"Über Jahrzehnte hat er die Kinder- und Jugendliteratur nachhaltig geprägt und aktiv gestaltet" Hans-Joachim Gelberg

Hans-Joachim Gelberg (Foto: Stefan Gelberg)

Gestern ist Hans-Joachim Gelberg im Alter von 89 Jahren in Weinheim verstorben, wie die Verlagsgruppe Beltz heute mitteilt: „Die Verlagsgruppe Beltz trauert um den langjährigen Verlagsleiter und Mitbegründer des Programms Beltz & Gelberg. Über Jahrzehnte hat Hans-Joachim Gelberg die Kinder- und Jugendliteratur nachhaltig geprägt und aktiv gestaltet. In den 1970er Jahren stand er, wie kein anderer, als Pionier für eine neue Kinderliteratur und hat unzählige Autor_innen und Illustrator_innen entdeckt und gefördert. Die Familie Beltz Rübelmann sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verlagsgruppe Beltz sprechen seiner Familie ihre aufrichtige Anteilnahme aus.“

Hans-Joachim Gelberg wurde am 27. August 1930 in Dortmund geboren. Nach seiner Ausbildung zum Sortimentsbuchhändler arbeitete er lange Jahre in diesem Beruf, bevor er in die Verlagswelt einstieg. Nach Lektorenjahren bei Arena in Würzburg und im Georg Bitter Verlag (vormals Paulus Verlag) in Recklinghausen kam er 1971 nach Weinheim zu Beltz. Ermutigt von den seinerzeit tiefgreifenden Veränderungen in der Kinder- und Jugendliteratur entwickelten Verleger Dr. Manfred Beltz Rübelmann und Hans-Joachim Gelberg das Kinder- und Jugendbuchprogramm Beltz & Gelberg – es wurde eine Erfolgsgeschichte. Die von Günther Stiller entworfenen »orangenen« Bücher waren mit ihrer leuchtenden Farbe Aufbruchssignale einer aufmüpfigen, kreativen Kinder- und Jugendliteratur. Hans-Joachim Gelberg wurde zu einem der bedeutendsten Initiatoren einer emanzipierten, inhaltlich und gestalterisch wagemutigen Literatur, die Kinder und Jugendliche ernst nahm und ihr die Freude an Sprache, Worten und Geschichten vermittelte, wie er sie selbst immer verspürte und versprühte.

Als Verlagsleiter hat Hans-Joachim Gelberg viele Autor_innen und Illustrator_innen entdeckt und gefördert, darunter Christine Nöstlinger, Janosch, Peter Härtling, Mirjam Pressler, Klaus Kordon, Josef Guggenmos, Nikolaus Heidelbach, F. K. Waechter, Axel Scheffler oder Rotraut Susanne Berner, um einige zu nennen. Darüber hinaus gab er zahlreiche Jahrbücher der Kinderliteratur heraus, »poetische Laboratorien« nannte die F.A.Z. diese Sammlungen.

Im Jahr 1981 kam die erste Literaturzeitschrift für Kinder dazu: Der bunte Hund stellte Geschichten, Gedichte, Märchen, Reiseberichte lesefreudigen Kindern und Eltern vor – und regte zum Selbstschreiben und Dichten an. Denn für Lyrik setzte sich Hans-Joachim Gelberg stets besonders ein und schrieb über deren Bedeutung: »Von Anfang an spüren Kinder die Magie der Sprache; denn auf für sie rätselhafte Weise stimmen Wort und Ding stets überein. Tisch ist Tisch, Stein ist Stein, Haus ist Haus, Mond ist Mond. ›Eine Rose ist eine Rose.‹ Sprachvertrauen ist der erste Schritt zur Poesie; es ist Poesie.«[1] Die Gedicht-Anthologien, die Hans-Joachim Gelberg zusammengestellte und veröffentlichte, sind nicht nur preisgekrönt, sondern auch bis heute Standardwerke. Für das erste Jahrbuch Geh und spiel mit dem Riesen erhielt er als Herausgeber den Deutschen Jugendliteraturpreis (ehem. Deutscher Jugendbuchpreis).

1997 ging Gelberg in den Ruhestand, war aber weiter als Herausgeber, Autor und Referent tätig. Unter anderem war er Mitglied des P.E.N. und lehrte am Institut für Jugendbuchforschung der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt. 2004 wurde ihm der Friedrich-Boedecker-Preis für seine »außerordentlichen Verdienste um die Förderung der Kinder- und Jugendliteratur« verliehen. Besonderen Gefallen fand er an regelmäßigen Schreib-Werkstätten an Schulen, unter anderem in der Grundschule an seinem Wohnort im Weinheimer Stadtteil Lützelsachsen. Diese Schule wurde im Jahr 2014 auf seinen Namen getauft: die »Hans-Joachim Gelberg Grundschule«.

Kommentare (2)
  1. Gradlinig realisierte Jochen Gelberg seinen Anspruch an zeitgemäße Kinderliteratur und scheute dabei nicht, auch unbequeme Wege zu gehen. Er lebte für seine Vision einer anspruchsvollen, schöngeistigen Kinderliteratur und hat diese nachhaltig geprägt.
    Mit seinem Tod verliert die Buchbranche eine Erneuerer der modernen Kinderliteratur.

  2. 1996 schickte ich Herrn Gelberg einige Gedichte,
    seither begleitete er mein Schreiben, ermunterte mich in Briefen
    oder Mails, nahm von mir Geschriebenes, in seinen Anthologien auf, nun, ist durch seinen Tod, etwas weg gebrochen,
    unwiederbringlich und ich bin einfach nur traurig,

    Karola Heidenreich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert