Das Sonntagsgespräch Elmar Faber und Otto Werner Förster über Gegenwart und Zukunft des Verlags Faber & Faber und die neue Verlagsbuchhandlung

Otto Werner Förster, Elmar Faber

Nachdem Michael Faber im Mai aus dem Verlag Faber & Faber ausgeschieden ist, um das Amt des Kulturbürgermeisters zu übernehmen [mehr…], fungiert seit Mitte Juli Otto Werner Förster (im Foto l.) neuer Geschäftsführer des Leipziger Verlags [mehr…]. Katharina Bendixen hat mit ihm und mit Elmar Faber im (Foto r.), dem Inhaber des Verlags, über die neue Zusammenarbeit und zukünftige Projekte des Verlags gesprochen.

buchmarkt.de: Die Nachrichten über den Verlag überschlagen sich ja förmlich: Erst der neue Geschäftsführer, und jetzt die Gründung einer Verlagsbuchhandlung… [mehr…]

Elmar Faber: Das war eine Idee, die in der Luft lag. Oder genauer: am Standort Mozartstr. 8 hier in Leipzig. Wir haben hier im Verlag Antiquariatstage verstaltet, in der Etage unter uns arbeitet ein Literatursalon mit angeschlossenem Antiquariat für signierte Bücher – da lag es nahe, den Verlag fürs Lesepublikum zu öffnen.

buchmarkt.de: Was gibt es denn bei Ihnen in der Buchhandlung?

Elmar Faber: Bücher eigener Produktion. Wir haben dafür einen Raum zur Verfügung gestellt. Also keine Buchandlung mit 5000 vorrätigen Titeln und Beschaffungsservice. Nehmen Sie es als Initiative, in diesen Krisenzeiten einen Schritt aufs Publikum zuzugehen.

Die neue Verlagsbuchhandlung

buchmarkt.de: Herr Förster, was hat Sie an der Mitarbeit im Faber & Faber Verlag gereizt?

Otto Werner Förster: Der Verlag hat eine andere Dimension als der Verlag, den ich vorher geführt habe, und vor allem verlegt er ein Programm, das mir sehr gut gefällt. Es ist eine Herausforderung für mich, denn Faber & Faber ist eine der wenigen Inseln in der Verlagslandschaft, auf denen die schönen, die guten Bücher noch gepflegt werden, und zwar seit fast zwanzig Jahren.

buchmarkt.de: Herr Faber, was hat Sie dazu bewogen, Herrn Förster als neuen Geschäftsführer für Ihren Verlag zu gewinnen?

Elmar Faber: Als promovierter Germanist ist Herr Förster ein alter Kollege von mir. Außerdem ist er in Verlagsgeschäften erfahren: In seinem Verlag hat er selbst Bücher verlegt und ist als Herausgeber aktiv gewesen. Zudem kannte ich ihn schon durch seine Mitarbeit in unserer Agentur Amundsen. Dort hat er eine glänzende Arbeit geleistet, sodass wir sagen konnten: Wenn wir Herrn Förster ins Haus holen, kann gar nichts schief gehen.

buchmarkt.de: Herr Förster, was wird nun aus Ihrem Verlag, dem Taurus Verlag? Liegt der vorerst auf Eis?

Förster: Der liegt natürlich auf Eis. Nebenbei kann ich den Verlag keinesfalls weiterführen. Und die Verlagsproduktion war sehr überschaubar, das waren nur zwei Bücher pro Jahr.

buchmarkt.de: Wie haben Sie die Aufgaben im Verlag untereinander aufgeteilt?

Faber: Wir streben die Teilung an, die ich auch mit Michael praktiziert habe: Ich bin im Wesentlichen für die Literatur und das illustrierte Buch verantwortlich und kümmere mich um das Marketing, während Herr Förster das Sachbuch und Teile der Kunst begleitet und den herstellerischen Bereich verantwortet. Zunächst einmal sind wir jedoch ganz praktisch eingestiegen, denn das Tagesgeschäft muss ja erledigt werden. Die Arbeitsteilung wird sich im Laufe der Zeit ergeben.

buchmarkt.de: Wenn ein neuer Geschäftsführer in einen Verlag kommt, gibt es oft neue Buchreihen, neue Projekte, neue Ideen. Herr Förster, welche Ideen tragen Sie in den Verlag?

Förster: Sicher werde ich meine Erfahrung als Literaturhistoriker in den Verlag bringen, aber zuerst werde ich mich in das Programm hineindenken, das ja sehr vielseitig und interessant ist. Das Verlagsprogramm für das kommende Jahr ist ohnehin schon weitgehend geplant.

Faber: Im nächsten Jahr haben wir 20-jähriges Jubiläum, und das Jubiläumsprogramm steht bereits fest. Herr Förster kann diese programmatische Denkpause nutzen, um sich in seine neue Aufgabe einzufinden. Er hat mehr Zeit als gewöhnlich, um darüber nachzudenken, was er auf seinem neuen Posten realisieren will. Und das muss er auch, denn ich will in Zukunft kürzer treten.

buchmarkt.de: Sie werden sich aus der Verlagsarbeit zurückziehen?

Faber: In der nächsten Zeit wird auf jeden Fall ein Stühlerücken stattfinden, nicht nur weil Michael zumindest zeitweise aus der Verlagsarbeit ausgeschieden ist. Die Gesamtstruktur des Hauses wird sich verändern. Meine Frau und ich sind immer noch aktiv, aber der Verlag muss nun sukzessive so geordnet werden, dass er auch ohne uns funktioniert.

buchmarkt.de: Egon Ammann schließt seinen Verlag unter anderem deshalb, weil er keinen geeigneten Nachfolger gefunden hat und befürchtet, der Verlag könnte ohne ihn sein Profil verlieren. Haben Sie keine Sorgen, dass der Verlag ohne Sie ein anderer wird?

Faber: Das werden die laufenden zwei Jahre zeigen. Sorgen hat man immer, wenn man von etwas loslassen will.

buchmarkt.de: Wie wird das Jubiläumsprogramm aussehen?

Faber: Wir werden in unseren Reihen – die Graphischen Bücher, in den illustrierten Ausgaben – neue Titel veröffentlichen, die hochkarätig sind. Außerdem werden wir ein vollständig illustriertes Lexikon der Erstlingswerke deutscher Autoren des 20. Jahrhunderts veröffentlichen. Eine illustrierte Ausgabe des Wallenstein soll erscheinen, und eine von Dulac illustrierte Ausgabe Arabische Märchen.

buchmarkt.de: Haben Sie für die Zukunft auch neue belletristische Titel geplant?

Faber: Es kommt ein neuer Roman von Fritz Rudolf Fries, außerdem ist ein Faust-Roman von Uwe Saeger geplant. Auch Richard Pietraß, der nach vier Büchern ein Hausautor von uns geworden ist, schreibt an einem neuen Gedichtband.

buchmarkt.de: Vor kurzem haben Sie Uwe Tellkamps ersten Roman „Der Hecht, die Träume und das Portugiesische Café“ neu aufgelegt – gegen den Willen des Autors. Besitzt ein Verleger das Recht, über den Kopf eines Autors hinweg zu entscheiden?

Faber: Die Distanzierung vom Erstlingswerk ist ein ganz landläufiges Phänomen. Häufig sind Autoren nicht gut auf ihr Erstlingswerk zu sprechen, weil es ihnen nicht mehr gefällt oder weil es nicht mehr zu ihrer Poetologie passt. Oft ist jedoch das Werk klüger als der Autor, und Autoren werden im Laufe ihres Lebens wieder versöhnlicher gegenüber ihrem Erstlingswerk. Mittlerweile ist auch eine ganze Reihe von Rezensionen erschienen: solche, die den Roman kritisch beurteilen, aber auch solche, die es mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass der Text wieder vorliegt und damit die gesamte Genese des Dichters zur Verfügung steht.

buchmarkt.de: Man könnte Ihren Verlag per definitionem der Gruppe der Jungen Independent-Verlage hinzurechnen, aber Sie treten in diesem Verbund nie auf. Warum ist das so?

Faber: In geschäftlichen Dingen gilt ein anderes Prinzip als in gesellschaftlicher Hinsicht: Allein ist man stark. Hätte ich eine andere Philosophie, dann hätte ich 1990 nie den Aufbau Taschenbuch Verlag gegründet. Die Taschenbuchrechte sollten damals gleich von mehreren Häusern geschluckt werden, aber ich habe dafür gesorgt, dass diese Rechte nicht vom Verlag getrennt wurden. Ohne diese Gründung wäre der Aufbau Verlag nicht auf die Beine gekommen. Das nur zur Illustrierung meiner These: Allein ist man stark.

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