stammt aus einer Gastwirtsfamilie in der Pfalz, wo an den Wochenenden große Familienfeiern mit Pfälzer Hochzeitssuppe, hausgemachten Würsten und Braten ausgerichtet wurden. Dazu gab’s natürlich Wein. Diese Sozialisation führte nicht nur dazu, dass aus Doris eine gesellige Person wurde, die schon früh im elterlichen Betrieb mithalf, sondern später auch eine vorzügliche Köchin und Weinkennerin. Alljährlich wurde ihr vom Verlag aufgetragen, den Wein für die Weihnachtsfeier auszuwählen – eine Aufgabe, die sie im Rahmen feuchtfröhlicher Weinproben mit Kolleg:innen gewissenhaft erfüllte.

Aber sie hat eben auch eine andere Seite: Ein großes Interesse für Literatur, dem sie während ihres Studiums der Anglistik und Amerikanistik (im Nebenfach Germanistik und Skandinavistik) und bei ihrer Buchhändlerlehre in Heidelberg nachging. Und ein Interesse für Kulturelles allgemein, das sie 2003 in jenes namenlose Museum führte, in dem sie unseligerweise auf meinen Gegenspieler traf.

Lieber Konrad, ich kenne dich nicht, aber möchte dich trotzdem persönlich ansprechen: Du hast verdammt viel Glück, dass du Doris ab jetzt ganz für dich hast! Du kannst mit ihr reden, lachen und reisen, sie wird für dich kochen und ihre unvergleichlichen Weihnachtsplätzchen backen. Wenn das Wetter mitmacht, werdet ihr euer Kajak schultern und auf lauschigen Seen und reißenden Flüssen paddeln. Ich gönne es euch von Herzen. Aber einen Rat möchte ich dir geben: Lass Doris mit dem Angeln in Ruhe! Sonst könnte es sein, dass sie ihre Entscheidung bereut…

Amelie Fried

Liebe Doris, 

auch ich finde es unfair, dass du Deinen Geburtstag heute zum Anlass genommen hast, Dich schon so früh in den Ruhestand zu verabschieden (was mir zum Bespiel immer noch nicht so recht gelungen ist). Wann haben wir den jetzt noch eine Chance, um uns endlich mal wieder zu sehn? Wirklich keine Messe mehr? Weiß ich denn, wo Du künftig deine Angel auswirfst? Und weißt Du eigentlich, dass ich es seit acht Jahren noch nicht mal schaffe, etwas Schwedisch zu lernen? Mann, wie hat mich das damals beeindruckt, als Du Dich auf dem Boot vor Kroatien plötzlich ganz selbstverständlich mit Gunnar auf Schwedisch unterhalten hast … lass Dir wenigsten von mir auch ganz herzlich zu Deinem Geburtstag gratulieren.

Dein Christian,

der zwar einen See zur Verfügung hat, aber noch nicht mal weiß, wie man die dort vorhandene Angel bedient. Man kann halt nicht alles haben, aber wir haben beide tolle Erinnerungen. Irgendwann muss es gelingen, darüber mal in Ruhe zu erzählen.

Kommentare (2)
  1. Liebe Doris,
    ich vergesse immer ob meiner eigenen Falten, das andere auch älter werden. Aber du? Wir haben doch erst gestern „Gefillte Fisch“ nebeneinander gegessen und Nikolas Sparks nach Pforzheim und dich und alle anderen Damen zum Einkaufen. Du hast mich ein Stück meines Lebens begleitet, danke dafür, herzlichen Glückwunsch und sollte zum Angeln kommen, immer genügend Köder!
    Herzlichst dein Wolfgang Henn

  2. Liebe Doris,
    du wirst mir wirklich fehlen! Unsere Zusammenarbeit war so unkompliziert, so fix, persönlich und ausgesprochen erfolgreich. Ohne dich würde mich im Buchhandel wohl kein Mensch kennen.
    Alles alles Gute für deine Zukunft wünsche ich dir!
    Carla Berling

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