Tanja Mairhofer hat "genug von schlechten Ratgeber-Büchern und Klugscheißereien" „Schluss mit der Selbstoptimierung!“

Jeden Freitag hier ein Autorengespräch. Heute mit Tanja Mairhofer zu ihrem neuen Buch „Schluss mit Muss“ (ZS)

Ihre Wanderjahre führten sie schon im jungen Alter über viele Stationen. Als Moderatorin und Schauspielerin (WDR, KIKA, ZDF, BR, Live TV) musste Tanja Mairhofer sich oft Anforderungen und Erwartungen aussetzen, von denen die mehrfach ausgezeichnete Journalistin und Diplom-Kommunikationswirtin zunehmend gelangweilt und gestresst war. Heute fühlt sie sich als Kinder-Yogalehrerin und Autorin pudelwohl. Am kommenden Freitag erscheint ihr neues Buch Schluss mit Muss (ZS Verlag), in dem sie humorvoll das Leben hinterfragt und  klar macht: Perfektionismus ist absolut überbewertet!

BuchMarkt: Worum geht es in Ihrem Buch Schluss mit Muss?

Tanja Mairhofer: „Die Minimalismus und Feminismus-Wellen kommen nicht von irgendwo her. Ich denke, da tut sich grad einiges!“

Tanja Mairhofer: Tschüss, Perfektionismus – hallo Selbstakzeptanz! Ich gebe über 200 Seiten lang zu, dass ich bei Gott nicht immer alles richtig mache, auch mal scheitere und dass das alles so sein darf. In diesem Buch gehe ich in sämtliche Lebensbereiche und hinterfrage dabei so einiges. Zum Teil recht humorvoll, zum Teil auch wissenschaftlich, immer schön bunt.

Waren die Deutschen schon immer so perfektionistisch veranlagt?

Was die Sauberkeit angeht, vielleicht. Ich mag nur das Deutschen-Bashing nicht so gerne. Als Österreicherin merke ich da keinen Unterschied und mag dieses Volk sehr gerne. Pedanten gibt es überall. Ich war unlängst in Schweden… mein lieber Schwede…

Also keine rein „deutsche“ Mentalität?

Nein, das glaube ich nicht. Die Amerikaner, Japaner, Österreicher, Schweizer und Skandinavier sind da auch nicht besser. Klar gibt’s Länder, in denen die Leute mal eher Fünfe gerade sein lassen, aber Perfektionisten gibt es auch außerhalb Deutschlands.

Wieso kann ein solches Denken/Handeln/Leben krank machen?

Weil es nach oben hin immer noch weiter gehen könnte. Egal was man erreicht hat, man kann immer noch mehr haben, erfolgreicher sein, Dinge besser machen, sportlicher sein, adretter. Wenn man nur einem „besseren“ Ideal hinterherrennt, ist man auf Dauer unzufrieden und weiß gar nicht zu schätzen, was man schon hat und wer man schon ist.

Wie leicht ist es überhaupt, seinen Lebensstil grundlegend zu verändern?

Manche Lebensereignisse zwingen einen mal schneller in die Knie und das kann dann schon mal ganz fix zu einer grundlegenden Veränderung führen. Bei mir war es ein schleichender Prozess und ich bin damit noch gar nicht richtig durch. Ich kann in vielen Dingen noch wesentlich cooler werden. Aber auch da: Ich muss ja nix und bin auch im uncoolen Zustand gut genug.

Was ist dahingehend Ihr persönlicher Appell an die Gesellschaft?

Ich habe das Gefühl, dass es überall in der Gesellschaft gerade dieses Aufwachen gibt. Die Leute haben in den letzten 20 Jahren immer wieder gesagt bekommen, wie sie sich optimieren können. Sämtliche Castingshows, Ratgeberbücher und andere Klugscheißereien haben uns die Welt erklärt. Wunderbar, aber irgendwann is‘ auch mal wieder gut. Das sehe nicht nur ich so. Die Minimalismus und Feminismus-Wellen kommen nicht von irgendwo her. Ich denke, da tut sich grad einiges.

Welche Leserschaft wollen Sie gezielt ansprechen?

Frauen zwischen 25 und 45. Tatsächlich eine sehr große Zielgruppe, aber so alt fühle ich mich auch, je nach Tagesverfassung und ich denke auch, dass ich in diesem Spektrum einige Damen ansprechen werde. Das Thema ist ja durchaus universell.

Universell…ist das auch das Argument, mit dem der Buchhändler das Buch am besten verkaufen kann?

Durch Klick aufs Cover geht es zum Buch

Ich glaube, dass ich mit dem Buch den Zahn der Zeit getroffen habe. Die Menschen haben genug von der Selbstoptimiererei. Wir haben schon bis zum Erbrechen gehört,wie Frau zu sein hat: lieb, fleißig, schlank, schlau, hoch belastbar, jederzeit einsatzbereit, für alle da… Das funktioniert nur alles gleichzeitig nicht. Das Buch soll nicht belehren, sondern unterhalten und Druck aus all dem Müssen nehmen. Manche Leserin bringt es zum Lachen und einige werden sich darin wieder erkennen. Ich denke, dass es die ideale Urlaubslektüre ist.

Sie sagen: „Ratgeber-Bücher sind alle Bullshit“ –  Wieso gehen Sie da so hart ins Gericht?

Vielleicht nicht alle, aber viele. In diesen Büchern werden falsche

Hoffnungen geweckt. Sie fangen oft schon mit so Versprechen an wie: „Dieses Buch wird Ihr Leben verändern“. Ich habe einige dieser Ratgeber-Bestseller gelesen und weiß, dass sie, trotz großer Optimierungsbereitschaft meinerseits, mein Leben nicht verändert haben. Hoffnung ist zwar etwas Schönes und die fühlt sich auch erstmal gut an, nur können die Bücher selten halten, was sie versprechen und das führt dann zur Enttäuschung.

Außerdem habe ich mir den ein oder anderen Lifestyle-Guru mal genauer angeschaut und gemerkt, dass da manchmal ein ganz armes Würstchen dahinter steckt, und einige das gar nicht leben, was sie von sich geben. Nicht alle, aber einige.

Welche Reaktion würden Sie sich von den Lesern auf das Buch wünschen?

Dass sie lachen, sich entspannen und sich danach vielleicht ein bisschen mehr annehmen können – im unoptimierten Zustand.

Und zum Schluss: Was lesen Sie selbst aktuell?

Zwei Bücher haben es mir momentan angetan: Jessi Klein You’ll Grow Out of It (herrlich selbstironisch) und

Jessica Bennett Feminist Fight Club (hätte es schon 25 Jahre eher geben sollen)

Die Fragen stellte Franziska Altepost

In der vergangenen Woche sprachen wir mit Michael Naumann über sein Buch „Glück gehabt“

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