Ein Memoir über Absturz, Entzug und Erkenntnis Lebensbeichte: Ein junger Mann und sein jahrelanges Versteckspiel

Immer freitags hier ein Autorengespräch. Heute mit Michael J.Stephan zum Buch „9 Tage wach“ (Edel):

Eric Stehfest ist erfolgreicher Schauspieler, Tänzer, Filmproduzent und junger Familienvater. Doch er stand nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens,  denn er ist auch: Ein vorbestrafter Ex-Junkie.  In seiner Jugend war er jahrelang von der Partydroge Crystal Meth abhängig. Erst über eine einjährige Entziehungskur – ausgelöst durch einen neun Tage langen Rausch, den er fast nicht überlebte – schaffte er den Absprung ins neue Leben. Im März ist seine Autobiografie 9 Tage wach (edel) erschienen, in der Eric Stehfest in Zusammenarbeit mit Co-Autor Michael J. Stephan schonungslos über seine Zeit in der Drogenszene, den schmerzhaften Entzug und ein jahrelanges Versteckspiel berichtet. Anlass für uns, mal genauer nachzuhaken, wie es überhaupt zu dieser Zusammenarbeit kam,  wieso das Buch in der Berliner Stadtbibliothek unter „Sachbuch-Medizin“  steht und wie Buchhändler es einstufen sollten:

BuchMarkt: Herr Stephan, worum geht es in der Autobiografie 9 Tage wach?

Michael J.Stephan (c)susanne schleyer

Michael J. Stephan:  Wir schauen einem jungen Mann permanent über die Schulter, bei seinem Erwachsenwerden, dauernden Umzügen, und den ersten Sex-und Drogenerfahrungen mit „Pillen, Beats und Frauen“. Kein einziges Alibi, kein Warum. Ein „Wendekind“, geboren beim Mauerfall, sucht nach Grenzen. Die Geschichte ist im „Er“ erzählt, hat etliche Klammern, die weit über den Protagonisten herausführen. Alte und neue Geschichte, Sucht und Resilienz, die Kunst der Täuschung, Absturz, Rettung und hoffentlich Erlösung.

Sie selbst beschrieben das Buch als „Memoire“, was genau ist damit gemeint? Inwiefern unterscheidet sich dieser Begriff zur gängigen Autobiografie?

Der Begriff bezeichnete  ursprünglich eine Denk-oder Klageschrift, als literarische Gattung aber eine romanhaft erzählte Biografie.  Obwohl nichts im Buch fiktiv ist, müssen wir den Protagonisten nicht unbedingt kennen, in diesem Fall auch keine Drogenerfahrung haben, um ihm dennoch gespannt folgen zu können. Autobiografien bedienen oft voyeuristische Impulse, verraten Geheimnisse, gestatten Blicke hinter die Kulissen. Darauf haben wir verzichtet, zugunsten einer aufrichtigen Lebensbeichte.

Welche Leserschaft wollen Sie damit ansprechen? Mit welcher Intention?

Weil wir trotz des wenig amüsanten Themas ein Happy-End haben, ist es eine Fallstudie mit anschließendem Glücksversprechen. Die Zuschauer der Serie haben die Ankündigung des Buches im vergangenen Jahr begeistert aufgenommen, doch die Schonungslosigkeit hat selbst sie überrascht, selbst wenn wir sie in Humor verpackt haben.

Sie stehen dem Begriff  „Modedroge“  kritisch gegenüber, wieso?

Weil damit ein ernsthaftes Problem banalisiert wird. Moden kommen und gehen, Methylamphetamin hat indessen eine sehr lange Geschichte. Nach seiner Synthetisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts Heeresdroge, in den 70-ern wusste selbst hinter der Mauer jeder Medizinstudent, wo er das Zeug herbekommt. In den 80-ern hatten die USA enorme Probleme damit, zehn Jahre später tauchte die Droge in den Clubs Europas wieder auf und wurde geradezu verherrlicht. Ganz zu schweigen vom heutigen Umgang mit dieser und anderen Substanzen. Das als „Mode“ zu bezeichnen, hat etwas sehr hilfloses.

In welchem literarischen Umfeld kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen – mit welchem Argument?

Durch Klick aufs Cover geht’s zum Buch

Die Presse-und Werbeabteilung unseres Verlages kann diese Frage bestimmt besser beantworten. In dem Buch ist ein zweites Buch enthalten, darum würde ich sagen: Sachbuch, romanhafte Biografie, vielleicht auch erste Hilfe.

Wie kam es denn nun zu der Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Herrn Stehfest?

Durch ein zufälliges Treffen mit dem sehr sympathischen Schauspieler. Seine Idee, überhaupt zu schreiben.

Erste Frage: Können wir mehr daraus machen, als eine heruntererzählte Biografie?

Zweite Frage,und gleich seine Antwort: Lass und erst mal Freunde werden.

Wurden wir auch.

Wenn Sie das Buch mit drei Worten beschreiben könnten, welche wären das?

Weil wir zwei Autoren sind, benötigen wir sechs Worte, ursprünglich als Untertitel gedacht:

„Das unerhörte Glück des Eric S.“

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet?

Gibt es Pläne?

Dies können Sie hier tun:

Bühnenfassung, Verfilmung, nächstes Projekt. Nein, im Ernst.

Lesungen, Interviews, tatsächlich ist eine Theaterfassung in Arbeit. Während  der anderthalb Jahre mit diesem Buch mussten andere Projekte im Hintergrund warten, eines davon hat mit Schreiben zu tun…

Die Fragen stellte Franziska Altepost

In der vergangenen Woche sprachen wir mit Ulrike Renk zu ihrem neuen Buch „Die Jahre der Schwalben“ (atb)

 

 

 

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert