Das Sonntagsgespräch Klaus Altepost über seine neue Tätigkeit als Agent

Vor einem Jahr gründete der ehemalige Verleger des Gütersloher Verlagshauses Klaus Altepost seine Agentur Altepost.

BuchMarkt hat ihn gefragt, wie es ihm in diesem ersten Jahr ergangen ist.

Klaus Altepost

BuchMarkt: Herr Altepost, wie geht es Ihnen ein Jahr nach Gründung der Agentur Altepost 2015?

Klaus Altepost: Wunderbar, kreativ, frei.

Und vorher waren Sie gefangen?

Nein, aber gebunden. Gebunden an ein Haus, ein bestimmtes Denken, an eine bestimmte Art, Bücher zu machen, an das Hamsterrad der ewigen verzweifelten Suche nach dem Bestseller, der das ganze Jahr rettet.

Wann und warum haben Sie damit aufgehört?

Die Geschichte ist schnell erzählt: Nach sieben Jahren Programm- und sieben Jahren Verlagsleitung beim GVH hatte ich im Frühjahr dieses 7. Jahres ein Gespräch mit meinen damaligen Chefs bei Random House. Die ersten fünf Jahre als Verleger waren fantastisch gelaufen, mit Topsellern wie Lanz, Winterhoff, Lütz, Alt, Domian, Fuchsberger, Jaenicke u.a.; in den letzten zwei Jahren war dagegen der Umsatz zu schwach. Das Gespräch dauerte zehn Minuten, ein neuer Trainer musste her, die Mannschaft sollte neu motiviert werden.

Und, waren Sie sauer?

Eher überrascht, wie freundschaftlich und glatt so etwas über die Bühne geht. Keine Kritik, kein lautes Wort, nur Espresso und freundliches Schulterklopfen. Trotzdem musste ich mich natürlich erst mal mit der neuen Situation befassen und mich neu orientieren. Aber tief innen wusste ich schon am ersten Tag: Das waren die vielleicht wichtigsten zehn Minuten in deiner Karriere; und es war die beste Entscheidung – für alle Seiten. Für mehr Ruhe, Tradition und ein wieder entspanntes Klima im GVH, für mehr Dynamik, Spannung und neue Reizthemen in meinem Leben. In Gütersloh wurde die Stimmung besser, und ich mache halt woanders Bestseller … und dazu noch ein paar neue Sachen, die mir große Freude bereiten.

Nämlich?

Ich berate engagierte Autoren und Künstler; unabhängig davon, wie sehr sie dem Massengeschmack und dem Erfolg nachlaufen. Ich berate ambitionierte Verleger auf neuen Wegen; unabhängig davon, ob sie theologische, politische, Werte- oder Debattenziele verfolgen. Ich vermittle eingeführte Autoren mit ihren Themen an die für sie richtigen Verlage; unabhängig davon, ob diese zu einem Mainstream-Konzern gehören oder noch frei unterwegs sind. Ich darf endlich wieder selbst schreiben und veröffentlichen; unabhängig davon, ob irgendein Chef mir das als „Nebentätigkeit“ genehmigt. Und ich kann schließlich mit kreativen Menschen innovative Medienformen für meinen eigenen kleinen theologischen Verlag und Vertrieb entwickeln; unabhängig davon, ob diese Produkte in ein „Programm“ passen und kalkulatorisch ausgereizt sind.

Gibt es schon Ergebnisse?

Zunächst einmal unendlich viele gute Erfahrungen – des freien Arbeitens, des Dialogs mit engagierten Menschen, der besseren Aufteilung von Muße und Disziplin. Aber natürlich auch schöne Erfolge, wie das kleine Buch von Franz Alt mit dem Appell des Dalai Lama an die Welt. Oder die wunderbare Künstlerbibel von Otmar Alt, deren Texte ich verfassen durfte; sie wird wohl nicht auf Spiegel-Platz eins landen, aber für viele Menschen trotzdem zum Bilder-Erlebnis werden. Schließlich neuartige und ungewöhnliche Produkte wie den aufwendigen Theologie-Kalender 2016 oder auch eine große „Weihnachtskiste“ mit einem spannenden Spiel, Kerzen, Postkarten und Andachten etc. zum Betrachten, Spielen und Verschenken, die den Gemeinden wertvolle Hilfen für die Vorbereitung auf Weihnachten und das Neue Jahr geben wird.

Was bedeutet das alles für das Produkt Buch und für den Handel?

Ich glaube, dieses eigentlich ja in der modernen Medienwelt anachronistisch anmutende Produkt „Buch“ hat nur dann eine Chance zu überleben, wenn wir jedes Buch, jede CD, eigentlich jeden Inhalt mit schöner Verpackung als etwas ganz Eigenes, etwas Einzigartiges ansehen, das jeweils für sich steht und der eigenen inhaltlichen Eigenart entsprechend eine Form, einen Auftritt, eine Sprache und eine Vermarktung finden kann. Wir wollen ja an das gute Geld vom Kunden kommen, aber er darf dafür auch etwas Besonderes, nämlich Qualität in Form und Inhalt, erwarten. Der Kunde möchte hofiert, überzeugt, geehrt werden, und er möchte dafür gerne und auch viel zahlen, wenn wir es ihm bieten und er ein gutes Gefühl dabei hat.

Gilt das auch für den normalen Buchhandel?

Natürlich. Einem Buchhändler, der mich als Kunden liebt, gebe ich auch gerne mein Bestes. Für ein Lächeln von Herzen und eine kluge Beratung nehme ich liebend gerne eine weitere Anreise in Kauf. Für den Inhalt, dessen haptische Form bei mir bereits eine Gänsehaut hervorruft, zahle ich auch mal mehr. Aber der Teil des Buchhandels, der sich nicht auf diese persönliche Herausforderung einstellt, der wird natürlich Konkurrenz bekommen: von der Direktansprache bestimmter Zielgruppen, von persönlichen Kontaktaufnahmen und Gesprächen beim Kunden zu Hause etc.

Und was bringt Ihre persönliche Zukunft bzw. die Ihrer Agentur?

Wenn ich das wüsste … Alles fließt, panta rhei. Medienarbeit ist permanente Kommunikation und wird nicht immer über Produkte laufen. Ich coache, wenn es gewünscht wird, auch schon einmal Vertriebsmitarbeiter in der Autozulieferung, was ihre Ansprache an den Kunden angeht. Aber gute Produkte machen Spaß, und gute Produkte werden auch bleiben. Eine neue geistige Offenheit, kreative Vielfalt und ein persönliches Qualitätsversprechen müssen zusammenkommen, sonst läuft sich alles irgendwann tot. Dazu eine andere Art von Ehrlichkeit: keine firmenmissionarischen Parolen früherer Tage oder die christlich-verbrämte BWL-Floskeln heutiger Manager, sondern eine echte, aus gelebter Ethik gespeiste Ehrlichkeit! – Und es gibt ja zum Glück noch solche „echten“, an den Inhalten interessierte Verleger! Also seien wir optimistisch: Das Leben ist schön, und Hand aufs Herz: Wenn uns diese Zeit nicht für solche Prozesse Chancen in Hülle und Fülle bietet – welche denn dann?

Würden Sie bei einem guten Angebot wieder bei einem Buchkonzern anfangen?

Ach was, warum denn? Meine Agentur kann so viele Dinge verbinden und tun, was ein Verlag oft nicht mehr kann: zwischen Themen und Genres wechseln; die ältere Dame von nebenan mit ihrem ersten eigenen Buch glücklich machen; einen Weltkonzern dazu bewegen, ihren TOP-Bestseller als Benefiz-Projekt zu gestalten; das Bild eines bekannten Künstlers für einen guten Zweck versteigern; einen Meet- und Greet-Day für leidenschaftliche Leser organisieren; selber schreiben – und vor allem: freie und unabhängige Geister kennen lernen. Und nebenbei: Welcher Verlag leistet es sich wie meine Agentur, jedes zehn Prozent der Erlöse für einen guten Zweck (2015/2016: Flüchtlingshilfe) zu spenden?

Sondern dann schon lieber was tun?

Eher so was wie seinerzeit Beate Uhse: etwas ganz Neues anfangen und dafür zunächst belächelt werden. Was sie damals initiiert hat, wirkt zwar heute auch populär und kommerziell, war aber zur damaligen Zeit wirklich revolutionär. Ich bewundere so etwas.

Das Gespräch führte CvZ

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