Florian Knöppler über sein neues Buch "Habichtland" (Pendragon) „Es geht um die Frage, wie man ein gutes Leben führen kann, wenn die Voraussetzungen mies sind“

Florian Knöppler: „Spannend finde ich die Fortsetzung, weil man den Figuren nahekommt und intensiv an den zum Teil dramatischen Ereignissen teilnimmt. Mir jedenfalls ging das so, als ich das Manuskript mit einigem Abstand noch mal las. Leser von Kronsnest haben mir ähnliches berichtet. Manche ihrer Reaktionen waren richtig berührend“ (c) privat

Nach dem Erfolg von Kronsnest, begleiten wir in Florian Knöpplers Folgeband Habichtland (Pendragon) den Bauersjungen Hannes im nächsten Lebensabschnitt: seinem Familienleben um 1940, das geprägt ist von Misstrauen und Zweifeln. Denn während fast alle Dorfbewohner Anhänger der Nationalsozialisten geworden sind, versuchen Hannes und seine Frau Lisa immer noch, ihren Hof als Insel des Glücks zu bewahren und den Kindern ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Bis es schließlich nicht mehr so weiter geht … Anlass für Fragen an den Autor:

BuchMarkt: Herr Knöppler, muss man den Vorgänger Kronsnest gelesen haben, um Ihr neues Buch Habichtland zu verstehen?

Florian Knöppler: Nein, überhaupt nicht. Man erfährt in Habichtland alles, was zum Verstehen wichtig ist. Das Buch ist zwar eine Art Fortsetzung, mit denselben Figuren, aber es setzt zwölf Jahre später ein und hat seine ganz eigenen Themen. Trotzdem würde ich den Lesern natürlich gerne beide Bücher in die Hände drücken.

Worum geht es in beiden Büchern und vor allem: was macht die Fortsetzung so spannend?

Es geht um die Frage, wie man ein gutes Leben führen kann, wenn die Voraussetzungen mies sind. In Kronsnest wird die Geschichte eines sensiblen und fantasievollen Bauernjungen Ende der 1920er Jahre erzählt. Hannes hat schlechte Voraussetzungen für Glück, aber sucht mit aller Kraft danach. Er wehrt sich gegen Demütigungen und Gewalt und findet einen Platz in der Welt, der zu ihm passt. Bei Habichtland sind die Schwierigkeiten andere. Es ist 1941, Hannes ist Familienvater, führt eine ziemlich glückliche Ehe und versucht – wieder mit großem Aufwand – diesen Freiraum nach außen hin zu verteidigen, gegen Hetze und Dreck einer nationalsozialistischen Gesellschaft. Aber seine Frau kann bald nicht mehr stillhalten, bei all dem Unrecht um sie herum. Hannes droht sie zu verlieren, weil sie auch ihn immer stärker ablehnt.

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Spannend finde ich die Fortsetzung, weil man den Figuren nahekommt und intensiv an den zum Teil dramatischen Ereignissen teilnimmt. Mir jedenfalls ging das so, als ich das Manuskript mit einigem Abstand noch mal las. Leser von Kronsnest haben mir ähnliches berichtet. Manche ihrer Reaktionen waren richtig berührend.

Wussten Sie von Anfang an, dass es eine Fortsetzung geben wird und wenn ja: war es schwierig diese zu schreiben?

Als Kronsnest fertig wurde, war ich mir sicher, dass es keine Fortsetzung gibt. Für mich war die Geschichte abgeschlossen, auch wenn Hannes am Ende noch jung ist. Zu einem zweiten Band ist es auch nur gekommen, weil ich dann plötzlich ein neues Thema im Kopf hatte: Möglichkeiten von Glück und Moral in einer Diktatur. Es ging mir nicht in erster Linie darum zu erzählen, wie es mit Hannes weitergeht, wie sein Leben verläuft.

War es schwierig? Nein, das Schreiben an Habichtland ist mir insgesamt leichter gefallen. Deshalb waren es auch keine sechs Jahre wie bei Kronsnest, sondern nur zweieinhalb. Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass ich den Ton, in dem ich erzählen möchte, schon gefunden hatte. Mittlerweile arbeite ich mit großer Begeisterung an einem dritten Buch, das aber nichts mit Hannes zu tun hat. Nach acht oder neun Jahren mit den gleichen Figuren wollte ich mal komplettes Neuland. Vielleicht komme ich danach zu Hannes zurück und mache eine Trilogie aus dem Ganzen.

Der Leitgedanke/die Leitfrage ist: Wie kann man leben und lieben, wenn die Welt im Irrsinn versinkt ? Na, wie denn? Und beantwortet das Buch die Frage?

Natürlich gibt es keine allgemeingültige Antwort, das wäre ja schlimm. Aber ich habe versucht, mir klarzumachen, welche Möglichkeiten man in einer feindseligen und irrsinnigen Welt hat. Grundsätzlich gibt es ja für Andersdenkende meistens zwei Alternativen. Entweder ich ziehe mich ins Private zurück oder ich unternehme etwas gegen das grassierende Unrecht. Auch die Aktion kann trotz aller Gefahr zu einem Gefühl von Sinn führen und damit das Leben zu etwas Gutem machen. Seit vielen Jahren überlege ich: „Was hätte ich damals gemacht?“ Zwischendurch habe ich mir diese Frage verboten, weil sie mir müßig und sinnlos vorkam, aber jetzt bin ich vom Gegenteil überzeugt. Wer sich in die Menschen von damals genau hineinfühlt, versteht besser, was passiert ist. Und er bekommt außerdem ein Gefühl dafür, wie widersprüchlich Menschen waren und auch heute noch sind. Dass man am Ende trotzdem nicht weiß, was man getan hätte, ist unwichtig.

An wen richtet sich das neue Buch?

Ich vermute, dass die Leser sehr unterschiedlich sein werden. Das war schon bei Kronsnest so. Da waren bekennende Vielleser, die Spaß an Sprache und an Figuren ohne Klischees haben, da waren aber auch Menschen, denen es am wichtigsten ist, in eine fremde Welt einzutauchen und sich von einer Geschichte mitreißen zu lassen.

Und der Buchhändler, mit welchem Argument kann der das Buch im Laden ideal verkaufen?

Sagen wir es so: Ich hoffe, möglichst viele Buchhändler heben hervor, dass Habichtland gefühlvoll ist, ohne in Kitsch abzugleiten, spannend in seiner Handlung und vielschichtig bei den Figuren. Dann würde ich sagen: „Klasse, das hört sich gut an!“

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