Das Autorengespräch am Freitag Nell Leyshon über ihr Buch „Die Farbe von Milch“ (Eisele Verlag)

Immer freitags hier ein Autorengespräch: Heute mit Nell Leyshon zu ihrem neuen Roman „Die Farbe von Milch“ (Eisele Verlag/ET 22. September).

Nell Leyshons erster Roman, Black Dirt, stand bereits auf der Longlist des Orange Prize und auf der Shortlist des Commonwealth Prize. Ihr zweiter Roman Die Farbe von Milch ist ein „eindringliches Kammerspiel über Klassenunterschiede, Armut und das karge Leben einer standeslosen Frau in einer patriarchalen Welt.“ Dank seiner „einzigartigen Erzählstimme“ wurde der Roman in Großbritannien von der heimischen Presse gefeiert:

„Eine einzigartige Erzählstimme, die unvergessliche Bilder in den Kopf des Lesers malt.“  THE INDEPENDENT

Der Eisele Verlag veröffentlicht nun erstmals einen Roman der britischen Schriftstellerin auf Deutsch. Anlass für uns zu fragen:

BuchMarkt: Liebe Frau Leyshon, worum geht es in Ihrem neuen Buch?

Nell Leyshon (c)Scott Lavene

Nell Leyshon: In Die Farbe von Milch geht es um eine junge, ungebildete Frau,  die mit ihren Eltern auf dem Bauernhof lebt. Als sie fünfzehn wird, zieht Mary in den Haushalt des örtlichen Dorfpfarrers, um dessen Ehefrau zu pflegen und ihr Gesellschaft zu leisten und lernt dort schließlich auch zu lesen und  zu schreiben. Es geht in dem Buch um den Willen und die Lust etwas zu lernen und eine eigene Meinung, einen eigenen Willen zu haben. Es geht um die Machtlosigkeit junger Frauen und um Leidenschaft . Und es ist letztlich auch ein Liebesbrief an den Bauernhof, an die Natur.

In welchem Genre bewegen Sie sich hier?

In England nennen wir es „Literarische Fiktion“. Meine persönliche Definition davon ist ein gut geschriebenes Buch, das nicht so leicht in ein bestimmtes Genre fällt.

Wie ist die Idee zum Buch und schlussendlich zu dessen Inhalt entstanden?

Das Buch war ursprünglich als Bühnenstück gedacht.  Ich wurde damals zur Theatergesellschaft „Royal Shakespeare Company“ eingeladen, die eine Reihe von Stücken zur „King James Bible“ entwickeln wollten. Ich erfand also Mary, eine junge Frau die durch die Bibel das lesen und schreiben lernte. Die Theaterreihe wurde nie realisiert, aber Mary’s Charakter und ihre Geschichte ließen mich nicht mehr los.  Ich dachte immer an sie und eines Tages merkte ich, dass ich ja ein Buch dazu schreiben könnte. Dann nahm alles seinen Lauf, die ersten Zeilen fielen mir ein und dann fühlte es sich an, als würde mir der Rest einfach diktiert werden. Ich schrieb auf, was ich hörte.

Und der Buchhändler? Mit welchem Argument kann der das Buch am besten verkaufen?

Durch Klick aufs Cover geht’s zum Buch

Ein perfektes Buch für Leute, die gerne lesen.  Es ist poetisch, intensiv und jeder sagt mir, dass man es gar nicht mehr aus der Hand legen kann.  Es ist außerdem ein starkes Porträt eines liebenswerten Charakters, aus der Ich-Perspektive erzählt. Ich hab es geliebt, als Mary zu schreiben und vermisse es immer noch.  Glücklicherweise habe ich bald wieder die Möglichkeit dazu, da ich auch das Drehbuch zum Film schreibe.

Welcher Zielgruppe könnte das gut gefallen?

Ganz einfach:  Menschen, die gerne lesen. Ich habe sowohl von jungen als auch älteren Lesern ein fantastisches Feedback erhalten.  Es ist eine ernste Geschichte, aber die Stimme und der Charakter von Mary sind eben auch aufbauend.

Wo schreiben Sie Ihre Bücher? Wir haben letztens von einem Autor gehört, der seine Bücher in der Sauna verfasst. Haben Sie ähnliche Angewohnheiten?

Ich habe gelernt, überall zu schreiben.  Ich habe ein wundervolles Arbeitszimmer, in dem all meine Forschungs-Bücher stehen,  aber ich habe das Glück regemäßig verreisen zu können, deshalb öffne ich meinen Laptops mittlerweile überall: In Hotels, Cafés und in Flughäfen.  Mir macht es nichts aus, wenn die Menschen um mich herum reden und überall Chaos herrscht.  Ernsthaftes Aufarbeiten und Textbearbeitung ist da eine andere Angelegenheit. Hier ist Ruhe wichtig und man sollte besser still an einem Schreibtisch sitzen.  Es ist wichtig die Worte anzuhören und die wiederholt zu lesen.

Seien Sie ehrlich: Manchmal nach einem anstrengenden; vielleicht sogar wenig Früchte-tragendem  Tag des Schreibens, würden Sie sich am liebsten die Haare ausreißen, oder?

Ich versuche, mich nicht zu sehr  von den Emotionen des Jobs beeinflussen zu lassen. Ich sag mir dann: Es ist genau das,  nur ein Job.  Es gibt Perioden von großer Frustration,  z.B. wenn man ewig braucht ein Bruchstück der Arbeit abzuarbeiten, aber diese Zeit geht  wieder vorbei und die Dinge ändern sich immer. Ich habe das Glück eine große Optimistin zu sein, ich bin leicht zu erheitern.

Haben Sie eine tägliche Routine?

Ich bin beherrscht von Schuldgefühlen und einer protestantischen Arbeitsmoral, deshalb versuche ich nicht zu hart zu mir selbst zu sein.  Als meine Kinder noch klein waren, hatte ich ein sehr strenges Regime, nur so konnte ich alles unter einen Hut bekommen.  Jetzt habe ich mehr Zeit und habe einen natürlicheren Schreib-Rhythmus gefunden.  So arbeite ich an manchen Tagen sehr lange und an anderen eben etwas weniger.

Wenn ich Ihnen sagen würde: „Ich möchte unbedingt ein Buch schreiben, weiß aber nicht wie ich anfangen soll“ –  was würden Sie mir raten?

Seien Sie ehrlich mit sich selbst. Überlegen Sie für wen das Buch sein soll: Ist es für die Familie, für Sie selbst, oder möchten Sie sich gar ein Leben als Schriftsteller aufbauen? Wenn letzteres, dann denken Sie genau darüber nach.  Nur weil wir alle schreiben können, heißt es nicht, dass wir die Fähigkeiten besitzen,  ein Buch zu schreiben.  Machen Sie sich klar, dass es eine lange Zeit dauern wird, diese Fertigkeiten zu erlernen. Schließlich braucht ein Zimmerer auch Jahre, bis er einen guten Tisch schreinern kann. Lernen Sie Ihre eigene Arbeit zu kritisieren und zu hinterfragen.  Lesen Sie so viele Bücher wie Sie können und lesen Sie Briefe und Zeitschriften von anderen Schriftstellern.

Was ist Ihre persönliche Lebensphilosophie?

Mach dir keine Sorgen über mögliche Folgen. Gib jeden Tag dein Bestes.  Alles Weitere ergibt sich von ganz allein.

 

 

 

Kommentare (1)
  1. Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe das Buch „Die Farbe von Milch‘ mit grossem Genuss gelesen. Allerdings frage ich mich, warum mit der Kommasetzung Verwirrung gestiftet wurde. Wen kann ich dazu kontaktieren? Meines Erachtens gehört zu einem guten Buch auch eine korrekte Rechtschreibung. Was möchte uns die Autorin diesbezüglich mitteilen oder ist es die Übersetzung? In Dankbarkeit für eine Antwort herzlichen Gruss, Katrin Buller

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