Christoph Merker über sein neues Buch „Ein Mann, ein Werk – Kleine Philosophie des Selbermachens“ „Das Glück liegt in unseren Händen“

Christoph Merker (c) Rita Niehues

Als Schreiner, Künstler, leidenschaftlicher Gärtner und Autor ist Christoph Merker ein echtes Multitalent. In seinem neuen Buch bei Ludwig geht er dem Glück des Selbermachens auf den Grund – vom Brotbacken bis zum Vergolden – und trifft damit offenbar einen Nerv. Anlass für Fragen:

BuchMarkt: Herr Merker, Ihr neues Buch heißt: „Ein Mann, ein Werk“. Richten Sie sich damit besonders an Männer? Und warum?

Christoph Merker: Meine kleine Philosophie des Selbermachens richtet sich natürlich an alle Menschen. Der Titel war eine Verlagsentscheidung, damit er prägnant und griffig ist. Doch vom Inhalt her gebe ich viele Beispiele aus meinem handwerklichen Leben, und da arbeite ich neben dem Holz viel mit Stoff und Papier. Also gar nicht so typisch männlich markanten Werkstoffen. Auch sprachlich habe ich das Buch so gestaltet, dass alle Hand-Werkerinnen und Hand-Werker angesprochen werden.

Sie sprechen von einer „kleinen Philosophie des Selbermachens“. Kann man die in wenigen Sätzen umreißen?

Mit unseren Händen zu werken, egal mit welchem Werkstoff, sei es in der Werkstatt, in der Küche oder im Garten, macht uns zum Menschen. Alles in uns, vom Gehirn bis hin zum Daumen ist dafür geschaffen, dass unsere Hand tätig wird. Und die Natur hat es wunderbarerweise so eingerichtet, dass genau das uns glücklich macht. Das Glück liegt in unseren Händen!

Warum ist es aus Ihrer Sicht heutzutage so wichtig, dass wir mehr handwerkliche Arbeiten erledigen?

Einfach, weil es zu unserem Menschsein gehört. Und weil in unserer arbeitsteiligen, digitalen Welt unsere Hände viel zu wenig machen. Wir können so viel mehr, als nur über Touchscreens zu wischen und eine Maus zu bedienen. Hand-Werk brauchen wir als sinnstiftende Ergänzung in unserem Alltag. Beim Werken erleben wir, wie buchstäblich etwas unter unseren Händen entsteht und das gibt uns ein gutes Gefühl. Hand-Werk ist die einfachste Möglichkeit, ein glückliches und sinnvolles Leben zu führen. Wir müssen nur mit unseren Händen zugreifen! Immer mehr Menschen leiden ja auch darunter, dass ihre Arbeit nur noch ein hochabstrakter Beitrag zu einem riesigen Prozess ist, an dessen Ende dann oft auch nur etwas sehr Abstraktes steht. Das Handwerk lässt uns deshalb auch ganz einfach wieder zurückfinden zu unserem Urbedürfnis nach Selbstwirksamkeit. Etwas Echtes zu schaffen, ist schlicht ungemein befriedigend.

Ich galt in meiner Kindheit immer als handwerklich unbegabt, ein Ruf, der mir in der Familie heute noch anhängt, obwohl ich unzählige Lampen angeschraubt, Regale gebaut und tausend andere Dinge getan habe. Gibt es das: handwerkliche Minderbegabung? Oder anders gefragt: Kann jeder Handwerk?

Sie können an Ihren Schuhen eine Schleife binden? Wunderbar. Komplizierter wird es nicht beim Hand-Werk! Niemand hat zwei linke Hände. Hand-Werk kann jede und jeder. Man muss ja nicht gleich zum professionellen Handwerkenden werden. Darum richtet sich das Buch auch ausgesprochen an alle Selbermacher und nicht an die beruflichen Handwerkenden.

In Ihrem Buch erzählen Sie auch vom „Ort, wo die Magie geschieht“. Ein schönes Bild. Mögen Sie es uns erklären?

Überall da, wo ich mit meinen Händen arbeite, öffnet sich dieser magische Ort. Und ich brauche glücklicherweise keine große, gut ausgestattete Werkstatt, um zu werken. Eine Ecke vom Küchentisch reicht genauso gut aus. Sobald wir beim Werken in den Fluss kommen, erleben wir die Magie des Hand-Werks. Das ist ja gerade das Tolle daran. Mit ein wenig Kreativität lässt sich vieles bewerkstelligen. Ich habe in meiner Garage eine kleine Hobelbank stehen, weil ich keinen anderen Platz dafür habe. Doch um zu werken reicht es allemal (wenn es auch im Winter schon sehr kalt ist).

Besonders neugierig gemacht hat mich die Überschrift „Frust, Verzweiflung, Misserfolg – her damit!“ …

Ich muss zugeben, nicht immer gelingt uns etwas. Manchmal geht es schief und das ist sehr frustrierend. Manchmal will es einfach nicht klappen, ich denke da an so manche Reißverschlüsse, die ich erfolglos einzunähen versucht habe. Oder das Ergebnis war nicht so befriedigend, wie erhofft. Das sind jene Momente, wo wir viel lernen. Für das Hand-Werk und für unser Leben. Denn wenn wir lernen, im Kleinen mit diesen Gefühlen umzugehen, dann fällt es uns im Großen leichter, sie genauso auszuhalten. Mit unseren Händen zu arbeiten ist eine Lebensschule.

Hätten Sie einen Tipp für moderne Großstädter, womit man am besten anfangen sollte?

Eine Schere, Papier und eventuell Kleber hat jeder und jede zuhause. Mehr braucht es nicht, um ein ganzes Leben lang werken zu können. Papier ist ein fantastisches Material voller Möglichkeiten. Und jetzt, wo Weihnachten vor der Tür steht, fällt es auch ganz leicht, sich etwas Konkretes vorzunehmen. Im Übrigen gebe ich viele Anregungen und Anstöße in meinem Buch.

 

 

 

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