Eine gelungene Premiere. Zum ersten Mal hatten die Ullstein Buchverlage gestern Abend zu einer Preview auf das neue Programm geladen. Angekündigt waren Gespräche mit Nikola Roßbach, Christian Berkel und Lukas Rietzschel, deren neue Bücher im Herbst erscheinen. Verleger Gunnar Cynybulk, der vor einem knappen Dreivierteljahr von Aufbau zu Ullstein gekommen war, freute sich über die große Resonanz. Weit mehr als 200 Kultur- und Medienschaffende standen auf der Gästeliste, darunter Autoren des Hauses, Übersetzer, Agenten und zahlreiche Buchhändlerinnen und Buchhändler.
Da das Verlagshaus an der Friedrichstraße gerade umgebaut wird (Cynybulk: „Bei uns wird alles heller und schöner – auch die Programme.“), fand die Veranstaltung im benachbarten Clärchens Ballhaus statt. Der Spiegelsaal bot mit seiner imposanten Stuckdecke und den antiken Spiegeln eine schöne Kulisse für die Kostproben aus dem Herbstprogramm.
Der Schauspieler Christian Berkel machte neugierig auf seinen Roman Der Apfelbaum, der Mitte Oktober erscheint. Der autofiktionale Text erzählt eine Familiengeschichte über mehrere Generationen und führt die Leser nach Frankreich, Argentinien, Russland, Leipzig und Berlin. Die Geschichte seiner Familie habe ihn nie losgelassen, erzählte der Schauspieler mit jüdischen Wurzeln. Seine Mutter war 1938 nach Frankreich emigriert, sein Vater kehrte erst fünf Jahre nach Kriegsende aus russischer Gefangenschaft zurück. Der Apfelbaum erzähle auch eine schöne Liebesgeschichte von zwei großartigen Menschen, so Cynybulk.
Im Gespräch mit Julika Jänicke, der Verlagsleiterin Sachbuch, stellte Nikola Roßbach Achtung Zensur! Über Meinungsfreiheit und ihre Grenzen vor. Die Kasseler Professorin für Neuere deutsche Literatur hat das Kunstprojekts Parthenon of Books von Marta Minujín bei der letzten documenta wissenschaftlich begleitet. Die Installation, die aus verbotenen Büchern aus aller Welt bestand, habe sie inspiriert, sich verstärkt auf das Thema Zensur zu konzentrieren, so Nikola Roßbach. Ein ebenso spannendes wie hoch aktuelles Thema.
Viel Applaus bekam Lukas Rietzschel für einen Auszug aus seinem Debütroman Mit der Faust in die Welt schlagen. Und nicht nur das Publikum war begeistert. Für das Manuskript wurde Rietzschel bereits mit dem Retzhof-Preis für junge Literatur ausgezeichnet. Der Autor, der 1994 in Räckelwitz/Sachsen geboren wurde, führt die Leser in die sächsische Provinz. Er erzählt von zwei Brüdern, die in der Lausitz aufwachsen und thematisiert die politische und gesellschaftliche Entwicklung von der Jahrtausendwende bis ins Jahr 2015. Er habe beim Lesen an Durs Grünbein, Wolfgang Hilbig und Ingo Schulze denken müssen, so Cynybulk: „Der Roman hat mich nicht nur politisch, sondern auch ästhetisch überzeugt.“ Rietzschel lebt heute in Görlitz, wo er das Literaturhaus in der Alten Synagoge mit aufbaut, um einen Ort der Begegnung und Diskussion zu schaffen. „Kunst ist Verteidigung der Freiheit“, betonte er.
Bevor die Gäste an diesem warmen Sommerabend im Garten des Ballhauses ins Gespräch kamen, hob Cynybulk weitere Höhepunkte des Herbstprogramms hervor. Unter anderem wird es am 30. August im Literaturhaus Berlin ein Fest für Wolf Wondratschek geben. Anlass ist der 75. Geburtstag des Autors am 14. August und das Erscheinen seines neuen Romans Selbstbild mit russischem Klavier. Ullstein wird das Gesamtwerk des Autors neu auflegen. Zum Auftakt erscheinen 13 Gedichtbände.
ml