Das Autorengespräch Massimo Bognanni über Thomas Middelhoff, den „Posterboy der deutschen Wirtschaft“

Massimo Bognanni (c) Handelsblatt

Heute haben wir Massimo Bognanni zu seinem Buch über Thomas Middehoff bei Campus befragt, gegen dessen Bewerbung Thomas Middelhoff jetzt vor dem  Landgericht Hamburg eine Unterlassungsklage durchsetzen will.

Es geht dann auch um die Frage, ob „A 115“ (LangenMüller Verlag), das von Middelhoff selbst verfasste Buch, als eine Biografie zu werten ist oder nicht und ob sich das Buch thematisch mit der von Journalist Massimo Bognanni verfassten Biografie des einst erfolgreichen Managers deckt oder nicht. Massimo Bognanni besuchte die Kölner Journalistenschule und studierte Politik an der Universität Köln. Seit 2012 arbeitet er beim Handelsblatt, seit 2014 als Reporter im Investigativteam.  Seine Artikel wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Ludwig-Erhard-Förderpreis (2016), dem Axel-Springer-Preis (2015) und dem Heinrich-Heine-Journalismuspreis (2014). Jahrelang hat er die Hintergründe von Thomas Middelhoffs Karriere recherchiert, seinen Strafprozess verfolgt und unzählige Gespräche geführt. Bereits 2016 veröffentlichte er im Campus Verlag gemeinsam mit Sven Prange das Buch Made in Germany. Große Momente der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

BuchMarkt: Herr Bognanni, worum genau geht es in Ihrem Buch?

Massimo Bognanni: Es geht um eine der schillerndsten Karrieren der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Thomas Middelhoff, war Chef hunderttausender Menschen in Deutschland.

Dabei war er mehr als nur ein Unternehmenslenker, er war bei Bertelsmann der Posterboy der deutschen Wirtschaft.

Auch als gescheiterter KarstadtQuelle-Retter oder Angeklagter, der aus dem Fenster eines Gerichtsgebäudes springt, um lauernden Fotografen zu entkommen, bot er der Öffentlichkeit stets ein Spektakel.  Bei vielen Menschen im Land gilt er wegen seiner Auftritte als Symbol für Gier und Größenwahn einer Manager-Elite.

Inwieweit stehen Sie mit Thomas Middelhoff im Verhältnis?

Durch Klick aufs Cover geht’s zum Buch

Als Reporter der Wirtschaftszeitung Handelsblatt habe ich 2014 den Strafprozess gegen Herrn Middelhoff begleitet.  Ich beschäftige mich auch mit der Frage, was aus seinem Millionenvermögen geworden ist. Sein Anwalt fragte mich im vergangenen Jahr überraschend, ob ich mir vorstellen könne, an einer Middelhoff-Biografie mitzuwirken. Als ich einen kleinen Einblick in Middelhoffs Notizen bekam, schlug ich vor, diese mithilfe eigener Recherchen belegbar zu machen. Das wollte er offenbar nicht, sondern hat jetzt seine Autobiografie ohne Co-Autor veröffentlicht. Mein Buch über Thomas Middelhoff ist ohne seine Mitwirkung aus kritischer Distanz entstanden. Zu meinem Bedauern hat er keine meiner vielen Fragen beantwortet.

Welche Leserschaft soll angesprochen werden?

Neben Wirtschaftsinteressierten soll das Buch auch jene ansprechen, die sich für den Verlauf außergewöhnlicher Leben begeistern. Mein Buch spricht ganz speziell auch die Menschen an, die bereits Middelhoffs Autobiografie A115 gelesen haben und an einem etwas distanzierteren und umfassenderen Blick auf Middelhoffs Leben interessiert sind.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Middelhoff polarisiert wie der FC Bayern. Man hasst ihn oder man bewundert ihn. Doch was ist wirklich über ihn bekannt? Für alle, die den Namen vergöttern oder verteufeln bietet das Buch neue Einblicke.  Zudem macht Middelhoffs Vita jüngere Wirtschaftsgeschichte erlebbar: Beim Blick über Middelhoffs Schulter lässt sich der Internethype um die Jahrtausendwende ebenso begutachten, wie das Platzen der Dotcom-Base. Als in Deutschland die Debatte über Heurschrecken, räuberische Finanzinvestoren, die angeblich den deutschen Mittelstand abgrasten, hochkochte, war Middelhoff das dazu passende Gesicht. Auch das Warenhaussterben und die Folgen der weltweiten Wirtschafts-und Finanzkrise werden durch Middelhoff erlebbar. Ebenso wie die Debatte um Manager und Moral der jüngeren Tage.

Wo sollte der Buchhändler das Buch am besten platzieren im Laden – in welchem literarischen Umfeld?

Schön wäre es natürlich, die beiden aktuellen Middelhoff-Biografien, schwarz und hell im Cover, nebeneinander zu platzieren. Gerne zusammen mit Johann Holtrop, dem 20112 erschienenen Roman von Reinald Goetz, dessen gleichnamige Hauptfigur in weiten Teilen der Biografie Thomas Middelhoffs nachempfunden ist.

Was lesen Sie persönlich gerne/aktuell?

Ich bin Pendler. Zwischen Sachbüchern und Romanen. Gerade habe ich Die Getriebenen über Merkels Flüchtlingspolitik zugeklappt, nun lese ich den Homo Faber von Max Frisch.

 

 

 

 

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