Er war "Der Leuchtturmdozent auf dem Campus" Bernt-Ture von zur Mühlen – ein Nachruf

Bernt-Ture von zur Mühle, der „Leuchtturmdozent auf dem Campus“, ist am 16.08.2021 im Alter von 82 Jahren in Frankfurt am Main gestorben. Herbert Bielschowsky erinnert an (s)einen legendären Lehrer:

Dozentenrunde vom Campus 1980 (v.l.): Dr. Joachim Scharioth, Bernt-Ture von zur Mühlen (Mitte). Heinz Otto (rechts).

 

Bernt-Ture von zur Mühlen (1939 Danzig geboren) gehörte zu einem legendären Dozenten-Quartett in Seckbach, das die Literatur auf dem Campus vertrat. Für die deutsche Literatur Bernt-Ture von zur Mühlen, Dr. Alf Fink und Dr. Rainer Dorner für die englische Literatur Dr. Wolfgang Günther. Man kann sagen, es waren Widergänger von Dr. Rudolf Sturm (Direktor in Seckbach 1966-1977), dem Entdecker dieser  hochbegabten Dozenten für den Campus. 

Er war ein Glücksfall für viele 1000 Auszubildende in Buchhandel und Verlag:  

Er war Volkskundler mit Magisterexamen,  ausgebildeter Schauspieler mit Engagement in Düsseldorf unter Stroux, Studienrat für Deutsch, Geschichte und Geographie an einem Gymnasium in Oberursel. Dozent auf dem Campus von 1974-2014.

Deutsche Literatur: 40 Jahre von „Mühlen“ oder „VzM“ wie er genannt wurde, auf dem Campus mit unnachahmlicher Begeisterung, Sachkunde, autorennah und buchhandelsorientiert unterrichtet. Ein begnadeter Pädagoge. Dabei verlor er nie die Doppelgesichtigkeit aus den Augen. Die Lesefreude an Texten  und die kaufmännische Seite des Berufes. Die Buchhändlerinnen und Buchhändler lagen ihm zu Füssen. 

Alfred Andersch Erzählung „Vater eines Mörders“- die Beschreibung einer Schulstunde, gehörte zu den bevorzugten Texten von zur Mühlens im Unterricht. Eine von Andersch selbst erlebte Schulstunde mit dem überraschenden  Besuch von Heinrich Himmlers Vater als Direktor in der Klasse. Hier verband der Geschichts- und Deutschlehrer und genaue Beobachter von Schulstunden, eine Auseinandersetzung und Interpretation nationalsozialistischer Strukturen. 

Aber er war auch Autor und Journalist. Schrieb über das Antiquariat. Themen: bibliophile Bücher, Verleger, Ausstellungen,  Sammler und Sammlungen. Sammelte selber Deutsche Literatur seit 1945 in Erstausgaben mit Autographen. War Autor von Biographien über Gustav Freytag, Hoffmann von Fallersleben und den unglücklichen Buchhändler Johann Philipp Palm „Napoleons Justizmord“. War Mitautor an einer Deutschen Literaturgeschichte für Buchhändler. 

Bernt-Ture von zur Mühlens Erzähltalent war herausragend. Im Unterricht und bei Buchvorstellungen. Er hat mir einmal verraten, daß er in einem früheren Leben gerne Geschichtenerzähler geworden wäre. Am Dorfbrunnen unter einer Linde. Der Frederick unter den Menschen. 

Wir tauschten uns regelmäßig aus. Über seine Buchprojekte. Über seine Leseerfahrungen. Er war ein Thomas Mann Kenner; des Autors und seiner Familie. Hielt den Lübecker für einen politischen Dilettanten, was ich nicht teilte. Aber ihn beeindruckten dessen schauspielerische Talente und seine Vorlesebegabung. 

Bernt-Ture von zur Mühlen strahlte heitere Gelassenheit aus. Die und er werden mir fehlen. Und vielen anderen auch.

Der Leuchtturmdozent aus Seckbach hat sich verabschiedet.

Herbert Bielschowsky

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