Das Sonntagsgespräch Matthias Heinrich: „Man darf Träume nie aufgeben!“

Wir spachen mit BroCom-Geschäftsführer Matthias Heinrich über neue Anstöße für 2017, besondere Momente 2016 und den „schmalen Grat zwischen Erneuerungsambitionen und vorhandenen Ressourcen.“

BuchMarkt: Herr Heinrich, auch auf die Gefahr hin, dass es platt klingt: Sie sind jetzt schon so lange in der Branche, wird die Arbeit mit der Zeit nicht zum Trott, gibt es überhaupt noch Herausforderungen?

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Matthias Heinrich

Matthias Heinrich:  Ende der achtziger Jahre hatte die Pop-Gruppe Münchner Freiheit ein One-Hit-Wonder mit dem Titel „Solange man Träume noch leben kann“. Der Refrain begann mit den Worten „EinJahr geht schnell vorüber, …“, manche können sich vielleicht erinnern. Mit Mitte zwanzig realisierte man zwar damals noch nicht den schnellen Lauf der Zeit, aber Träume hatte man genug, sei es für das Leben oder den beruflichen Werdegang. Jetzt, Anfang 2017, muss ich feststellen: Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell, es gibt keinen Alltagstrott und parallel beschleunigt sich subjektiv in der Wahrnehmung auch das Maß an Veränderungen und Herausforderungen in der Gesellschaft und auch in der Branche.

Was haben Sie bei BroCom in 2016 angestoßen? Gab es für Sie besondere Momente?

Wir haben als Unternehmen in den letzten zwölf Monaten und zuvor viele Herausforderungen angenommen. Und wir durften erleben, dass man Träume nie aufgeben darf, auch wenn einen das Leben Pragmatismus oder Realismus gelehrt hat. Das Feintuning der Zusammenführung der Auslieferungen Brockhaus und Umbreit wurde durchgeführt, ohne dass die Bestandsverlage Verwerfungen gespürt haben. Obwohl wir ein drittes Logistikzentrum am Standort gegenüber eingerichtet, gefüllt und mit unseren beiden bestehenden Logistikzentren vernetzt haben. Nie stockte die Warenannahme oder der Warenausgang. Das können besondere Momente sein, wenn alle im Team trotz Volllast und Veränderungen motiviert einen funktionierenden Job machen. Diese Verlässlichkeit macht einen als Geschäftsführer schon ein wenig stolz.

Sie sprachen auch von nicht aufgegebenen Träumen?

Zumindest ein großer Wunsch erfüllte sich Anfang 2016, als eine große Verlagsgruppe nach fünf Jahren wieder zu uns in die Auslieferung zurückkehrte. Auch hier arbeiteten die Teams im Verlag und in der Auslieferung gemeinsam unaufgeregt aber hoch professionell, ohne dass das restliche Tagesgeschäft gelitten hätte. Mit diesen beiden strategisch wichtigen Veränderungen, das Joint Venture mit Umbreit und dem Kundenzuwachs, sind wir hinter den großen Vier zu einem der bedeutendsten, großen Wettbewerber angewachsen und haben zeitgleich unsere Performance als Auslieferung hin zum Handel und auch den Verlagen verbessert. Ganz zu schweigen von den anderen attraktiven Verlagen, die im Laufe des Jahres 2016 zu uns gestoßen sind.

Kann man sich vor diesem Hintergrund auch einmal zurücklehnen?

Das aktuelle Verlagsportfolio und der Servicegrat von Brockhaus/Commission sichern uns allen gemeinsam eine stabile Zukunft. Man darf aber nie auf der Stelle treten. Wir haben uns vorgenommen, weiter zu wachsen und dafür auch intensiv die Voraussetzungen zu schaffen. Eine Cash-Cow zum Melken wird man im Zwischenbuchhandel kaum finden. Dazu ist der Innovationsgrad im Branchenumfeld zu hoch und die fortschreitende Digitalisierung stellt beinahe jeden Tag neue Herausforderungen. Der Handel will immer optimierter bedient werden, hier sind wir unseren Verlagskunden ständige Neuerungen und Serviceleistungen schuldig. Wir bewegen uns auf einem schmalen Grat zwischen Erneuerungsambitionen und vorhandenen Ressourcen. Gelegentlich erfordert dies im Tagesgeschäft auch eine gewisse Demut, die Bodenhaftung und der Realitätssinn muss erhalten bleiben. Aber, Mark Twain hatte Recht, der sinngemäß sagte, „dass man sich bei allem Realitätssinn nie von seinen Träumen trennen sollte, denn sonst habe man zwar nicht aufgehört zu existieren, aber zu leben.“

Sie engagieren sich auch für die Branche, sind Schatzmeister des Börsenvereins und damit verknüpft haben Sie weitere Ehrenämter inne. Warum tun Sie sich das an?

Zunächst kann ich diese Omnipräsenz in Beruf und Ehrenamt nur leisten, weil mir mein Team bei BroCom ohne großes Murren den Rücken frei hält und viele Wochenenden zum Aktenstudium draufgehen. Trotz allem wirft mir meine Familie nicht den Fehdehandschuh hin.  Das weiß ich sehr zu schätzen. Wir leben und arbeiten in einer Branche, die sich gesellschaftlich und politisch trotz einer relativ geringen Größe herausragend einbringt.  Der Verband sichert Rahmenbedingungen und schafft Räume, in denen sich Unternehmen gedeihlich und bei entsprechendem Fleiß und Kompetenz im Wettbewerb erfolgreich entwickeln können. Unternehmer dürfen aus meiner Wahrnehmung nicht nur als Profiteure dieser Entwicklung handeln, sondern müssen die Rahmenbedingungen mitgestalten. Das sollte jeder mit seinen persönlichen Kompetenzen und seinem Zeitbudget tun.  Und glauben Sie mir, über die Mühen und die geliehene Zeit hinaus ist die Verbandsarbeit auch ein wenig Job Enrichment, ganz zu schweigen von den vielen Kontakten und Freundschaften, die einen auch persönlich weiterbringen.

Haben Sie besondere Erwartungen und Ziele an und für das Jahr 2017?

Beruflich haben wir so viele Projekte und Aufgaben im Tagesgeschäft, dass es einem eigentlich auch einmal nach Konsolidierung ist. Immer wenn man aber zur Ruhe kommen will, hat man oft morgens Mails im elektronischen Briefkasten, die solche Planungen über den Haufen werfen. Deshalb ist mein Hauptanliegen, dass wir auch in 2017 erfolgreich am Markt sind und für unsere Kunden, den Partnerverlagen und den belieferten Handel, einen guten Job machen. Klappt das, kommen automatisch auch neue Kunden hinzu, das haben die letzten Jahre gezeigt. Und ich persönlich hoffe, dass ich den Spagat zwischen Haupt-und Ehrenamt weiter verwerfungsfrei meistere. Ein Ziel sind wenigstens drei Städtereisen und ein richtiger Urlaub mit Frau und Sohn. Schön wäre auch, wenn die Talfahrt der Stuttgarter Kickers beendet wäre, den Spott betreffend meine Nibelungentreue zu diesem legendären Fußballclub werde ich aber traditionell weiter aushalten, egal in welcher Liga.

Die Fragen stellte Franziska Altepost

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