Antonia Brauer (Pseudonym) über ihr Buch "Die Töchter des Geistbeckbauern" „Ich habe versucht, das Leben meiner Großmutter und ihrer zwei Schwestern möglichst realistisch nachzuzeichnen“

Antonia Brauer: „Man macht sich einfach nicht bewusst, wie das Leben früher war, auch, wie das Leben einer Bäuerin damals aussah“ Auf dem Bild: Großmutter Wally (c) privat

Antonia Brauer ist das Pseudonym einer Münchner Autorin. Ihre Familie stammt aus der Hallertau, sie war als Kind oft dort, hat bei der Hopfenernte mitgeholfen, die Männer von der Jagd zurückkommen sehen und die Frauen zum Pilzesammeln begleitet. Viele Erlebnisse in ihrem neuen Buch Die Töchter des Geistbeckbauern. Jahre des Säens (dtv) gehen auf die Großmutter der Autorin zurück, die auch viele finstere Zeiten miterlebt hat und ein entbehrungsreiches Leben führte. Der zweite Band Jahre des Erntens erscheint bereits im Oktober. Anlass für Fragen:

BuchMarkt: Worum geht es in Ihrem Roman Die Töchter des Geistbeckbauern. Ein Heimatroman?

Antonia Brauer: Das ist es auch. Und eine Reise zu meinen eigenen Wurzeln. In meinem Roman erzähle ich vom Leben meiner Großmutter. Die wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in eine Bauernfamilie in der Hallertau geboren. Nach einer harten, aber schönen Kindheit musste sie als Dienstmädchen in die Stadt gehen und hat dort den Mann ihres Lebens getroffen.

Klingt nach Ganghofer …

Das Gegenteil ist der Fall. Leider hat meine Großmutter keine kitschige Liebesgeschichte erlebt, sondern ein sehr entbehrungsreiches Leben geführt. Als Dienstmagd in Stellung zu sein, das war kein Vergnügen, sondern ein Arbeitsleben, wie wir es uns heute gar nicht mehr vorstellen können. Umso dankbarer waren diese Menschen, wenn sie eine freundliche „Herrschaft“ hatten. Dazu kommen die finsteren Zeiten, die das 20. Jahrhundert für die Menschen bereithielt, insbesondere die Weltkriege …

Hatte ihre Großmutter das denn, freundliche „Herrschaften“?

Zum Glück ja. Nicht immer, aber auch. Einmal war’s ein freundlicher Arzt mit italienischen Wurzeln, einmal war es ein sehr vornehmes Ehepaar. In beiden Stellungen war sie sehr glücklich. Allerdings hat der Naziterror ein schreckliches Ende bereitet: Der Dienstherr war jüdischer Herkunft und hat sich das Leben genommen.

Ihr Roman widmet sich also besonders den düsteren Aspekten des Lebens im frühen 20. Jahrhundert?

Nein, so darf man es nicht sehen. Ich habe versucht, das Leben meiner Großmutter und ihrer zwei Schwestern, die übrigens beide auf dem Land geblieben und Bäuerinnen geworden sind, möglichst realistisch nachzuzeichnen. Dabei habe ich selbst viel gelernt. Man macht sich einfach nicht bewusst, wie das Leben früher war, auch, wie das Leben einer Bäuerin damals aussah. Heute sind wir ja gewöhnt, dass wir an vielen Orten leben, dass wir mobil sind, in den Urlaub fahren, auf Konzerte gehen, ins Café, ins Kino und so weiter. Aber damals war es eher die Regel, dass eine Frau vom Land kaum je aus ihrem Dorf wegkam. Sie wurde auf dem Hof geboren und ist auf dem Hof gestorben – dazwischen lag ein arbeitsreiches und ereignisreiches Leben. Aber eben ein ganz anderes als unser Leben heute.

Würden Sie gerne in der Zeit leben, in der Ihre Großmutter gelebt hat?

Nein, sicher nicht. Wir sind glücklich heute! Dass ich ausgerechnet während der Zeit der Pandemie an diesen Romanen geschrieben habe, hat mir sicher auch sehr geholfen, über die Zumutungen hinweg zu kommen, die Corona für uns alle bedeutet hat. Und jetzt der Krieg in der Ukraine und die Angst vor einem kalten, dunklen Winter – es kommt mir vor, als hätte ich alles innerlich schon durchgestanden, weil ich an diesen Büchern arbeiten und mich in diese Frauen hineinfühlen durfte.

Wodurch sind Sie auf die Idee gekommen, diesen Roman zu schreiben?

Das war ganz eigenartig. Ich hatte nie daran gedacht. Aber dann hatte ich ein Gespräch mit meiner Verlegerin (Barbara Laugwitz; d.Red.), die meinte, ob ich nicht Lust hätte, mal etwas Ländliches zu schreiben. Vielleicht eine Geschichte über ein Frauenleben auf dem Bauernhof mit Nature Writing, denn das sei zurzeit sehr gefragt. Und wie sie so erzählt, denke ich mir, wow, eigentlich erzählt sie mir hier gerade die Geschichte meiner Großmutter. Auf einmal war alles da. Die Erzählungen, die Bilder, auch meine eigenen Aufenthalte auf dem Land als Kind, wo ich wirklich noch bei der Ernte mitgeholfen habe.

Nature Writing ist in der Tat ein Phänomen. Woran liegt das?

Das liegt für mich ganz klar daran, dass wir zunehmend merken, wie kostbar die Natur für uns ist und wie sehr wir sie gefährden. Wir suchen eine stärkere Bindung zur Natur. Im ländlichen Leben gibt es die noch. Und ich habe beim Schreiben auch vieles für mich neu oder wieder entdeckt.

Die Familiensage um drei junge Frauen geht weiter: Der Folgeband erscheint im Herbst diesen Jahres

In Ihren Romanen gibt es auch ein paar Rezepte …

Meine Großmutter war sehr stolz darauf, eine ausgezeichnete Köchin zu sein. Das hat sie zuerst von ihrer Mutter und dann vor allem auf der Haushaltsschule gelernt, der „Landfrauenschule“ im Kloster Indersdorf. Dass sogar der Inhaber des Feinkostladens Dallmayr von ihrem Senf geschwärmt hat, ist eine Geschichte, die sie selbst gerne erzählt hat.

Die Großmutter ist also selbst die Hauptquelle gewesen?

Die Hauptquelle für einen Roman ist natürlich immer die Fantasie. Aber viele Begebenheiten, von denen das Buch erzählt, habe ich wirklich noch von ihr gehört, anderes haben Verwandte erzählt, manches habe ich vor Ort in dem kleinen Dorf, aus dem sie kam, erfahren. Die Romane sind tatsächlich sehr nah am echten Leben der Geistbecktöchter orientiert, weil einfach so unglaublich viel Mitreißendes passiert ist in diesen drei Frauenleben. Und ein klein wenig habe ich mir erlaubt dazu zu dichten.

So wie den Jugendfreund Ludwig?

Lassen Sie ein Geheimnis ein Geheimnis bleiben.

Franziska Altepost

 

 

 

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