Das Sonntagsgespräch Peter Graf: „Vielleicht waren die selbstgesteckten Umsatzziele zu optimistisch“

Peter Graf verlässt zum Jahresende den Metrolit-Verlag [mehr…]. Die Gesellschafter, so hieß es in der Pressemeldung, haben sich entschlossen, für das Frühjahr 2016 kein neues Programm anzukündigen und den Verlag zu einem späteren Zeitpunkt neu zu positionieren.

Graf gibt seine gemeinsam mit Anais Walde gehaltenen Anteile am Unternehmen ab und erwirbt die Markenrechte an dem Verlag Walde + Graf zurück.

Wieso der plötzliche Entschluss, den Verlag zu verlassen?

Peter Graf
© Nils Kahlefendt

Peter Graf: Ich bin sehr überzeugt von dem, was wir hier in den letzten drei Jahren geleistet und aufgebaut haben. Ich sah uns auf einem guten Weg, auch wenn die Zahlen in der Tat nicht zufriedenstellend sind. Wir wussten in vielerlei Hinsicht zu überzeugen, unser Programm hat in kürzester Zeit eine Resonanz und Wertschätzung erreicht, die durchaus ungewöhnlich ist. Nicht nur in der Rezeption, auch was den Verkaufserfolg und das nationale und internationale Lizenzgeschäft einzelner Titel angeht.

Aber letztendlich konnte ich mich in der Runde der Gesellschafter mit meiner Position, dem Verlag noch mehr Zeit einzuräumen, nicht durchsetzen. Meine Einschätzungen wurden diesbezüglich nicht geteilt. Und ohne Frühjahrsprogramm fehlt natürlich die Grundlage weiterzuarbeiten. Deshalb höre ich auf. Dass ich auch meine Anteile am Unternehmen abgebe und mit Anais Walde die Markenrechte an WALDE + GRAF zurück erwerbe, hängt damit zusammen.

Ich wünsche den übrigen Gesellschaftern eine gute Hand und den Willen, den Verlag neu zu positionieren und auf das Erreichte so aufzubauen, dass das, was die Marke auszeichnet, erhalten bleibt, aber ich habe da auch meine Zweifel. Der Verlag ist doch aufs Engste mit dem Wissen und der Leidenschaft derer verknüpft, die ihn ausgestaltet haben. So was lässt sich nicht einfach ersetzen. Aber vielleicht gelingt es ja dennoch. Das würde mich freuen.

Metrolit sei erfolgreich gewesen, hieß es in der Presseerklärung, habe aber nicht die Umsätze erbracht, die man sich erhofft hat. Was heißt in diesem Zusammenhang: Der Verlag pausiert?

Der Verlag ist jung, und nach nur einem Jahr wurden zwei Programmmacher entlassen und das Programm von den ursprünglich geplanten 35-40 Titeln auf einen Verlag runtergebrochen, der mit kleinem Team und 16 Titeln im Jahr Erfolg haben sollte.

Wie kann das gehen? Es geht mit einer Programmarbeit, die nicht auf den Lucky Punch setzt, sondern bei der man Autorinnen und Autoren an den Verlag heranführt und mit ihnen kontinuierlich arbeitet, um mittelfristig auch kommerziell erfolgreich sein zu können. Man entwickelt, im Sachbuch beispielsweise, selbst Buchkonzepte und kauft bei der internationalen Gegenwartsliteratur Lizenzen ein, die Potential haben, aber dem eigenen Budget angemessen sind. Herauskommen sind dabei zunächst Bücher, die, wenn sie inhaltlich überzeugen, dennoch beratungsintensiv sind. Wenig erklärt sich von selbst und selbst bei glücklicher Hand braucht man Geduld.

Insofern waren die selbstgesteckten Umsatzziele vielleicht zu optimistisch, auf längere Sicht ist dieser Weg aber der richtige und eigentlich alternativlos, will man den eigenen Ansprüchen gerecht werden. Und in dieser Phase muss man auf die mittleren Erfolge aufsetzen und sich den zukünftigen Bestseller Stück für Stück erarbeiten.

Aber es gab doch einige Bestseller…

Denn zweifellos ist es so, die Erfahrung haben wir gemacht, auch vom Vertrieb und dem Buchhandel als sehr gut verkäuflich eingestufte Titel, erreichen in einem jungen und vergleichsweise kleinen Verlag nicht annähernd die Verkaufszahlen, die das tatsächliche Potential widerspiegeln. Es gab Titel, für die wir selbst von großen und etablierten Verlagen beneidet wurden und wo wir die Taschenbuchrechte für einen hohen fünfstelligen Betrag verkaufen konnten, aber die eigenen Buchverkäufe unserer Erstausgabe konnten die Erwartungen dann nur bedingt erfüllen, jedenfalls nicht so, dass sie schon in der Lage wären, das gesamte Programm und die Verlagskosten zu decken. Uns ist es jedenfalls nicht gelungen, in der gegebenen Zeit die ökonomischen Vorgaben zu erreichen. Von daher ist es durchaus konsequent, zu pausieren und gegebenenfalls neu anzusetzen. Wie das geschehen wird und soll liegt allerdings nicht mehr in meiner Verantwortung. Das müssen andere beantworten.

Was wird mit den Mitarbeitern von Metrolit?

Die Mitarbeiter von Metrolit werden den Verlag zum Jahresende verlassen. Lars Birken-Bertsch widmet sich dann vollumfänglich Marketingaufgaben innerhalb der Aufbaugruppe. Er hat auch im zurückliegenden Jahr nur noch einen geringen Teil seiner Arbeitskraft für den Verlag einsetzen können, gleichwohl ist er ein wichtiger Bestandteil des Teams geblieben. Er hat großen Anteil an dem bis anhin erreichten. So wie alle. Es waren, um es in einem Satz zu sagen, fantastische Mitarbeiter; ein tolles Team.

Die Presseerklärung liest sich so, als seien Sie nicht im Streit auseinander gegangen?

Wir sind nicht im Streit auseinander gegangen. Das Miteinander war immer von Respekt, Verlässlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung bestimmt. Nur die Einschätzung des Erreichten und was das für die Zukunft bedeutet, wurde am Ende unterschiedlich bewertet. Und das hat dann folgerichtig die jetzigen Konsequenzen. Alle haben sich den Erfolg gewünscht und wir, die Autorinnen und Autoren, mein Team und ich, haben, um es pathetisch zu sagen, bis zur Erschöpfung dafür gearbeitet. Am Ende hat es, zumindest aus jetziger Sicht, dann doch nicht gereicht. Das macht mich traurig, aber ich habe die Gewissheit, dass jeder etwas mitnimmt, auf das sich aufbauen lässt.

Sie haben die Markenrechte an Ihrem ehemaligen Verlag Walde + Graf zurückgekauft. Was haben Sie da jetzt vor?

Es ist zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, um sicher sagen zu können, was ich in näherer Zukunft tun werde. WALDE + GRAF ist aber unbestritten eine tolle Marke, die ja nicht aufgehört hat zu existieren. Viele der bei Metrolit erschienenen Titel sind unter dem Label „WALDE + Graf bei Metrolit“ erschienen. Meine Programmideen als Verleger weiterzuentwickeln, ist deshalb natürlich ein mögliches und lohnendes Ziel, aber das geht nicht alleine und nicht aus dem Stand. Ich werde in Ruhe eruieren was sinn- und reizvoll ist und das ein oder andere Angebot, das an mich herangetragen wird, prüfen.
Unabhängigkeit muss man sich ja auch leisten können, und darum ist das momentan eine von mehreren Optionen.

Die Fragen stellte Ulrich Faure.

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