Buchhandel Auch die Buchhandlung Bücher-Heimat in Bad Harzburg punktet mit Konzept der gemeinnützigen GmbH

Rund 30 Freiwillige unterstützen die einzige Buchhandlung des Ortes ehrenamtlich (Foto: Bücher-Heimat)

 

„Mit Interesse haben wir den Artikel über die Hohenlimburger Buchhandlung gelesen“, schrieb mir die Buchhändlerin Sonja Weber, denn sie arbeite seit 2022 in der Buchhandlung Bücher-Heimat in Bad Harzburg, die ebenfalls als gGmbH gegründet wurde, da es keine Buchhandlung vor Ort mehr gab. Wir haben nachgefragt.

(Foto: Die Bücher-Heimat)

Nachdem die letzte verbliebene Buchhandlung im niedersächischen Kurort Bad Harzburg (ca. 22.000 Einwohner:innen) Insolvenz hatte anmelden müssen und auch die Buchhandlung aus dem nächsten Vorort verschwunden war, bestand für den Bad Harburger Bauherren Dirk Junicke Handlungsbedarf. Er gründete die gemeinnützige GmbH Bücher-Heimat mit einem zinsfreien Darlehen, für das er sich verbürgte, aktivierte Spender:innen und Sponsor:innen, sanierte so das Ladenlokal und sorgte für den Warenbestand zum Start. „Ohne die ausgebildete Buchhändlerin Frau Weber hätte ich das Ganze aber auf keinen Fall gemacht“, erzählt er am Telefon. Auch die Website entstand in einem Kooperationsprojekt aus einer Semesterarbeit von Studierenden heraus.

Über verschiedene Aufrufe in der Zeitung fanden sich schnell rund 30 Ehrenamtliche, die das Team neben Sonja Weber, das aus einer weiteren Teilzeit-Kraft und der Auszubildenen Lena besteht, tatkräftig unterstützen, sodass alle zwei Wochen kostenlose Lesungen angeboten werden können! Für fortlaufende Aufmerksamkeit in der Presse ist außerdem durch eine Kolumne von Sonja Weber gesorgt. Und sogar eine Buch-Übersetzung ist im Kreis der Freiwilligen entstanden. Sie kauften die Lizenz des kanadischen Romans The Willow Wren ein, der bislang noch nicht in Deutschland vorlag und u.a. im Harz spielt, ließen ihn übersetzen und gestalten und veröffentlichten ihn unter dem Titel Der Weg des Zaunkönigs. Und als wäre das nicht genug, organisiert die Bücherheimat regelmäßig auch einen Schreibwettbewerb.

Auch die Auszubildene Lena Scholz schwärmt von ihrem Arbeitgeber: „In meiner Buchhandelsklasse in Hannover erlebt keine:r, was ich hier alles machen darf, von Lesungen über Preisverleihungen, das ist eine einmalige Chance.“

„Kulturell ist die Buchhandlung hier vor Ort nicht mehr wegzudenken“, sagt Junicke stolz, und das ist auch sein Ansatz: „Wir wollen den Ort attraktiv halten und die Geschäfte beleben. Und die Buchhandlung ist auch ein Ort gegen die Einsamkeit, viele kommen auch zum Reden hier her.“ Warum macht Herr Junicke das? „Ich erkenne als Lokalpatriot das Potenzial, das der Ort hat“, sagt er. Darum achtet die 90 Quadratmeter große Buchhandlung in der Haupteinkaufsstraße aber auch darauf, nicht in Konkurrenz zu anderen Geschäften vor Ort zu treten. Kaffee und Ähnliches wird daher hier nicht angeboten.

Aber sogar finanziell funktioniert es: Die eBuch-Buchhandlung ist beim Zentrallager anabel angeschlossen, nutzt den Online-Shop genialokal und setzt im Jahr 350.000 Euro um, mit steigender Tendenz. Davon spendet die gemeinnützige GmbH die Netto-Erlöse an die örtliche Bad-Harzburg-Stiftung, die Menschen unterstützt, die beispielsweise eine neue Brille benötigen und auf Hilfe angewiesen sind.

Inzwischen haben die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2023 den Ehrenamtspreis für Bürgerengagement des Lands Niedersachsen bekommen. Letzten November gab es für das Konzept außerden den Innovationspreis für Integration und Soziales der Wirtschaftsregion Göttingen/Northeim und den Sozialtransferpreis der IHK Braunschweig.

„Wir sehen es auch als Mission, Mut zu machen, unser Modell nachzumachen“, sagt Junicke. „Es gibt viele solcher Orte wie Bad Harzburg und wir glauben an das Buch“.

Hanna Schönberg