Das Sonntagsgespräch Frankfurt liest ein Buch: Kaiserhofstraße 12 von Valentin Senger

Jetzt ist auch Frankfurt mit von der Partie bei der Aktion „Eine Stadt liest ein Buch“. BuchMarkt im Gespräch mit dem Initiator Klaus Schöffling:

Herr Schöffling, wie sind Sie auf das Buch Kaiserhofstraße 12 gekommen?

Klaus Schöffling an der
Kaiserhofstraße

Das Buch kenne ich seit dem ersten Erscheinen 1978 bei Luchterhand. Es war ein großer Erfolg damals, auch international – schon vor über dreißig Jahren sprachen die Bürger der Stadt Frankfurt über das Buch, lernten daraus die unglaubliche Geschichte einer jüdischen Familie kennen, die mitten in der Stadt Frankfurt die Jahre von 1933 bis 1945 überlebte.

Sie hatten die Idee, mit Valentin Sengers Buch die Aktion „Frankfurt liest ein Buch“ auf die Beine zu stellen. Diese Aktion gibt es 2010 erstmals in Frankfurt. Warum so spät? Viele Städte hatten sich der in Chicago 2001 ins Leben gerufenen Aktion bereits 2002 angeschlossen, Frankfurt nicht. Können Sie dafür Gründe nennen?

Die Verantwortung für das literarische Leben in Frankfurt am Main liegt nicht in meinen Händen, das müssen andere beantworten. Für uns war der Auslöser unsere gebundene Neuausgabe der Kaiserhofstraße 12 von Valentin Senger, zu der uns Irmgard Senger die Rechte übertragen hat, zu der Peter Härtling ein Nachwort geschrieben hat, das der Eichborn Verlag mit Walter Renneisen erstmals als Hörbuch vorstellt und über die nun eine ganze Stadt neue literarische Erfahrungen macht.

Die Idee wurde bereits im Juni 2009 geboren. Wen haben Sie zuerst mit ins Boot geholt, welche Partner sind mit dabei und wie verbreitete sich das Projekt, das ja inzwischen größere Ausmaße angenommen hat? Haben Sie sich mit anderen Städten, die solche Projekte bereits seit Jahren durchführen, ausgetauscht?

Zuerst haben wir uns im Verlag besprochen; mag es meine Idee gewesen sein, so kommt das größte Verdienst denen zu, die „Frankfurt liest ein Buch“ letztlich realisierten: Carolin Dabrowski, Simon Kurzenberger, Benno von Lange, Jessica Zeltner und Miriam Zuchtriegel von Schöffling & Co. und als Organisationsdirektor Lothar Ruske. Wir haben mehrere Einladungsrunden gehabt, wo wir das Projekt vorstellten und zur Mitwirkung an „Frankfurt liest ein Buch“ einluden – die Reaktionen waren von Anfang an überwältigend, das Ergebnis sind über 200 einzelne Veranstaltungen innerhalb von drei Wochen – so etwas hat es in Deutschland noch nicht gegeben! Zahlreiche bedeutende Künstler lesen aus Valentin Sengers Buch: Iris Berben, Eva Demski, Alissa Walser, Peter Härtling, Jan Seghers, Susanne Fröhlich, Matthias Göritz, Anne Chaplet, Jamal Tuschick, Carmen Renate Köper u.v.a.

Ein Verein zum Projekt wird gegründet. Warum?

„Frankfurt liest ein Buch“ soll eine jährlich sich wiederholende Veranstaltungsreihe werden, da bedarf es einer organisatorischen Basis, die ein Verlag allein nicht bereitstellen kann. Zwei große Frankfurter Verlage haben Interesse an „FLEB 2011“ gezeigt, wobei natürlich auch Verlage aus anderen Städten eingeladen sind – es zählt die Idee, nicht die Postleitzahl.

Was erwarten Sie von „Frankfurt liest ein Buch“?

Wir wollen aus privater Initiative in unserer Stadt ein wirklich großes Lesefestival, fokussiert auf ein Buch, durchführen, keine Reihung einzelner Lesungen, sondern ein Ereignis, das den Autor und Erzähler Valentin Senger und sein Buch Kaiserhofstraße 12 wieder ins Bewußsein dieser Stadt holt, neu vorstellt und bewertet, und natürlich einer neuen Generation von Lesern vermittelt, wie in dieser Stadt mit jüdischen Bürgern in der Zeit des deutschen Faschismus umgegangen wurde.

Mit Klaus Schöffling sprach Jeannette Faure.

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