Peter Prange über seinen großen UFA-Roman "Der Traumpalast" „In der Geschichte der Ufa bündelt sich die gesellschaftliche und politische Entwicklung der Roaring Twenties wie unter einem Brennglas“

Am 26. Oktober, also in knapp einer Woche, kommt der zweite Band von Peter Pranges „Der Traumpalast“ in den Handel. Wie kommt die Idee bei den Lesern an, einen Roman wieder auf zwei Bände zu konzipieren? Auch das war wieder Anlass für unser heutiges Gespräch mit dem Bestseller-Autor:

Peter Prange  „Ich bleibe ganz klar Romanautor. Meine einzige Erfahrung als Drehbuchautor in den 90er Jahren war eine  Katastrophe“

Peter, das ist ja immer meine Eingangsfrage: Warum geht es eigentlich in Deinem neuen Roman  Der Traumpalast?

Peter Prange: Das sind drei Geschichten in einem. Erstens die ganz und gar außergewöhnliche Liebesgeschichte von Rahel und Tino, zweitens die Geschichte der Ufa, der legendären Berliner Traumfabrik, die Hollywood Paroli bot, und drittens die Geschichte der 20er Jahre, die eine Art Versuchslabor für das ganze 20. Jahrhundert waren.

Was war für Dich der Antrieb, diese Geschichte zu schreiben?

Am Anfang stand eine einfache Frage: Wie konnte in einer Kulturnation wie Deutschland ein Barbar wie Hitler an die Macht gelangen? Leider hatte ich keine Ahnung, wie ich dieser Frage in einem Roman nachspüren konnte. Bis mir mein allererster Roman auf die Sprünge half.

Das war Das Bernstein-Amulett“ und dürfte trotz der aktuellen Erfolge Deiner TV – Verfilmungen Dein bekanntestes Buch sein.

Und das bislang erfolgreichste. Von meinem Bernstein-Amulett wurden im Laufe von 23 Jahren bis heute, alle Ausgaben und Auflagen zusammengerechnet, über eine Millionen Exemplare verkauft. Das Bernstein-Amulett beginnt mit einer Hochzeit, und die Eltern des Bräutigams sind eine ehemalige Ufa-Schauspielerin und ein ehemaliger Finanz- und Lebemann.

In der Verfilmung waren das damals Nadja Tiller und Walter Giller, nicht wahr?

Richtig. Als ich mich daran erinnerte, fiel bei mir der Groschen. Die beiden haben sich doch in den 20er Jahren kennen- und lieben gelernt! Damit hatte ich mein zentrales Liebespaar. Ihre Geschichte, so meine Hoffnung, würde mir den Weg durch das Labyrinth dieser aufregenden Epoche weisen. Und sie haben mich nicht enttäuscht. So bin ich auf die Geschichte der Ufa gekommen – ein Glücksfall!

Was an der Ufa-Geschichte ist denn so spannend?

Zwei Dinge. Erstens: Mit der Geschichte der Ufa erleben wir die Entstehung einer völlig neuen Kunstform. Das ist einmalig in der Menschheitsgeschichte. Die Anfänge aller anderen Künste wie Literatur, Musik oder Malerei verlieren sich im Dunkel der Vor- und Frühgeschichte. Ganz anders beim Film. Hier erleben wir eine Entwicklung von den allerersten Anfängen als Kirmes-Groschenvergnügen bis hin zur alles dominierenden Kunstform des 20. Jahrhunderts, mit solchen Meisterwerken wie „Dr. Caligari“, „Metropolis“ oder „Der Blaue Engel“ in nur einem Jahrzehnt.

Und zweitens?

„Hier erleben wir die Entwicklung einer Kunstform von den allerersten Anfängen als Kirmes-Groschenvergnügen bis hin zur alles dominierenden Kunstform des 20. Jahrhunderts, mit solchen Meisterwerken wie „Dr. Caligari“, „Metropolis“ oder „Der Blaue Engel“ in nur einem Jahrzehnt.“ Mehr zum neuen Band durch Klick auf Cover

In der Geschichte der Ufa bündelt sich die gesellschaftliche und politische Entwicklung der Roaring Twenties wie unter einem Brennglas. Nach dem Ende des Kaiserreichs 1918 brach sich ein neues Lebensgefühl Bahn: Freiheit – in der Politik, in der Kunst und in der Liebe. Doch keine fünfzehn Jahre später, 1933, endete dieser Freiheitsrausch in der kollektiven Selbstentmündigung des deutschen Volks mit Hitlers Wahl zum Kanzler. Das alles erleben wir in der Firmengeschichte der Ufa, verknüpft mit der Liebesgeschichte von Rahel und Tino. Während sie als Filmschauspielerin Triumphe feiert, treibt er als Finanzdirektor den kometenhaften Aufstieg der Traumfabrik voran – bis zur Übernahme der Ufa durch einen rechtsextremen Medienmogul und der Umwandlung des Unternehmens in eine Propagandamaschine der Nazis.

Der heutige Ufa-Chef Nico Hofmann will den Traumpalast als große Event-Serie verfilmen. Das wäre bereits die dritte Verfilmung eines Prange-Stoffs nach dem „Bernstein-Amulett“ und „Unsere wunderbaren Jahre“, von denen gerade die zweite Staffel produziert wird. Siehst Du Dich jetzt eher als Film- oder als Romanautor?

Ich bleibe ganz klar Romanautor. Meine einzige Erfahrung als Drehbuchautor in den 90er Jahren war eine solche Katastrophe, dass ich mir geschworen habe: „Nie wieder!“ Als Romanautor schreibt man weitgehend autonom, während man beim Film nur Zulieferer ist und am Ende seine eigene Geschichte nicht mehr wiedererkennt. Umso schöner aber, wenn dann ein Roman verfilmt wird und ich dann auch noch mitspielen darf. Am Set ist es immer ein bisschen so, als würde ich durch meine eigenen Träume spazieren.

Aber ist es nicht schmerzlich für einen Autor, wenn die Verfilmungen bekannter sind als er selbst und seine Romane?

Nein, es ist mir sogar sehr recht, wenn ich als Autor hinter meinen Geschichten verschwinde, denn um die geht es doch, nicht um mich. Und ganz unerfolgreich waren die Romane ja auch nicht.

Dein Roman „Eine Familie in Deutschland“, der die Geschichte der deutschen Jahrhundert-Katastrophe vom ersten bis zum letzten Tag des Nazi-Regimes erzählt, erschien schon  in zwei Bänden. Und auch „Der Traumpalast“ kommt wieder als Zweiteiler heraus. Warum?

Auch Peter Pranges Roman „Eine Familie in Deutschland“ erschien schon in zwei Bänden – und da er nicht nur die Geschichte der deutschen Jahrhundert-Katastrophe erzählt sondern auch die Hintergründe der Idee zum Volkswagen, gibt es dazu jetzt ein passendes Display

Mein literarisches Credo lautet in einem Satz: Komplexe Geschichten einfach erzählen, ohne simpel zu sein. Wenn man versucht, mit den Mitteln eines Romans so komplexen historischen Epochen wie   der Nazi-Zeit oder den 20er Jahren nachzuspüren, geht das nicht auf ein paar hundert Seiten, da muss man sowohl mehr in die Tiefe als auch in die Breite gehen. Vor allem, wenn man dabei die Leserinnen und Leser auch noch möglichst gut und spannend unterhalten will.

Hat Dein Verlag da eigentlich gleich mitgespielt?

Am Anfang bestand durchaus die Sorge, dass der zweite Band sich schlechter verkauft als der erste. Aber das Gegenteil ist der Fall. Schon bei „Eine Familie in Deutschland“ hat sich der erste Band als der beste Verkäufer für Band 2 erwiesen. Darum kommt das Taschenbuch von Band 1 des „Traumpalasts“ – übrigens in attraktiver Klappenbroschur – zeitgleich mit dem HC Band 2 heraus. Das heißt für den Handel: Je mehr er vom TB Bd. 1 verkauft, umso stärker werden im Weihnachtsgeschäft die Verkäufe des HC Bd. 2 sein. Der Buchhandel hat den Erfolg also ein Stückweit selbst in der Hand.

Kann man Band 2 auch ohne Kenntnis von Band 1 lesen?

Peter Prange und seine zwei Traumpalast – Bände heute am S. Fischer Messetand: „Das größere und intensivere Leseerlebnis bereitet natürlich die Lektüre beider Bände“

Ja. Ich habe versucht, den zweiten Band so zu schreiben, dass auch ein Erstleser ohne Mühe in die Geschichte hineinfinden kann. Laut Auskunft einiger Testleser scheint das geklappt zu haben. Aber das größere und intensivere Leseerlebnis bereitet natürlich die Lektüre beider Bände.

Welchen Leserinnen und Lesern kann der Handel den Roman besonders empfehlen?

Es gibt mindestens drei Zielgruppen. Erstens: Wer gern Liebesgeschichten liest, wird diesen Roman lieben – darauf lassen die Rückmeldungen auf den ersten Teil zumindest schließen. Zweitens ist der Roman etwas für jeden Filmliebhaber – schließlich erzählt er, wie die größten Meisterwerke der damaligen Zeit, und diese Entstehungsgeschichten waren oft der Regel selbst filmreif. Drittens wendet sich der Roman an alle historisch interessierten Leserinnen und Leser – Glanz und Elend der 20er Jahre, historisch fundiert und hochemotional.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz


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