Bodo von Hodenberg über seine Neugründung Favoritenpresse „Das Ende der Bücher halten wir nicht auf, indem wir immer neue Bedrohungen ausmachen“

Zu Beginn des Jahres hat Bodo von Hodenberg seine Neugründung  Favoritenpresse vorgestellt. Einer seiner Favoriten darin ist darin „Das Ende der Bücher“ –  kein Abgesang, sondern eine Liebeserklärung an das Buch. Das war Anlass für unser heutiges Sonntagsgespräch: 

Bodo von Hodenberg war bis 2019 zuständig für Einkauf und Marketing beim Versender Frölich & Kaufmann. Seit 2020 hat er eine Verlagsagentur, berät Verlage in Marketing und Vertriebsfragen und handelt mit Restauflagen

 

Als Experte für Restauflagen kennen Sie den Markt besser als viele andere, trotzdem hatten Sie den Mut, mit einer eigenen „Favoritenpresse“ zu starten?

Bodo von Hodenberg: Ob ich es wahlweise mutig, verrückt oder visionär finde, entscheidet die Tagesform. In den letzten 25 Jahren habe ich ja das Handeln mit Büchern aus den unterschiedlichsten Perspektiven betrachten können, als Buchhändler, Vertriebler, aus Marketing- und Einkaufsperspektive. Und in dem, was ich jetzt mit der Favoritenpresse mache, ist alles vereint.

Das ist es ja gerade, was ich mutig finde, ich kenne nicht viele, die so so oft Verlegerträume haben platzen sehen. Früher als Einkäufer von Frölich & Kaufmann landeten die alle auf Ihrem Tisch. 

Naja, geplatzte Verlegerträume klingt ja so negativ. Ein gutes Buch bleibt ja ein gutes Buch. Das ist es ja, was ich am Handeln mit Resten auch so interessant finde: Wenn der Inhalt und die Qualität stimmt, ist ein neuer Preis im Endeffekt ja nur ein Marketinginstrument. Mit neuem Preis erreicht man oft ein neues Käuferklientel. Ein Buch ist ja nicht geringer zu schätzen, nur weil es jetzt einen anderen Preis hat. Im Gegenteil: Was für Märkte sich auftun für Bücher, die schon abgeschrieben sind und auf diesem Wege doch noch den Weg zum Kunden und zum Leser finden, das ist doch grandios. 

Sie sagen, „mit dem was ich jetzt mit der Favoritenpresse mache, ist alles vereint“.

Ja,  denn ein paar andere Standbeine gibts ja auch noch: Ich kaufe gute Lizenzen (die mit anderem Preis dann eben diese neuen Leser finden) und arbeite mit einigen Verlagen an neuen Produkten und Strategien. Dadurch, dass mein Fokus und meine Leidenschaft immer beim Handel lag und der Bedarf unübersehbar ist, bin ich insgesamt ziemlich optimistisch.

Der Bedarf ist da, aber die Zeiten jetzt zeigen ja, wie schwer es ist, Bücher sichtbar zu machen.

Da macht mir mein Autor Uzanne in Das Ende der Bücher Mut. Er sagt, „der Mensch, dieses ewig große Kind, wird auf Bilder nicht verzichten und Abbildungen jener Dinge sehen wollen, die er sich vorstellt und von denen man ihm erzählt.“ Ich glaube, dass wir mit unserem Konzept, historische Buchinhalte neu und modern zu verpacken, eine Nische gefunden haben. Das Nadelöhr ist ja eher der Handel.

Dem versprechen Sie Themen, die aus Büchern entspringen …

… und die dort hineingehören. Und glücklicherweise verfüge ich, resultierend aus meinen bisherigen Tätigkeiten, über ein Netzwerk, das uns hilft, die Bücher sichtbar zu machen. Dafür müssen wir bestimmte Preise realisieren – das ist manchmal hart, vor allem wenn man so hohe Qualitätsstandards hat wie wir. Aber, da sie fragen, natürlich fällt mir vorläufig eine Einschätzung nicht leicht, ob wir richtig liegen. gerade jetzt ohne Museumsshops und mit geschlossenen Buchhandlungen. Wir warten wie unsere Kolleginnen und Kollegen im Buchhandel solidarisch ab und freuen uns für alle, wenns wieder losgeht.

Sichtlich haben Sie Das Ende der Bücher programmatisch für Ihr Startprogramm ausgewählt.

„Das Buch ist viel mehr als früher in Bedrängnis zwischen den vielen Medienangeboten. In Uzannes Text werden die aber gerade nicht als Bedrohung wahrgenommen, sondern sehr amüsant und mit viel Phantasie in eine Zukunft integriert“ (Durch Klick auf die Abbildung mehr zu den Büchern der Favoritenpresse)

Dieser 125 Jahre alte Text von einem ausgewiesenen Bibliophilen und von diesem als „Scherzrede“ bezeichnet, besticht durch seine Leichtigkeit. Und dass Uzanne eine Welt voller Hörbuchautomaten und Taschen-Phonographen entwirft ist einerseits wunderbar weitsichtig (auch ich bin inzwischen podcastabhänging). Andererseits aber feiert er das Buch als „forever-young Medium“, das alle Krisen übersteht. Es fasziniert mich, dass seine Zukunftsvision vom „Ende der Bücher“ keinesfalls als Klage oder Abgesang rüberkommt.

Bei jedem neuen Medium gab es solche Stimmen, die das Buch als Medium bedroht sahen. 

Das gilt heute tatsächlich noch viel mehr, das Buch ist viel mehr als früher in Bedrängnis zwischen den vielen Medienangeboten. In Uzannes Text werden die aber gerade nicht als Bedrohung wahrgenommen, sondern sehr amüsant und mit viel Phantasie in eine Zukunft integriert. Manchmal habe ich das Gefühl, dass immer neue Feinde ausgemacht werden, damit man sich den Rückgang des Buchmarkts erklären kann. 

Aber es macht doch wohl Sinn, über das Ende des Buches nachzudenken?

Natürlich, und ich will ja das Problem nicht Kleinreden, und natürlich ist die Vielfalt in Gefahr, wenn die Kunden immer weniger werden und die Konzentration im Handel zunimmt. Das ist bedrohlich – und natürlich kaufe ich auch nicht bei amazon. Aber machmal macht es ja auch Sinn, vom hohen Ross herunterzusteigen, den Markt zu analysieren und sich dem aktuellen Stand der Medientechnik anzupassen.

Was meinen Sie damit?

Es gibt Themen, die brauchen das Papier, die brauchen die Haptik. Es ist doch toll, wie viele Verleger, Buchgestalter und Kunden an das Buch glauben. Das Ende der Bücher halten wir nicht auf, indem wir immer neue Bedrohungen ausmachen. Wenn, dann doch eher durch die Besinnung darauf, für welche Themen wir eigentlich ein Buch brauchen und für welche Themen eben nicht..

Ist Das Ende der Bücher auch ein Prototyp dafür, wie Sie sich Ihre Favoriten vorstellen, ?

Die Favoritenpresse möchte in der Tat Favoriten verlegen. Unsere Reihe mit historischen Reprints nimmt alte Buch-Inhalte und gibt ihnen ein neues Gewand. Die oftmals mehrbändigen reich illustrierten Werke ersticken oft Textwüsten, die heute keiner mehr lesen würde. Oder umgekehrt: Die historischen Illustrationen zu den Texten sind heute nicht mehr zeitgemäß. Wir erfinden nichts neu, sondern geben alten Buch-Inhalten ein neues Gesicht, in gewisser Weise verpacken wir sie nur neu. So kann sich das „alte Medium Buch“ immer wieder transformieren. Das interessiert mich. Wir arbeiten aber auch gerade an einem großen Bildband und einer Biografie über Walter Trier. Auch so ein Favorit und eine Ikone der Bücherwelt, dessen Illustrationen digital einen Großteil ihres Reizes verlieren. Oder nehmen Sie unser „Vogel-Album“. Ein handgeschriebenes Unikat von einem Großvater an seine Enkelin. Ein wunderbarer Inhalt. 

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

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