Das Sonntagsgespräch Juliane Seyfarth über gebündelten Vertrieb für kleinere und mittlere Verlage

Juliane Seyfarth

Der Vertrieb beschäftigt die kleinen und mittleren Verlage. Letzte Woche erläuterte der Verleger Mirko Schädel im Sonntagsgespräch auf buchmarkt.de, warum er zukünftig nicht mehr klassisch über Verlagsauslieferung und Barsortiment ausliefert. Juliane Seyfarth von der ARTFOLIO Vertriebskooperation sieht in gebündeltem Vertrieb eine Chance für kleine und mittlere Verlage.

buchmarkt.de: Mirko Schädel hat sich entschlossen, nicht mehr über die klassischen Vertriebswege auszulieferen. Der Vertrieb sei auf Massenware ausgelegt, genau die liefere ein Kleinverlag nicht.

Seyfarth: Natürlich ist die Situation für kleine und mittlere, meist inhabergeführte Verlage nicht leichter geworden. Wobei jeder den Begriff „Massenware“ anders definiert. Die Programme in der ARTFOLIO Vertriebskooperation sind das nicht, und müssen es aus meiner Sicht auch nicht sein, um über den Buchhandel vertrieben zu werden. Die hochwertigen Produkte (Bücher, Kalender, Geschenke) sind das Besondere im Sortiment des Händlers, mit dem er Akzente setzen und sein Profil gegenüber den Kunden schärfen kann. Jeder Verlag muss für sich festlegen, wo seine (Haupt-)Vertriebswege liegen – für uns ist es der Buchhandel.

Hatten die Verlage es denn je leichter?

Die Konzentrationsbewegungen im Handel verstärken sich immer weiter. Dem stationären Handel gehen Umsatzanteile verloren, die in den Onlinebereich abwandern. Vielfach wird versucht, dieses Umsatzminus über den Nonbook/Geschenke-Bereich aufzufangen. Je mehr dieses Segment ausgebaut wird, desto weniger Fläche bleibt am Ende für das Medium Buch. Gerade für kleine und mittlere Verlage wird es damit zunehmend schwerer, in den Läden stattzufinden. Aus diesen Gründen haben sich die Verlage ars vivendi, Becker Joest Volk, Brandstätter, Nomada, PALAZZI, Seemann Henschel, Thiele und Thorbecke zur ARTFOLIO Vertriebskooperation zusammengeschlossen, die Programme im Bereich Essen und Trinken, Garten, Schöner Wohnen, Kunst, Architektur, Reise und Natur bündelt und von mir vertrieblich im Markt betreut wird, sozusagen als freiberufliche Vertriebsleiterin.

Und inwiefern soll eine Vertriebskooperation hier helfen?

Einerseits reduzieren die Händler ihre Lieferantenanzahl. Durch eine Kooperation haben die Buchhandelskollegen nur noch einen Ansprechpartner. Hier geht es um Bedarfsbündelung in einer Themenwelt. Das erleichtert dem Händler die Zusammenarbeit mit den Verlagen und führt dazu, dass wir weiter im Gespräch mit den Handelspartnern bleiben. Andererseits reagieren wir auf eine Entwicklung, die überall zu beobachten ist: das Denken in Themenwelten. Wir stellen die Produkte unserer Verlage thematisch zusammen und können dem Händler damit Konzepte und Anregungen über mehrere Lieferanten anbieten.

Sie vertreten die Verlage aber nur in großen Häusern, bei Filialisten.

Meine Aufgabe ist die verantwortliche Betreuung des filialisierenden Buchhandels, des Online- und Versandbereichs.

Sie bekommen also wirklich Produkte Ihrer Verlage in den großen Häusern unter?

Auf Seiten der großen Handelspartner ist die Sympathie kleinen Lieferanten gegenüber in hohem Maße vorhanden, wie das verschiedene Filialisten mit speziellen Projekten auch kommunizieren. Voraussetzung ist aber, dass die Programme stimmig und ausgewogen sind und Verlage sich so aufstellen, dass die Handelspartner gut mit Ihnen zusammenarbeiten können. Frei nach dem Motto: „Der wahre Egoist kooperiert!“ Denn davon haben alle Seiten etwas.

Das hört man auf Handelsseite auch von den Genossenschaften. Dennoch möchten viele Händler nicht kooperieren, da sie fürchten, ihre Eigenständigkeit zu verlieren.

Auf dieses Argument stoße auch ich in meinen Gesprächen mit den Verlagen immer wieder. Aber es ist doch so: Die Verlage können nicht auf die großen Handelspartner verzichten. Ich nehme den Verlagen nicht ihre Individualität, sondern biete ein Modell der Zukunftssicherung und die Möglichkeit, dort gemeinsam aufzutreten, wo es aus Sicht der Handelspartner sinnvoll ist. Ein gebündelter Vertrieb nimmt ihnen ja nicht ihr eigenes Profil.
Meine Aufgabe sehe ich darin, für die ARTFOLIO Vertriebskooperation die Schienen in Richtung Handel zu legen und zu pflegen, auf denen der Inhalt transportiert werden kann.
Aber die Verlage müssen natürlich bereit sein, unabhängig von Wettbewerbsgedanken in einer Gruppe zusammen zu arbeiten. Eine gemeinsame Betreuung und Pflege der wichtigsten Handelspartner durch ein Vertriebsbüro ist dabei die Grundvoraussetzung.

Aber Sie arbeiten schon bei der Programmplanung mit. Das könnte mancher als Eingriff empfinden.

Ich gebe meine Erfahrungen und Rückmeldungen aus dem Handel als Anregung in die Verlage zurück. Davon haben dann im Idealfall alle etwas. Denn unterm Strich wollen beide Seiten das Gleiche: erfolgreich arbeiten!

Herr Schädel ist der Ansicht, die Konditionen, die ein Verlag großen Handelspartnern gewähren müssen, seien für kleine Verlage nicht tragbar.

Hier stellt sich wieder die Frage, wo der Verlag seine Vertriebswege sieht. Sicher sind Konzepte abseits der großen Handelspartner vorstellbar, das ist alles eine Frage der strategischen Ausrichtung. Für die Verlage der ARTFOLIO Vertriebskooperation ist der Buchhandel der Hauptvertriebsweg und so muss natürlich ein Kompromiss mit den Handelspartnern ausgehandelt werden.
Andererseits bieten sich in einer Kooperation sehr viele Synergiemöglichkeiten, die genutzt werden können, um an anderer Stelle Kosten einzusparen. Das macht die Zusammenarbeit zusätzlich interessant.

Die Zeiten sind auch für die Filialisten nicht überall rosig. Stellen Sie Veränderungen auf dieser Seite fest?

Es ist nur logisch, dass nach einer Zeit des rasanten Wachstums die Konsolidierungsphase folgt und nun einiges auf dem Prüfstand steht.

Warum kommen Sie an die großen Ketten ran, an die die Vertreter nicht rankommen?

Weil es eine thematische Bedarfsbündelung gibt. Zudem findet meine Arbeit auf zwei Ebenen statt, einmal auf der zentralen und – wo es sinnvoll und erwünscht ist – auf der Filialebene.

Ein Vertriebskonzept der Zukunft?

Aus meiner Sicht und den aktuellen Erfahrungen: ja!

Kontakt: http://www.juliane-seyfarth.de/default.asp?Menue=1

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