Gestorben Karl Heinz Bohrer

Der Literaturkritiker und Theoretiker Karl Heinz Bohrer ist im Alter von 88 Jahren in London verstorben, wie der Klett-Cotta Verlag soeben mitteilt.

1932 in Köln geboren, promovierte er an der Universität Heidelberg, schrieb Kulturreportagen und literarische  Essays, bevor er 1962 in der Feuilletonredaktion der Welt anfing. Er wechselte zum Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, deren Literaturressort er von 1968 bis 1973 leitete. 1975 ging Karl Heinz Bohrer dann als Korrespondent für die FAZ nach London.

Von London wechselte Bohrer 1982 als Lehrstuhlinhaber für Neuere Deutsche Literaturgeschichte an die Universität Bielefeld, wo er bis zu seiner Emeritierung 1997 lehrte. 2003 erhielt er einen Ruf als Gastprofessor an die kalifornische Stanford University.

Die größte öffentliche Wirkung erzielte der in Paris und London lebende Weltbürger Bohrer als Herausgeber (1984-2011) und produktiver Autor der Kulturzeitschrift Merkur, der „Deutschen Zeitschrift für europäisches Denken“ (Untertitel) mit Sitz in München bzw. später Berlin, die er ab 1991 zusammen mit Kurt Scheel herausgab.

Dort erschien 1984 Bohrers Satire „Die Ästhetik des Staates“ als Auftakt zu einer Reihe von Glossen über Deutschland bzw. die Bonner Republik während der Kanzlerschaft Herlmut Kohls.

Mit seiner autobiographischen Erzählung Granatsplitter debütierte Bohrer 2012 als Belletrist. Das Buch erzählt von einer deutschen Jugend in den Kriegs- und Nachkriegsjahren bis 1953. 2017 legte er mit dem Titel Jetzt. Geschichte meines Abenteuers mit der Fantasie eine Fortsetzung seines autobiografischen Projekts vor, die von den frühen Sechzigerjahren bis in die Gegenwart reicht.

Bekannt wurde Bohrer als streitbarer Kritiker und Denker seiner Zeit. Unter dem Titel Kein Wille zu Macht kritisierte er zuletzt die Reduktion von Politik auf Sozialhilfe.

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