Und da bin ich wieder. Noch. Der Messe-Mayer 1 von 6 – DIENSTAG: Präjustierungs-Cappuccino

 

Liebe Freunde,

hier meldet sich einmal mehr Ihr lieblingsnutzlosester Journalist dieser Buchmesse, also ich. Vor fast 60 Jahren erfand Christian von Zittwitz zuerst dieses Magazin, und dann 30 Jahre später mich. Nun ist er schon ein Jahr tot, und Deutschlands Buchbranchenmagazin Nummer Eins atmet auch nur noch drei Monate.

Das wird also eine traurige Messe.

 

Da, John Diekmanns Vermächtnisaufkleber fällt auch auseinander.

 

Allerdings ist auch eine traurige Messe immer noch eine fröhliche Messe, aber das versteht nur, wer schon mal hier war. Verstehen Sie mich nicht miss: Ich will hier nicht mit schlechter Stimmung einsteigen, aber ich weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, von welchem Piratensender aus der nächste Messe-Mayer kommt. (Haha, ein Piratensender, das würde mir gefallen.) (Und Christian von Zittwitz auch.)

Umso mehr werde ich auf dieser Messe meinen Spaß haben, so wenig wie möglich Einsatz zeigen und so viel wie möglich essen und trinken und herumsitzen und dankbar sein, dass ich hier sein darf. Zufällig war das auch meine Stellenbeschreibung damals bei BuchMarkt.

Und jetzt reißen Sie sich gefälligst zusammen, verdammt nochmal, denn es ist Buchmesse.

Die Buchmesse geht mit gutem Beispiel voran:

 

Eine neue Marmorfliese! Wenn die wüsste, was ihr alles bevorsteht.

 

Und das werden wir also auch tun. Wir, das sind wie letztes Jahr die beste Messepraktikantin ever, Jule Wenzel, und ich. Nein, Jules Praktikum dauert kein Jahr, aber Sie wissen ja, wie das ist: Einmal Messe, immer Messe.

 

Beachten Sie auch die paulchenpantherförmige Fotobombe auf der Nachbarbank.

 

(Ich weiß es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, aber auch das letzte Foto dieser Woche wird Paulchen Panther abbilden.)

 

(Nur zur Erinnerung: Jule Wenzel war es letztes Jahr gelungen, dem schwerst abgeschirmten Otto Waalkes im VIP-Flur aufzulauern und ein Foto zu ergattern!)

 

Nochmals Danke an Penguin Random House für die Beihilfe

 

Aber bei Thomas Gottschalk werden wir uns nicht so eine Mühe geben, keine Sorge.

 

Der Herrentoilettenspiegel stellt mir wieder komische Fragen:

 

Challenge accepted.

 

 

 

So, wollen wir?

Eröffnungspressekonferenz

 

Buchmessedirektor Juergen Boos, Verbandsvorsitzende Karin Schwer-zu-buchstabierender-Nachname-Friderichs und Autorin Elif  Shafak  eröffneten in ihren Reden diese Buchmesse, während draußen Laubbläser und Gabelstaplerfahrer Grey Noise produzierten; ein Ausdruck, den ich schon lange mal benutzen wollte.

Pressechef Dr. Torsten Casimir spricht das deutsche Wort Frankfurt und das französische Wort Pavillon immer noch beides so englisch wie möglich aus. Hier versucht er, die Journalisten zu bändigen.

Versucht.

 

Juergen Boos  erklärte uns endlich, was New Adult bedeutet, aber ich konnte gar nicht gut zuhören, weil mich sein Wasserglas so abgelenkt hat.

 

Und nicht etwa seine Brille.

 

Er meinte nämlich zu Anfang seiner Rede, dass er total der Wasserglasumschmeißer sei und sein Wasserglas deshalb lieber woanders hinstellen wolle.

Und das ist der beste Platz, der ihm eingefallen ist.

 

Und so werde ich nie erfahren, was New Adult ist.

Verbandsvorsteherin Karin Dings-

ohne -ie, aber mit Binnen-e und -dt am Ende, IST DENN DAS SO SCHWER?

 

Verbandsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs findet klare und harte Worte darüber, dass Grundschüler nicht lesen können, während der Staat Kultur-Etats zusammenstreicht; darüber, dass K.I. auf dem größten Datenklau der Geschichte basiere und dass der Buchhandel unter der Last unserer preußischen Bürokratie und Dokumentationspflicht zusammenbricht.

Wir applaudieren bei jedem dieser Punkte lautstark; und ich bedaure, dass dies ihr letztes Amtsjahr ist.

Gib’s ihnen, KSF!

 

(Nicht zu verwechseln mit der berühmten Sketch-Reihe von RTL Samstag Nacht.)

 

Die Tradition der internationalen Gastrede erfüllt dieses Jahr die türkische Autorin Elif Shafak. In einer bewegenden Rede macht sie klar, wieso alle Ungerechtigkeit vernetzt ist (Wasserknappheit = längere Wege beim Wasserholen = Zunahme von Genderverbechen) und wie Nichtwissen als Ausgangspunkt von Neugierde und Schöpfung verloren geht im Zeitalter allerschnellster und beliebigster Second-Hand-Informationen.

 

Und das war eine tolle Rede.

 

Da wird man auf ihr Buch neugierig, das ein ganzes Zeitalter anhand eines Wassertropfens beschreibt.

 

Lesen Sie es mal an.

 

Hier habe ich noch zweimal direkten Blickkontakt auf der Linse:

links ist der Mann, der Journalist*innen nach der Presskonferenz keine Snacks anbietet

 

(Beispielfoto Leipziger Pressebuffet)

 

Nun bin ich aber doch hungrig und durstig, und da mache ich mir eigentlich große Hoffnungen auf den Gastlandpavillon Italiens!

 

Gastlandpavillon

Italien ist ein Messegastland mit einer reichen, klassischen Kultur und einer tiefen Geschichte. Die werden sicher einen Espresso für mich haben.

 

Haben sie nicht.

 

Ich meine, bitte verstehen Sie mich nicht miss: Das ist ein verdammt beeindruckender, klassizistischer Pavillon. Sternendecke, prächtige Säulen, das ganze Programm! Zuletzt habe ich beim Betreten eines Gastlandpavillons so gestaunt, als Neuseeland 2012 Wasserfälle installiert hatte.

 

Vielleicht gibt es Kaffee in diesen Séparées hinter den Säulen?

 

Nein, gibt es nicht.

 

Kein Kaffee, aber gleich einen echten Steinway auf der Bühne. Naja, immerhin kann ich jetzt sagen, dass ich auf einem echten Steinway gespielt habe.

 

Und zwar das zweigestrichene E, eine der schwersten Noten!

 

Ob da oben irgendwo Kaffee ist?

 

Na gut, schluss jetzt mit dem Jux. Wer einen Kaffee will, hebt einfach die Hand.

 

Count me in! Ci sto!

 

Wie immer gilt in dieser Rubrik – und dieses Jahr mehr denn je! -, dass Fotos diesem Raumeindruck nicht gerecht werden. Gehen Sie ins Forum, besuchen Sie den Pavillon. Es gibt dort auch Kaffee.

Nur noch nicht heute.

 

Hallen & Leute

So, damit endlich Ruhe ist.

Und schauen Sie nur, Daniela Kiauk-Ebeling, ich habe Ihre Krawatte an!

 

Das gastronomische Angebot ist am Messedienstag noch beschränkt, aber einen überteuerten accente-Cappuccino und ein ordentliches Falafel konnte ich mir zunächst sichern.

 

Italienisches Nationalgericht: Polpette di ceci

 

Auch anderswo macht man endlich mal Pause, denn der Aufbautag ist vorwiegend Schufterei.

Frühstückstafel bei Beltz: Ich bekomme Tomätchen und Trauben ab!

 

Coppenrath: Prinzessin Lillifee und Hase Felix atmen mal durch

 

 

In einer preisgebundenen Branche ist Unterscheidbarkeit im Sortiment unerlässlich:

Auf jeden Fall zu schade zum Anzünden: (Romanowski Design, 3.0 H 21)

 

Kiepenheuer & Witsch hat sich einen neuen, offenen, lichten Stand gegönnt:

Quasi Lübbe ohne Dach, aber die Beschriftung finde ich edel

 

Und wo Kiepenheuer ist, ist Mirjam Mustonen nicht weit:

Von uns beiden ist einfach jedes Foto super.

 

Das allerschärfste bei KiWi ist das Echtebüchersofa!

Also ein Sofa aus echten Büchern!

 

 

So sitzt es sich also auf Volker Weidermann!

 

Und hier noch ein demonstratives Beweisfoto, dass das Ding funktioniert:

 

Das Huppelige fühlt sich sogar seltsam angenehm an.

 

Das wäre dann also die Buchrückenrückenmassage.

 

Jetzt fällt’s mir erst auf:

Eigentlich haben wir viel zu wenig diverse Verlage hier.

 

 

Awkward Foto des Tages mit einer Literaturagentin:

Ich halte die Henkel von Dr. Paula Perettis Gepäck affektiert in die Luft und gucke wie ein Zweier im Lotto

 

Da wir uns zeitlich dem Fassbier nähern, steigt die Frequenz lieber Menschen, die man trifft und zu weiteren Unterbrechungen zwingen kann.

 

Michael Geißler, Suhrkamp, die Jule und ich, BuchMarkt

 

Container, Schutt und Gegenlicht: Kerstin Wiedemann bei Edition Michael Fischer

 

 

 

Uli Deurer bei Folio und meine beste Uli-Deurer-Imitation

 

 

Jörg Sundermeier vom Verbrecherverlag und Maren Ongsiek vom Börsenverein

 

Schauen Sie nur, wie nebensächlich ich die allerbeste und liebwerteste Maren Ongsiek hier erwähne, als wären wir uns nicht um den Hals gefallen, wie es sich zweimal im Jahr gehört.

Dies nächste Foto spricht eher Zeugnis von der Innigkeit auf dieser Messe:

Hier gesellt sich noch Julia Graff vom Hädeckeverlag zu uns: Alles Weggefährt*innen.

 

Von Julia Graff erfahre ich auch, dass es endlich und zum ersten Mal Papierhüllen für die Eintrittskarten gibt:

Dann können wir ja vielleicht endlich wieder zu Plastikstrohhalmen zurückkehren!

 

Bei S. Fischer habe ich Standdienst mit Theresa Schenkel!

Thekendienst ist das Bootcamp unter den Standdiensten

 

Und Niklas ist das Bootcamp unter den Praktikanten:

Pappe, Dein Ende heißt Niklas

 

Übrigens, falls Sie einen Nawalny klauen wollen: Da ist in Wahrheit ein Fantasyroman drin, weil die Bücher selbst noch nicht gedruckt sind.

Es lohnt sich also!

 

Ich genoss vor Ort noch einen Cappuccino aus einer echten Jura und hatte das seltene Glück, einen viel zu starken zu erwischen, bevor die Maschine justiert wurde.

 

Seltene Delikatesse: Präjustierungskaffee in Tasse mit veraltetem Verlagslogo

 

Aber nun genug der Kaffeeköstlichkeiten, ab 17.00 Uhr heißt das Messegetränk Bier.

 

Fassbieranstich

In BuchMarkt-Zeiten gab es immer einen Altbieranstich, aber da BuchMarkt im Kern nur noch ein Schreibtisch in Heidelberg ist anstatt einer Redaktion in Düsseldorf, wird mittlerweile auch Pils angeboten, und der Altbieranstich heißt nun Twix.

Äh, Fassbieranstich.

Um schnell zu meinem Bier zu kommen, fotografiere ich ab jetzt nur noch paarweise. Bitte jeder rasch einen Partner finden:

 

Bodo Horn-Rumold (Baumhaus) und Ralf Tornow (Klett-Cotta)

 

 

Michael Geißler verschüttet gleich, (Suhrkamp), und Jochen Große Entrup (Gmeiner)

 

eBuch-Gründer Lorenz Borsche und Verbandsjustiziar und Hobbymakaberist Dr. Christian Sprang, kann nicht ohne Teleprompter

 

Marcel Ramirez und Gregory Zäch als Abordnung der Schweiz

 

 

Der Messe (Mayer) und Claudia Holzer (Usborn)

 

Frau Holzer und Usborn haben mehr für dieses Format getan, als hier Platz findet, aber es ist gut und gern um die 0,8 Ongsiek. Nochmals meinen Dank und meine Grüße. Ich schaue die Tage mal vorbei!

 

Hier haben welche meine gewünschten Zweierformationen durchbrochen, das muss ich erst entwirren: Links verdeckt Julia Graff ihre Schwester Simone (Hädecke), hinten stehen Sohn und Mutter Max und Maren Ongsiek. Dann steht da der Grund, warum ich nicht mehr der schönste Bart auf der Messe bin, Oliver Lange von Diogenes, also noch mehr Schweizer. Und ganz rechts nochmal als Hitchcock-Auftritt Jule Wenzel, im Moment etwa bei 0,6 Ongsiek und steigend.

Überhaupt in Ongsiekeinheiten umgerechnet zu werden ist bereits Ritterschlag.

 

Und nochmal zum Hädecke-Verlag:

Gedächtnisbrezel zur Erinnerung an legendäre Zeiten

 

Als der Altbieranstich noch nicht Twix hieß, gab es immer ofenfrische Brezeln, die Hädecke spendieren durfte. The Times, they are a-changing.

 

Und hier noch das Dalli-Klick der innigsten Messe-Umarmung. Wen drückt Maren Ongsiek hier?

Und vor allem: wer sie?

 

Und wen drücke ich hier?

Und vor allem: wer mich?

 

Das ist natürlich Azulejos Hotzenplotz!

Oder, wie wir Portugiesinnen auch sagen, der Ehlings Holger.

 

Und weil diese uralte Messefreundschaft seit Stunde Null nicht getoppt werden kann, beschließe ich hiermit meinen Tag.

 

Zum Geleit

Nur damit das vom Tisch ist:

DAS IST KEIN ASCHENBECHER!

 

 

Und das war der Tag der Konferenzen, der Tagungen, der Aufbauten und Umarmungen.

 

Morgen erwartet uns Großes: Dieser Kasten wird enthüllt! Die Messe ist so stolz auf dieses Projekt, dass sie seit Wochen Newsletter verschicken. Ich bin so gespannt darauf, was da wohl drin sein mag! (Denn ich lese natürlich keine Newsletter.)

Wehe, es ist am Ende nur ein Wasserhahn.

 

 

Dieses Foto habe ich aus dem Fassbierstapel herausgezogen, um es für den heutigen Schluss aufzuheben. Chefredakteur Jörn Meyer musste leider daheimbleiben, und somit sind das die allerletzten BuchMarkt-Mitarbeiter, die zum letzten Mal zusammen auf einer Buchmesse Dienst haben, also sozusagen ein historisches Foto:

Hanna Schönberg, Franziska Altepost, Susanna Wengeler und ich.

Danke, Christian, dass wir Teil einer großen Sache sein durften.

 

Und das war – weil ich miserabel in Übergängen bin – Tag 1 von 6 einer sehr schönen Buchmesse. Ein einziges Mal in all diesen Jahrzehnten darf ich bitte den heutigen Beitrag in feierliche und wehmütige Klammern setzen.

(Aber ich kriege noch die Kurve, denn es fehlt ja noch der Schluss-Running-Gag!)

Wir sehen uns morgen, und ich wünsche Ihnen einen guten Mittwoch, einen tollen Auftakt und grüße alle Daheimgebliebenen.

Ihr und Euer

Matthias Mayer

herrmayer@hotmail.com

 

 

 

Gastland Italien spezial:
Spiegel-Bestseller-Renaissance-Mash-Up 1 von 6:

Monster, Nele Neuhaus