Mixtvision-Verleger Sebastian Zembol über seine Erfahrungen mit einem Pop-up-Store „Die Leistung, die BuchhändlerInnen jeden Tag vollbringen, ist nicht hoch genug einzuschätzen“

Seit dem 26. November betreibt der Münchner Mixtvision Verlag einen Pop-up-Store in Schwabing. In den zukünftigen neuen Räumen des Kinderkunsthauses bietet man vier Wochen lang die Verlagsprodukte (Bücher, Filme, Spiele) an, betreut von den Verlagsmitarbeitern. Darüber hinaus gibt es einige Veranstaltungen zu erleben. Anlass, um nach zwei Wochen den Mixtvision-Verleger und Kinderkunsthaus-Geschäftsführer Sebastian Zembol nach seinen Erfahrungen zu befragen.

Sebastian Zembol

BuchMarkt: Wie ist die Idee entstanden, in der Weihnachtszeit einen Pop-up-Store zu installieren?

Sebastian Zembol: Wir haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt, um den bereits begehbaren Empfangsbereich des neuen Kinderkunsthauses für eine Mixtvision-Präsentation zu nutzen. Alles ist noch improvisiert, und das Kinderkunsthaus wird erst am 20. Januar 2018 in den neuen Räumen eröffnet.

Warum zieht das Kinderkunsthaus um?

Nach knapp sieben wunderbaren Jahren in der Siegesstraße mussten wir dort ausziehen, da dort unwiederbringlich unser Mietvertrag endet. Was uns nicht gerade ungelegen kam, weil wir doch zunehmend mehr Platz brauchten. Umso glücklicher sind wir, dass wir in Schwabing bleiben können. Hier ist ja auch der Verlag gleich um die Ecke angesiedelt. Und das war auch eine der Überlegungen, einen Showroom zu machen: Wir wollen uns den Münchnerinnen und Münchnern vorstellen – mit dem gesamten Programm, das Mixtvision in den zehn Jahren seit der Gründung auf die Beine gestellt hat.

Und der benachbarte Buchhandel?

Keineswegs werden wir in Konkurrenz zum benachbarten Buchhandel treten. Im Gegenteil: Es geht uns darum, zu zeigen, wer wir sind und was wir machen – in der Hoffnung, dass wir einen bleibenden Eindruck hinterlassen und die Menschen dann auch in Zukunft einen Blick auf unser Programm haben, bzw. im Idealfall gespannt sind, was wir weiterhin machen. Wir denken, dass es gerade als Kleinverlag wichtig ist, „aus der Deckung zu kommen“, die Flucht nach vorne anzutreten und auf uns aufmerksam zu machen. Die Möglichkeit, dies mit relativ einfachen Mitteln zu tun, konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen.

Wieviel Arbeit haben Sie in die Ausstattung gesteckt?

Wir haben versucht, den Aufwand möglichst gering zu halten: ein paar Tische mit langen Tischdecken darüber. Ein paar Hocker für die Veranstaltungen  – wir haben ja ein kleines Begleitprogramm für die drei Wochen drumrum gestrickt, in dem sich alle drei Abteilungen von Mixtvision (Verlag, Film und Digitales) mit Lesungen, Vorträgen, Werkstattgesprächen vorstellen. Für den Verkauf muss eine Handkasse ausreichen und ein kleines Kassenbuch. Wir haben auch kein externes Personal, sondern jede/r Mixtvisionmitarbeiter/in übernimmt eine oder zwei Schichten. Trotzdem ist eine, wie ich finde, sehr freundliche, einladende Atmosphäre entstanden.

Eingang zum Mixtvision-Pop-up-Store

Wie haben Sie auf den Laden aufmerksam gemacht?

Zum einen setzen wir auf die Bewohner des Viertels, die täglich die Straße entlanggehen und denen die Schaufenster mit der Beklebung ins Auge stechen. Dann haben wir natürlich Flyer verteilt, eine Social Media Kampagne gemacht und die regionale Presse angesprochen, die auch ein bisschen darüber berichtet hat.

Zwei von vier Wochen sind um. Ihre Zwischenbilanz?

Das Projekt wird gut angenommen. Nach den ersten schleppenden Tagen trauen sich immer mehr Menschen herein, die einfach schauen wollen und neugierig sind, was hier los ist. Schön ist, dass wirklich viele Gespräche stattfinden. Die Leute bleiben, stellen Fragen, lassen sich etwas zeigen, geben ihre Eindrücke wieder, kommentieren unsere Buchcover etc. Genau diesen Austausch haben wir uns erhofft. Dass wir Bücher wie warme Semmeln verkaufen, wäre schlicht übertrieben. Wir erleben, dass es Überzeugungsarbeit ist. Diese Leistung, die die BuchhändlerInnen jeden Tag vollbringen, ist nicht hoch genug einzuschätzen: vom Tresen aufzuspringen, auf den Kunden zuzugehen, ohne aufdringlich zu sein und herauszuhören, was gerade gesucht wird. Aber wenn dann der Begeisterungsfunke überspringt, dann wird das Buch auch gekauft, und das ist eine große Befriedigung für beide Seiten. Bücherverkaufen empfinden wir nach dieser Erfahrung mehr denn je als einen Kommunikations- und Empathieakt.

Kristallisiert sich schon ein Bestseller aus Ihrem Programm heraus?

Nach wie vor werden unsere Bilderbücher sehr positiv aufgenommen. An einem Titel wie Wo die Geschichten wohnen bleibt der Blick einfach haften. Aber auch die Kosmo&Klax-Reihe kommt sehr gut an bei all den Eltern, die gerade mit dem Vorlesen bei ihren kleinen Kindern beginnen. Dafür sind diese Geschichten einfach perfekt geeignet. Und unser Longseller Die Wörterfabrik bezaubert in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch immer wieder. Und was ich besonders schön finde: Erwachsene kaufen Bilderbücher für sich, um sich etwas zu gönnen, weil sie das Buch in ihrem Regal aufgeschlagen hinstellen möchten. Oder sie verschenken es.

Welchen Stellenwert haben Kinderbücher insgesamt im Münchner Kulturleben?

Wir sind natürlich unglaublich privilegiert in einer Stadt wie München: Hier gibt es eine Internationale Jugendbibliothek mit einem White Ravens Festival, eine Stadtbibliothek, die nicht nur in ihrer Zentralbibliothek am Gasteig, sondern auch in den anderen Stadtteilen unglaublich gut besuchte Veranstaltungen auf die Beine stellt. Und natürlich engagierte Buchhandlungen wie Lehmkuhl, den Buchpalast oder Moths, um nur einige wenige zu nennen. Und nicht zuletzt: eine Bücherschau und besonders eine Bücherschau Junior, deren Kinderprogramme umgehend ausgebucht sind. Oder eben ein Kinderkunsthaus wo immer wieder außergewöhnliche Lesungen verbunden mit Kreativaktionen stattfinden.

Das stimmt hoffnungsvoll …

Der Zulauf zeigt, dass die Nachfrage da ist, dass die Familien lesen und das Buch sehr wohl ein Herzstück im familiären Miteinander ist. Hier müssen wir dranbleiben, die Angebote ausbauen, aus kindlichen LeserInnen müssen jugendliche LeserInnen werden. Hier ist noch Luft nach oben, und an der Stelle brauchen wir die anderen etablieren Kulturinstitutionen im Boot, die ihre Tore öffnen, wie das z.B. die Theater mit ihren Jugendclubs schon ganz toll machen.

Die Fragen stellte Susanna Wengeler

Adresse und Öffnungszeiten des Mixtvision-Pop-up-Stores:

  • Römerstraße 21 / Ecke Hohenzollernstraße, 80801 München,  www.mixtvision.de/showroom
  • Geöffnet bis Freitag, 22.12.2017 immer Mo, Di, Do, Fr: 15 bis 18 Uhr, Samstag: 11-16 Uhr, Mittwochs geschlossen

In der vergangenen Woche sprachen wir mit Arne Jysch über Graphic Novels.

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