Michael Göring über sein Buch „Dresden. Roman einer Familie“ „Ich erzähle eine Geschichte von Zusammenhalt und Zerreißproben in den Vorwende-Jahren 1975 bis 1989“

Michael Göring schreibt eine Liebeserklärung an eine Dresdner Familie und erzählt von den entscheidenden Jahren von 1975 bis 1989. Bei Osburg ist gerade sein Roman „Dresden – Roman einer Familie“ erschienen – das war Anlass für unser freitägliches Autorengespräch. Der Autor leitet die ZEITStiftung und unterrichtet im Fach Kultur und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg: 

Michael Göring: „Es ist kein Buch, in dem der Westbesucher den besserwisserischen Zeigefinger hebt, sondern ganz im Gegenteil, ein Roman, in dem der Westbesucher viel von der Dresdner Familie lernt und über sich erfährt“ (c) Roman Pawlowski

Worum geht es in Dresden – Roman einer Familie ?

Michael Göring: Mein Roman startet mit dem Jahr 1989, aber die Geschichte beginnt 1975: Da will ein 20 Jahre alter Student aus Köln mal sehen, wie es denn wirklich in dem anderen Deutschland aussieht und reist nach Dresden, wo er bei der Familie Gersberger unterkommt. Danach zieht es ihn fast jedes Jahr dorthin. Er verliebt sich schüchtern in die Tochter Anne, freundet sich mit Annes Bruder Kai an, und braucht lange, bis er weiß, was „Bückware“ ist, die er genießt und die die Mutter der Familie besorgt hat. Die Leser erleben nun mit Fabian die Geschichte der Familie über 15 Jahre: Kai, der durch die Elbe schwimmend in den Westen will, scheitert und ins Gefängnis muss. Ekki, der Vater der Familie, Ingenieur und Hochschullehrer, der daraufhin nicht mehr zu Tagungen ins westliche Ausland darf, aber dennoch im Gegensatz zu Kai „seine“ DDR für reformfähig hält. Und da sind die aktive Anne, die sich der Umweltbewegung anschließt, und Leo, Annes Sohn, der bei den Jungen Pionieren und im berühmten Chor der Kreuzschule singt. Es ist das alltägliche, und dennoch das besondere Leben in der DDR. Am 1. Oktober 1989 sitzt Kai im dritten Zug, der von Prag durch die DDR nach Hof in Bayern fährt.

Wie entstand die Idee zu dem Roman?

Ich war schon als Student ab Mitte der 1970er Jahre häufig in Ostdeutschland, vor allem in Dresden in befreundeten Familien. So bekam ich mit, was in der DDR in Bewegung geriet. Als ich vor einigen Jahren in meinen alten Tagebüchern und Alben blätterte, kam mir die Idee, einen Roman über diese bewegten Vorwendejahre zu schreiben. Einen Roman aus der Perspektive des Westbesuchers, eines jungen westdeutschen Mannes, der von der Dresdner Familie fasziniert ist, der gern durch die DDR reist und diese „Ostzone“ mag. Es ist kein Buch, in dem der Westbesucher den besserwisserischen Zeigefinger hebt, sondern ganz im Gegenteil, ein Roman, in dem der Westbesucher viel von der Dresdner Familie lernt und über sich erfährt.

Welche Zielgruppe soll mit Dresden – Roman einer Familie  angesprochen werden, und welche Reaktionen erhoffen Sie sich? 

Die Wende ist erst 32 Jahre her, aber vieles aus der unmittelbaren Zeit davor ist vergessen. Manchmal bin ich regelrecht erschüttert, wie wenig die Menschen in Deutschland von der DDR (noch) wissen oder wie ihre Erinnerung von Ostalgie geschönt wird. Mein Roman wendet sich an alle, die eine spannende Familiengeschichte mögen, in der sich die damaligen politischen Verhältnisse widerspiegeln, die Familie aber durch Geborgenheit, Zusammenhalt und Liebe die Zerreißproben weitgehend besteht.

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Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch empfehlen?

Viele kennen heute die attraktive, architektonisch so reizvolle Stadt Dresden. Aber fragen sich die Leute auch, wie es war, in den Jahren vor der Wende in dieser Stadt zu leben? Ist da nicht eine kleine Zeitreise interessant, bei der man mit dem jungen westdeutschen Fabian zu einer echten Dresdner Familie reist und die Spannungen erlebt, wenn eine deutsch-deutsche Liebegeschichte anhebt, wenn die junge Generation von Reisefreiheit träumt, wenn der Sohn der Familie gar einen Fluchtversuch in den Westen unternimmt und scheitert? „Dresden. Roman einer Familie“ sagt auf 300 Seiten und detailreich, aber leicht lesbar geschrieben viel über die Geschichte unseres Landes, und dies in Form einer Liebeserklärung an eine Dresdner Familie vor der Wende.

Sie hätten sicher gern Ihr Buch im Umfeld der Leipziger Messe in Leipzig (und Dresden etc.) vorgestellt …

… natürlich. Für einen neuen Roman, der zur Vorwendezeit in der ehemaligen DDR spielt, ist die Absage besonders schade. Ich bin ein großer Fan der Leipziger Buchmesse, hoffe, dass wenigstens einige Lesungstermine in der Stadt vergeben werden und ich dabei sein kann. Mein Hotelzimmer habe ich noch nicht abgesagt. Ansonsten bin ich zuversichtlich, dass ich ab Sommer in Dresden, in Leipzig und in weiteren Städten Sachsens lesen werde. Wer mich schon früher hören will, kann das ab Mitte April auf einer Audio-Datei bzw. einer CD tun, die HörbuchHamburg in diesem Monat mit mir aufnimmt.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

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