Kaffeehaussitzers Netzrückblick Fundstücke aus den Literaturblogs – April 2017

Kalkowski
Der Kaffeehaussitzer in seiner natürlichen Umgebung Foto: © Vera Prinz

„Ein Kessel Buntes“ – so könnte man die Lese-Ausbeute aus den Literaturblogs im April beschreiben. Sehr Unterschiedliches kam da zusammen, aber wie immer ist diese Auswahl nur ein bruchstückhafter Ausschnitt aus der vielfältigen und eben bunten Welt der Buchblogger.

Beginnen wir mit einem ernsten Thema. Im Blog Bücher verschlingen wird gefragt, warum das Buch „Paper Princess“ von Erin Watt in so vielen Buchblogs positiv besprochen wird – geht es darin doch um nichts anderes als um Missbrauch, sexuelle Gewalt und ein mehr als problematisches Frauenbild. Und auch auf Kejas Blogbuch gibt es einen ausführlichen Text zum Thema Gewaltverherrlichung in – gerade bei der jungen Zielgruppe – erfolgreichen Büchern, illustriert mit zahlreichen Leseproben. Zwei sehr lesens- und nachdenkenswerte Blogbeiträge.

Mit Kritik geht es weiter: Auf trallafittibooks lesen wir, was an Blogs nerven kann. Ein wunderbarer Klartext-Beitrag, den ich voll und ganz unterschreibe. Denn im Zweifel ist weniger mehr. Und bei so manchen Buchbesprechungen in Literaturblogs würde man sich wünschen, dass es den wunderbarten Beitrag „How to: Rezension“ der Bücherkrähe schon früher gegeben hätte.

Langsam wird es ernst: Im April wurde beim Blogbuster-Preis die Shortlist bekannt gegeben! Sie besteht aus den Werken der Autoren Chrizzi Heinen, eingereicht vom Blog ZeilensprüngeTorsten Seifert, eingereicht vom Blog 54books und Kai Wieland, eingereicht vom Blog Lust zu lesen. Am 4. Mai 2017 wird im Literaturhaus Hamburg der Gewinner verkündet – und der Siegertitel erscheint im Herbst bei Klett-Cotta/Tropen. Die gelungene und erfolgreiche Konzeption des Blogbuster-Preises ist ein weiteres Indiz, dass Literaturblogs inzwischen im Literaturbetrieb angekommen sind.

Ein anderer Preis wird gerade zum zweiten Mal ausgelobt: Der Blog Das Debüt ruft erneut zu Einreichungen für das beste deutschsprachige Debüt auf, nachdem der letztjährige Wettbewerb ein voller Erfolg gewesen war. Eine spannende Sache, über die sicherlich noch ausführlicher zu berichten sein wird.

„In English, please!“Mareike Fallwickl schreibt auf Bücherwurmloch über ihre Leidenschaft für englischsprachige Literatur im Original – und wie sie dadurch überhaupt erst ihre Begeisterung für anspruchsvolle Texte entdeckt hat. Ein persönlicher Text, sehr lesenswert.

Im Blog Crimealley gibt es eine Hommage an Literatur aus Schottland im Allgemeinen und an den Großmeister Ian Rankin im Besonderen. Und im paper and poetry blog werden Mitstreiter für einen John-Irving-Leseclub gesucht.

Schauen wir einmal sprachlich und geographisch in die andere Himmelsrichtung: Ein noch recht junger Blog und für mich eine echte Bereicherung der Buchblog-Landschaft ist Read Ost – Der Blog für osteuropäische Literatur und Kultur. Es ist ein Thema, das ich sehr spannend finde und ich freue mich schon auf viele Entdeckungen. Darauf aufmerksam gemacht wurde ich von Ilja Regier, der sich mit seinem Blog Muromez einen ähnlichen Schwerpunkt gesetzt hat.

Und noch ein Themenwechsel: Sophie Weigand hat in einem Blogbeitrag auf Literaturen zehn Graphic-Novel-Tipps zusammengestellt – ein Genre, das mich zunehmend begeistert. Eine spannende Veranstaltung zu dazu fand im Kölner Literaturhaus statt, als Zeichner Arne Jysch und Autor Volker Kutscher darüber sprachen, wie aus dem ersten Gereon-Rath-Krimi eine Graphic Novel entstanden ist. Ein Bericht dazu gibt es auf Kaffeehaussitzer.

Noch einmal zurück zu Literaturen: Hier gibt es einen wunderbaren Beitrag mit vielen stimmungsvollen Bildern zu der Veranstaltung Die Buchmacher 2017 in Lübeck. Unabhängige Kleinverlage aus der ganzen Republik präsentierten dort ihr Programm.

Auch die Blogger-Welt bleibt nicht von knallharten Fusionen verschont: Im April wurde bekanntgegeben, dass der Blog Kulturgeschwätz fortan nicht mehr als eigene Seite existiert, sondern ein Teil von 54books wird.

Stefan Theven schreibt in Schwarzaufweiss, warum für ihn Bloggen eine Art Selbstschutz darstellt. Schöner Text und absolut nachvollziehbar.

Rund um den alljährlichen Welttag des Buches sind mir zwei Beiträge aufgefallen, die hier Erwähnung finden sollen. Wolfgang Tischer fragt sich auf Literaturcafe, warum Bücher eigentlich nicht eine Art Aspann enthalten, ähnlich wie am Ende eines Filmes. Schließlich ist ein Buch die gemeinsame Leistung von vielen Personen, angefangen vom Autor bis hin zum Praktikanten in der Marketingabteilung des Verlags. Vielleicht mag der ein oder andere dieses Ansinnen für ein wenig übertrieben halten, aber bis vor kurzem war es nicht einmal selbstverständlich, Übersetzer im Innentitel zu nennen. Ein nachdenkenswerter Text, dessen Umsetzung ich mir wünschen würde.

Und Janine Rumrich hat in ihrem Blog Kapri-ziös zehn Bücher über Bücher zusammengestellt, die gerade erschienen sind oder demnächst erscheinen werden. Sehr schöne Tipps, vorbeischauen lohnt sich.

Zum Schluss noch eine Herzensangelegenheit. In meinem Blog Kaffeehaussitzer habe ich über das Kochbuch „Suppen für Syrien“ aus dem DuMont Verlag berichtet, das noch viel mehr ist: Ein Hilfsprojekt für Kinder und Jugendliche in dem verwüsteten Land mit seinen kriegsversehrten Menschen. Es ist eine großartige Kampagne, die für den deutschen Buchmarkt in Zusammenarbeit mit Rafik Schami entstanden ist und der ich viele, viele Unterstützer wünsche.

Abschließend beibt mir nur noch, viel Spaß beim Stöbern in der LitBlogosphäre zu wünschen, die so viel überraschende Entdeckungen bereithält.

 

Uwe Kalkowski ist seit vielen Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler in großen und winzigen Buchhandlungen, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Marketingmensch in verschiedenen Fachverlagen; seit 2009 ist er Marketingleiter des RWS Verlags in Köln. Als Kaffeehaussitzer bloggt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse. In der Kolumne Kaffeehaussitzers Netzrückblick gibt er hier auf buchmarkt.de regelmäßig eine Übersicht über lesenswerte Fundstücke aus den Literaturblogs. „Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben“, wie er sagt.

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