Brandstätter wird 40 Jahre alt. Wie der Wiener Traditionsverlag dieses Jubiläum begeht, was sich in den vielen Jahren verändert hat und gelieben ist, erzählt uns Verleger Nikolaus Brandstätter: „Unsere Bücher haben einen gesellschaftspolitischen Anspruch und verfolgen das Ziel, die Welt hoffentlich ein bisschen besser zu machen“

Nikolaus Brandstätter: „Unsere Autor*innen sind das Herzstück des Verlags. Persönlich bewundere ich den Mut von Menschen, die Bücher schreiben und damit auf die Bühne treten. Es ist ja zuweilen ein nicht ganz einfacher Prozess vor einem leeren Blatt zu starten. Uns ist es wichtig unsere Autor*innen in diesem Prozess bestmöglich zu begleiten und sie an der Hand zu nehmen, wenn es Probleme gibt“

Der Brandstätter Verlag wird 40 Jahre alt und begeht dieses Jubiläum mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen.  Anlass für uns mit Verleger Nikolas Brandstätter über den Wiener Traditonsverlag und seine Ambitionen, neue Programmschwerpunkte und auch Vergangenes zu sprechen:

BuchMarkt: 40 Jahre Brandstätter: Wie fühlt sich dieses Jubiläum – gerade nach vermutlich anstrengenden und kräftezehrenden Coronajahren – für Sie an?

Nikolaus Brandstätter: In den letzten Jahrezehnten gab es Höhen und Tiefen. Wir haben auch die eine oder andere Krise erfolgreich überstanden. Alles in allem fühlt es sich sehr gut an.

Apropos anstrengend und kräftezehrend: Wie sind Sie denn als Verlag durch diese Zeit gekommen?

Es war eine sehr herausfordernde Zeit, aber Krisen bieten auch immer Chancen. Vor allem im digitalen Bereich sind gut vorangekommen und haben innovative Projekte gestartet. Unter anderem haben wir ein Talkformat entwickelt, das Café Brandstätter. Die Sendung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mutmacher*innen aus den verschiedensten Bereichen zum Gedankenaustausch einzuladen. Gerade in Zeiten des Umbruchs ist es uns als Verlag eine Herzensangelegenheit gemeinsam nach vorne zu blicken und Überlegungen anzustellen, welche Chancen sich für die Zukunft auftun. Im Café Brandstätter waren schon zahlreiche Gäste wie die Schauspielerin Adele Neuauser, der Verleger Manuel Herder oder die Schriftstellerin Doris Knecht geladen. Die jüngste Ausgabe mit dem legendären Entertainer Harald Schmidt hat 130.000 Zuseher*innen erreicht. Das ist ein schöner Erfolg.

1982 von Christian Brandstätter gegründet, haben Sie, Nikolaus, das Familienunternehmen vor mittlerweile 10 Jahren übernommen und leiten nun die Geschicke. Was haben Sie beibehalten und was seitdem anders gemacht?

Wir sind der Wiener Traditionsverlag und mit unseren Wurzeln sehr verbunden. Die von meinen Vater gegründete Kernsparte „Kunst & Leben“ ist die DNA unseres Unternehmens, die wir auch in Zukunft in Ehren halten und mit innovativen Büchern bespielen werden.

Neu ist, dass wir im Jahr 2012 erfolgreich mit unserem Sachbuchprogramm gestartet sind. Zu unseren Autor*innen zählen etwa die Schauspielerin Adele Neuhauser, die Kriegsreporterin Antonia Rados oder der Verhaltensforscher Kurt Kotrschal.

Auch das Kochbuch haben wir in den letzten Jahren stark ausgebaut. Wir konnten Haya Molcho, Paul Ivic und Stefan Paul als Autor*innen gewinnen.

Was war denn die ursprüngliche Idee – mit welchem Ziel ist Ihr Vater damals angetreten?

Mein Vater ist damals sozusagen als Phönix aus der Asche des Molden Verlags angetreten, der 1982 in Konkurs gegangen ist. 1982 hat er beschlossen seinen eigenen Verlag zu gründen und die bis zuletzt erfolgreiche Bildband-Sparte, die er damals bei Molden ins Leben gerufen hat, weiterzuführen.

Klingt ambitioniert …

Das war damals sicher ein Sprung ins kalte Wasser und sehr mutig von ihm. Es war aber auch die Zeit, als Bildbände einen regelrechten Boom erlebt haben. So ist es sicherlich kein Zufall, dass im selben Jahr auch der Taschen Verlag gegründet wurde.

Sie wollen, das sagen Sie heute, nicht nur „Gschtldrucker“ sein, sondern auch „leidenschaftliche Abenteuerreiseveranstalter“ – ist es denn etwas Schlechtes, „Gschtldrucker“ zu sein?

Wir sind aus vollem Herzen „Gschichtldrucker“, ein wunderbarer Wienerischer Begriff, und zwar in dem Sinne, dass wir gerne gute Geschichten erzählen. Wir verstehen uns als Abenteuerreiseveranstalter*innen, weil wir unsere Leser*innen zu spannenden Reisen einladen. Unsere Bücher haben einen gesellschaftspolitischen Anspruch und verfolgen das Ziel, die Welt hoffentlich ein bisschen besser zu machen. Denn gute Geschichten verbinden Menschen.

Haben Sie das Gefühl, eine gewisse Erwartungshaltung der LeserInnen erfüllen zu müssen?

Ja, auch das tun wir sehr gerne. Denn sie sind zu Recht anspruchsvoll. Wir beschäftigen uns intensiv mit den Wünschen, Sehnsüchten aber auch Ängsten unserer Leser*innen, um mit unseren Büchern und Themen für sie relevant und spannend zu sein. Es geht uns um Horizonterweiterung und Aha-Erlebnisse, die wir unseren Leser*innen bieten wollen.

Ihnen liegen auch die Brandstätter-Autorinnen und Autoren am Herzen, wie würden Sie diese Verbindung beschreiben?

Unsere Autor*innen sind das Herzstück des Verlags. Persönlich bewundere ich den Mut von Menschen, die Bücher schreiben und damit auf die Bühne treten. Es ist ja zuweilen ein nicht ganz einfacher Prozess vor einem leeren Blatt zu starten. Uns ist es wichtig unsere Autor*innen in diesem Prozess bestmöglich zu begleiten und sie an der Hand zu nehmen, wenn es Probleme gibt. Wir pflegen gerne langfristige Verbindungen, denn unser Unternehmen ist nicht nur ein Familienunternehmen, sondern wir sehen uns darüber hinaus auch als große Verlagsfamilie.

Welches Buch aus Ihrem breit gestreuten Programm hat Ihnen in letzter Zeit denn besonders viel Freude gemacht?

Es ist natürlich schwierig da nur ein Buch herauszugreifen. Besonders viel Freude macht mir aber Das Leben der Krawatten von Monika Helfer und Michael Köhlmeier. Es ist ein wirklich außergewöhnliches Projekt, das sich aus einer historischen Krawattensammlung heraus entsponnen hat. Die beiden Bestseller-Autor*innen haben sich davon inspirieren lassen und erzählen Geschichten, die genauso elegant und vielfältig sind wie das i-Tüpfelchen der Bekleidung selbst. Als Verlag ist es uns ein Anliegen immer wieder ungewöhnliche und auch überraschende Bücher auf den Markt zu bringen – und das in einer hochwertigen und bibliophilen Ausstattung.

Apropos breit gestreut: Was zeichnet Ihr Potpourri denn insbesondere aus und welche Leserschaft möchten Sie mit Ihren Büchern überhaupt erreichen?

Uns zeichnet aus, dass wir mit jedem Buch einen gesellschaftspolitischen Anspruch verfolgen und das über alle Sparten hinweg. Das Thema Klimawandel zieht sich beispielsweise vom Sachbuch bis zum Bereich Kochbuch. Auch in der Herstellung unserer Bücher sind wir uns der Verantwortung einer nachhaltigen Produktion bewußt. Unsere Leser*innenschaft ist kritisch und anspruchsvoll und möchte die Welt besser verstehen.

Denn zugegeben: Die neue Reihe, die im Herbst startet „Auf den Punkt“ klingt total spannend, doch hätte ich diese gar nicht bei Ihnen im Verlag verortet …

Die Welt ist momentan in einer gewissen Unordnung und scheint ganz schön aus den Fugen geraten zu sein. Man hat den Eindruck, dass unser demokratisches System auf dem Prüfstand steht. Wir glauben, dass der gesellschaftliche Diskurs für Demokratie extrem wichtig ist, vor allem darüber, in welcher Welt wir morgen leben wollen. Daher haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Denkanstöße zu liefern. Den Auftakt der Reihe machen Herfried Münkler mit Die Zukunft der Demokratie, Renée Schroeder mit Der Traum von der Unsterblichkeit und Gerald Knaus mit Wir und die Flüchtlinge.

Ist es Ihnen also auch wichtig, abseits der Mainstream-Pfade zu agieren, Neues zu wagen?

Wir wollen mutig sein und uns auch etwas trauen. Als Verlag sehen wir uns in vielen Bereichen als Innovationstreiber. Es geht darum, Neues auszuprobieren, mutig zu sein, mit neuen Autor*innen Themen aufzubauen. Unsere Autorin Haya Molcho ist dafür ein gutes Beispiel, sie steht sinnbildlich für diese Strategie: eine sehr mutige Frau, die erst spät ihre unternehmerische Karriere begonnen hat. Mit ihrem Kochbüchern zeigt sie die Vielfalt der Welt und, dass Essen Menschen zusammenbringt.

Haben Sie dabei keine Angst, dass das gar nicht gut ankommt?

Angst ist ein schlechter Begleiter. Ich stelle mich gern gemeinsam mit meinem hoch motivierten Verlagsteam allen Herausforderungen.

Wie wird das 40-jährige Jubiläum nun von Ihnen begangen, welche Aktionen und Veranstaltungen sind geplant?

Wir nehmen das 40-Jahr-Jubiläum zum Anlass, um Autor*innen und Mitstreiter*innen ordentlich zu feiern. Von 13. bis 30. Oktober schlagen wir unsere Zelte im legendären Wiener Café Landtmann auf.

Vom 13. bis 30. Oktober 2022 schlägt der Brandstätter Verlag seine Zelte im Wiener Café Landtmann auf und will hier seine ganze Vielfalt, „mit einem kleinen, aber feinen Festival“ präsentieren

Wir machen es in dieser Zeit zum Café Brandstätter und präsentieren unsere ganze Vielfalt mit einem kleinen, aber feinen Festival. Es gibt Lesungen, Dinner und einen Pop-up-Shop, in dem es neben besonderen Büchern auch handverlesene Papeterie, Pflanzen und Möbel zu entdecken gibt. Unter andern werden dort Adele Neuhauser, Harald Schmidt und Haya Molcho auftreten.

Profitiert auch der Handel davon?

Ja, dieses Projekt wird an sehr prominenter Stelle in Wien, aber auch über die sozialen Medien im gesamten deutschen Sprachraum zum Leuchtturm für das Medium Buch. Wir stehen mit vielen anderen Formen der Unterhaltung im Wettbewerb. Da ist jede öffentliche Wirkung extrem wichtig und bringt hoffentlich neue Kunden.

Ihr Wunsch für 2023 (auch an den Handel)?

Ich wünsche mir, dass wieder Frieden auf der Welt einkehrt. Dass wir uns gemeinsam den großen Herausforderungen widmen, mit denen sich die Menschheit konfrontiert sieht. Wir sollten mehr das Gemeinsame statt das Trennende suchen. Mit guten Büchern und gemeinsamen Anstrengungen mit unseren Handelspartnern werden wir unser Bestes geben, unseren Beitrag für eine bessere Welt zu leisten.

Franziska Altepost

 

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