Heute wird Stephan Joß fünfundsechzig Jahre alt. Ihm gratuliert Herbert Ohrlinger,seit 1996 Programm- und Verlagsleiter des Paul Zsolnay Verlags in Wien:
Leicht und schwer zugleich ist es, Stephan Joß einen Geburtstagsstrauß zu binden. Zum einen darf, ja muss man sich den kaufmännischen Geschäftsführer des Deutschen Taschenbuch Verlags als glücklichen Menschen vorstellen: Wer vermag von sich schon zu behaupten, das beste Ergebnis in der mehr als sechzigjährigen Verlagsgeschichte gleich im ersten vollen Geschäftsjahr eingefahren zu haben, noch dazu, wenn man zuerst lediglich als Troubleshooter aus einer Rekonvaleszenz geholt wurde, einer Rekonvaleszenz freilich, die nicht zuletzt auf die Mühen unseres Gewerbes zurückgegangen sein dürfte?
Gewiss, Stephan Joß wusste als langjähriger Geschäftsführer von Hanser und damit Gesellschaftervertreter von dtv, was ihn erwartet, doch liegt zwischen der Funktion des Aufsehers und derjenigen des operativen Lenkers ein weites, holpriges Feld, auf dessen Wegen und Umwegen man sich erst einmal zurechtfinden muss, zumal in krisenschwerer Zeit.
Verlassen konnte er sich dabei auf seine Erfahrungen, die er beim Medizinfachverlag Urban und Schwarzenberg und anschließend über zwei Jahrzehnte bei Hanser gemacht hatte und wo er es in der Hauptsache mit den einschneidenden Umwälzungen auf dem Gebiet des Fachverlages und der Fachzeitschriften zu tun bekam. Es wäre jedoch entschieden zu kurz gegriffen, den studierten Wirtschaftswissenschafter zwischen die notorischen Soll- und Istzahlen des Kaufmanns einordnen zu wollen, zwischen Excel Tabellen und Inventurlisten. Nein, Stephan Joß war und ist ein begeisterter Leser von Literatur jeglicher Provenienz, der von sich aus das Gespräch mit den unterschiedlichen Schriftstellerinnen und Schriftstellern genauso suchte wie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der auch das Wort ergriff bei bisweilen zähen Vertretersitzungen der Literaturverlage, Michael Krüger und später Jo Lendle bei kniffligen Vertragsverhandlungen mit oft maßlosen Agenten unterstützte und zu allen Zeiten ein offenes Ohr für die Belange von Zsolnay hatte.
Für dtv ist Stephan Joß ein Glücksfall, für unsere Branche ein Beispiel an Gestaltungswillen und intellektueller Regsamkeit. Zwinge mir kein Kissen unters Gesäß, wenn ich lieber hart sitze. Dieser Satz wird Anaxias zugeschrieben, einem Zeitgenossen von Sokrates, er kann auch für Stephan Joß gelten.
Herbert Ohrlinger
Kontakt: joss.stephan@dtv.de
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