Antje Buhl und Steffen Rübke über ihr unermüdliches Engagement für den SALES AWARD und die wichtigsten Verkäufertrends „Nichts verändert sich so dramatisch wie der Verkauf“

Antje Buhl, Foto: Gunnar Seitz

Antje Buhl, Vertriebsleiterin bei Droemer Knaur, und Steffen Rübke, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb bei MairDumont, arbeiten in völlig unterschiedlichen Marktsegmenten – und haben dennoch eines gemeinsam: beide engagieren sich für den SALES AWARD.

Steffen Rübke

Steffen Rübke ist dieses Jahr Jury-Vorsitzender, Antje Buhl hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, den Preis weiterzuentwickeln und gehört ebenfalls der Jury an. BuchMarkt befragte sie zu den wichtigsten Verkäufertrends.

Übrigens: Für alle, die es in der Vorweihnachtshektik nicht geschafft haben, ihre Kandidaten für den Verkäufer-Oscar zu nominieren, wurde die Frist bis Mittwoch, 19.12., verlängert (siehe Infos am Ende des Interviews).

BuchMarkt: Der Sales Award gilt als Seismograph für die jeweils aktuellen Verkaufs-Trends. Was hat sich aus Ihrer unmittelbaren Erfahrung uns aus der Juryarbeit erkennbar im Bereich VERKAUF geändert?

Antje Buhl: Ich sehe zwei Punkte – die Endkundenansprache und die Frage der Orientierung, das scheinen mir die derzeit imposantesten Themen zu sein.

Immer wichtiger wird auch die Verzahnung der Händler mit ihren Kunden über die sozialen Netzwerke mittlerweile bei den Aktiven und Engagierten enorme Fortschritte gemacht hat. Es geht verstärkt darum, einen Treffpunkt zu schaffen, in direkte Kommunikation und Austausch mit den Lesern gehen.

Aber die Verlage investieren in Social Media doch genauso…

Antje Buhl: Klar, bei den Verlagen nimmt die Endkundenansprache online im Marketing ebenfalls zu. Unser Droemer Knaur Projekt „Doors“ war ein Kraftakt, der aber gezeigt hat, dass die Verknüpfung der Online-Maßnahmen mit Händlern funktioniert. Wir haben gezeigt, dass man gemeinsam erfolgreich Reichweite und Aufmerksamkeit aufbauen kann.

Das hat übrigens mit dem zweiten Punkt zu tun: Orientierung. Hier gibt es im Handel eine massive Veränderung: Es ist das Thema, das bei den größeren Händlern und deren Ladenkonzepten enormen Aufwind hat. Für den Kunden muss es klar, einfach und extrem schnell erfassbar sein. Die Reduzierung des Sortiments ist m.E. ein Konzept, das schlussendlich auch auf das Thema Orientierung einzahlen soll; ob und wie weit dies am POS aufgeht, wird der Kunde entscheiden.

Herr Rübke, steht bei Ihnen der Punkt Orientierung ebenfalls oben auf der Agenda?

Steffen Rübke: Ich wollte, ich könnte Frau Buhl widersprechen. Meine frühere Tätigkeit im Konsumgüterbereich mit dem hoch entwickelten Category Management hat mich gelehrt: wenn sich der Endkunde nicht orientieren kann, sieht es schlecht für Verlage und Handel aus. Die Funktion des Handels ist es zu selektieren und inspirieren, z.B. indem die einzelnen Bücher besser zur Geltung kommen.

Antje Buhl: Noch ein anderer Aspekt: Orientierung spielt zukünftig beim Verkauf in den Buchhandel eine andere, ich denke noch größere Rolle. Beim Blick in die digitale Vorschau und der Fülle des Programms geht es vielen Händlern ja nicht anders als den Lesern. Das heißt: wenn wir es nicht schaffen, in Zukunft eine signifikant bessere Orientierung für den Händler zu liefern, bekommen wir ein heftiges Akzeptanzproblem.

Mal eine Grundsatzfrage: wie schätzen Sie die Mechanik des Buchmarkts ein, lebt er von der Nachfrage oder vom Angebot?

Antje Buhl: Für mich keine Frage: ein Angebotsmarkt, der die Kunden verführen und Inspiration geben soll.

Steffen Rübke: Bei Reiseführern sollte man denken, es sei anders: die Leute fahren in Urlaub und „brauchen“ einen Reiseführer. Leider falsch: früher war der Reiseführer die Hauptquelle, alle wissenswerten Fakten über das Ziel meiner Reise kennenzulernen. Reiseführer als Nachschlagewerke. Die Zeiten sind gründlich vorbei: das Internet bietet tausendmal mehr Fakten als ein Printprodukt das könnte. Hier haben wir wiederum das Thema Orientierung: Der Mehrwert des Reiseführers wird heute bestimmt durch das Selektieren des Autors, die Insider Tipps, die spannende Aufbereitung, die Haptik des Produktes. Wir nennen dies den Wandel vom „Need- zum Want-Produkt“. Damit ändert sich alles: Wir wollen Kunden begeistern, ihnen 365 Tage Vorfreude für ihre Reise geben und sie nicht bloß 14 Tage begleiten.

Aber was hat das mit dem Thema Verkaufen zu tun?

Steffen Rübke: Scheinbar kleine Ursache, große Wirkung. Wenn sich das Nutzer-Verhalten ändert, verändern sich Märkte – im Zweifel einschneidend. Das Thema Sales ist davon unmittelbar betroffen, ich spitze sogar noch zu: Nichts verändert sich so dramatisch wie der Verkauf.

Das ist ein Statement, das mich überrascht. Sehen Sie in anderen Märkten ähnlich drastische Veränderungen?

Steffen Rübke: Im Rahmen der Juryarbeit für den SALES AWARD werde ich auch immer gefragt, wo man als Verkaufsprofi was lernen kann. Im LEH oder Drogeriefachhandel erleben wir auch ein Ende des Mengenwachstums – und die Frage lautet, wie geht man damit um. Die Antwort: effiziente Sortimente, in denen der Kunde sich zurecht und zudem Inspiration findet. Es ist letztlich die gleiche Situation wie im Buchhandel: die Stückzahl geht runter, der Umsatz muss aber der gleiche bleiben. Was gut funktioniert ist das „Uptrading“ hin zu höherpreisigen Produkten. Bei MairDumont erreichen unsere Kunden, mit denen wir im Bereich Category Management zusammenarbeiten, 2018 über das Sortiment ein Plus von 3% im Rausverkauf. Potential bieten noch die Verbundkäufe, wir verkaufen viel zu selten Reiseführer plus Karte plus Bildband.

Wenn man von den Käufern her denkt: mit welchem Markt ist der Buchmarkt von seiner Charakteristik am ehesten zu vergleichen?

Antje Buhl: Ich sehe das als Frau und finde, wir sind eine ideale Frauen-Branche: ich geh mal rein und schaue was ich finde, passt auch gut, wenn ich ein Geschenk suche. Und womit ich das vergleiche? Nicht so schwer: Klamottenläden. Die Situation ist ähnlich: ich kann entweder zu den bekannten Marken gehen und finde überall das Gleiche. Oder in suche das Besondere in kleinen Läden und die haben ja einen schönen Namen: Boutique.

Steffen Rübke: Stimmt, im Bereich Textil gibt es eine Fülle von Artikeln, und hochindividuelle Entscheidungen. Die Freude am Austausch mit anderen, der direkte Kontakt mit dem Produkt – das ist sehr ähnlich.

Um auf andere oder neue Ideen zu kommen, wo erleben meine Kundinnen und Kunden Besonderes?

Antje Buhl:  In allen Läden, in denen ich mich selber so wahrnehme, dass ich nur mal schauen wollte und dann mit großen Augen und begeistert unbedingt was haben möchte. Das kann der abgefahrene Laden in Berlin sein, weil das Sortiment anders als üblich ist, oder die Beratung extrem gut zu mir passt.

Schwer widerstehen kann ich der Outdoor-Branche, also bei Globetrotter und Co. wie Schuster in München. Die haben Verkäufer, da hast Du das Gefühl, die beten Dir keine Fakten runter, sondern kennen alles aus der Praxis. Da sind sie, die Wanderer, Kletterer, Skifahrer… Die wissen, was ich brauche! Noch besser, die bringen mich auf Ideen, da hab ich vorher gar nicht gewusst, was ich mir Gutes – und das heißt hier gegen Wind, Regen, Kälte – tun kann.

Ein Preis wie der SALESAWARD dreht sich immer um die Frage „Wer macht’s am besten“, also um Benchmarks und Zukunftsorientierung. Welche Auswirkungen hat das auf die Auswahl-Kriterien des SALES AWARD?

Steffen Rübke: Wir haben uns diesmal intensiv mit Parametern und Messgrößen im Vertrieb beschäftigt. Da geht es um Umsatz und Ertrag, aber bei Backlist-starken Warengruppen auch um Inkrementalität. Heißt übersetzt: was gewinne ich durch eine Maßnahme wirklich hinzu. Nehmen wir noch einmal ein Beispiel aus dem Reiseführer-Bereich: es soll nicht passieren, dass die Kunden z.B. durch einen Relaunch von einer Marke auf die andere geschickt werden…

Sie meinen, nicht jede Maßnahme oder Innovation erweitert den Markt?

Steffen Rübke: Genau das meine ich, es geht um differenzieren, um zuspitzen. Also darum, insgesamt mehr Käufer für mein Marken-Portfolio zu gewinnen. Beim SALES AWARD werden wir diesmal erstmals mit der Jury von der GfK erhobene Käuferreichweiten anschauen. Heißt konkret: wer hat die Zahl seiner Käufer im Vergleich zum Vorjahr wirklich vermehrt? Unter anderem vor dem Hintergrund der Quo vadis-Studie eine hochrelevante Frage.

Letzte Frage: woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass nur ganz wenige kleinere Verlage den Sprung über die 10 Mio.-Umsatzgrenze schaffen?

Antje Buhl: Eine These: Die Auswahl und Selektion des Zentraleinkaufs hat m.E. einen Einfluss auf die Sprung-und Wachstumsmöglichkeiten kleinerer Verlage. Auch als großer Verlag kann ich klar sagen, dass der A-Listungsplatz bei Thalia und Hugendubel maßgeblich zum Erfolg eines Titels beiträgt, da er für die Sichtbarkeit entscheidend sein kann.

Steffen Rübke: Für kleinere Verlage bietet die Branche mit Preisbindung und effizienter Logistik interessante Einstiegsmöglichkeiten. MairDumont fördert diese jungen und innovativen Verlage. Ab Januar werden wir zwei neue Partner, Loving Travel und Conbook, beim Distributionsaufbau unterstützen. Wir lernen viel im Austausch mit diesen Verlagen; zum Beispiel andere Blickwinkel auf unsere Branche. Loving Travel ist eigentlich eine b2b-Digitalagentur, die über die Liebe zu bestimmten Reisezielen zu ihrem Geschäftsmodell gekommen ist, und bei Kundenbefragungen festgestellt hat, dass über 70% der Reisenden ein Printprodukt wollen. Und das haben sie gemacht. Zusätzlich bieten sie digitale Angebote zur Inspiration, Planung und Nachbereitung der Reise an. Von solch innovativen und konsequent vom Kunden gedachten Produkten profitiert dann die ganze Branche.

Zeichnet der SALES AWARD nicht solche verkäuferischen Innovationen aus?

Antje Buhl: Richtig, der SALES AWARD hat eigenen Innovations- und einen E-Commerce-Preis.

 

SALES AWARD:

2018, das Jahr der spannenden Verkaufs-Konzepte?

  • Beim SALES AWARD geht es nicht darum, ohnehin zu erwartende Bestseller-Erfolge ins Rampenlicht zu rücken, sondern außergewöhnliche, eher überraschende Leistungen wie die Erschließung neuer Märkte, das erfolgreiche Ansprechen neuer Zielgruppen, ungewöhnliche Verkaufsstrategien und -innovationen zu prämieren.
  • Jetzt sind Sie dran! Der SALES AWARD lebt von den Vorschlägen der Kollegen – jeder kann mitmachen (und auch gerne sich selbst vorschlagen).

Der SALES AWARD 2018 wird in vier Kategorien verliehen:

Hauptpreis: Wer vollbrachte die  – sowohl vom Konzept wie vom Erfolg herausragendste Leistung des Jahres?

Newcomer-Preis: Welche/r „Überraschungskandidat/in“ fiel durch eine außergewöhnliche Aktivität erstmals auf?

Innovationspreis: Wer hat eine zukunftsweisende verkäuferische Leistung erbracht? (Der Schwerpunkt liegt hier auf dem strategischen Faktor.)

Preis für E-Commerce: Wer kreierte eine Online-Strategie, die verkäuferisch richtig rockt?

So geht’s: dank Verlängerung können Nominierungen bis Mittwoch, 19. Dezember, per E-Mail an kandidaten@salesaward.de geschickt werden – bitte jeweils mit einer kurzen, aber knackigen Begründung.

 

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