Gespräche Thilo Schmid: „Kinder brauchen Geschichten, die zünden“

Thilo Schmid (Foto: Patrick Ludolph)

Der Kinderbuchmarkt ist im konstanten Wandel und wird u.a. digitaler. Wir haben mit Oetinger-Geschäftsführer Thilo Schmid über neue Zielgruppen, Klassikerpflege und die Zukunft des Kinderbuchmarkts gesprochen.

BuchMarkt: Herr Schmid, immer weniger Kinder können richtig lesen – gleichzeitig buhlen Social Media, Games und Streamingdienste um Aufmerksamkeit. Wie behauptet sich ein traditionsreicher Kinderbuchverlag wie Oetinger in diesem Wettbewerb?

Thilo Schmid: Indem wir uns nicht entmutigen lassen, sondern dagegenhalten – mit Haltung, mit Herz und mit guten Ideen. Wir machen Bücher und Produkte, die Kinder nicht lesen müssen, sondern wollen. Lesen muss Spaß machen – das bleibt unser Auftrag.
Gleichzeitig sagen wir aber auch ganz klar: Lesen zu können heißt mitreden zu können. Das ist kein „nice to have“, das ist die Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe – und damit auch eine politische und gesellschaftliche Aufgabe. Lesen ist systemrelevant. Punkt. Wir brauchen eine echte Lesestrategie, die das auch so begreift. Frau Priens Initiativen gehen in die richtige Richtung – aber es braucht mehr Tempo, mehr Geld und mehr Mut.

Was tun Sie konkret, um Kinder und Jugendliche – und vielleicht Erwachsene – für Geschichten zu begeistern?

Wir reagieren nicht nur,wir hören zu und gestalten aktiv. Aktuell zum Beispiel mit neuen Imprints wie Moon Notes, die sich an „New Adult“-Leser:innen richten, oder mit Dressler illustro, das Erwachsenen schöne Momente schenkt. Und wir experimentieren mit neuen Formaten, etwa mit dem Projektor BIMA, der Geschichten multimedial erlebbar macht und in dem wir ähnliches Potential sehen, wie damals bei den Tonies. Außerdem bringen wir Bestsellerautoren wie Carsten Henn oder Markus Heitz ins Kinderbuch und zeigen: gute Geschichten kennen kein Alter. Oetinger bleibt neugierig und nah dran an den Menschen, für die wir erzählen.

2026 feiert Oetinger 80-jähriges Bestehen. Was dürfen wir erwarten? Und wie schafft man es, Klassiker wie Pippi Langstrumpf lebendig zu halten?

Unser Jubiläum steht unter dem Motto: „Mit Oetinger durchs Leben“. Das ist mehr als ein Slogan – das ist unser Versprechen. Seit acht Jahrzehnten begleiten unsere Produkte viele Generationen durchs Leben.. Nach einem grandiosen Jahr 2025, in dem wir mit Abstand die beste Performance im Kinder- und Jugendbuchmarkt hatten, zünden wir 2026 ein Feuerwerk der Geschichten und Aktionen.
Neben vielen neuen Themen, treffen zum Beispiel die Olchis auf das Sams und auch Pippi wird wieder mit dabei sein.

(Grafik: Oetinger)

Die Frankfurter Buchmesse sucht auch nach neuen Wegen zwischen Fach- und Publikumsmesse. Wie sehen Sie die Zukunft der Messe?

Wir investieren als Aussteller Jahr für Jahr sehr viel Herzblut – und auch Geld – in die Messe. Deshalb ist es legitim zu fragen: Was bringt sie uns, was bringt sie unseren Zielgruppen? Und was tut sie, um Vielfalt zu erhalten und niedrigschwelliger zu werden?
Wir wünschen uns, dass sie sich noch stärker an deren Bedürfnissen orientiert und klar Position bezieht: Ist sie Fachmesse, Publikumsevent oder beides? Wir wünschen uns Letzteres. Die Buchmesse sollte der Ort sein, an dem Geschichten ihre Kraft entfalten können – und durch Begegnung Zukunft entsteht.

Die Fragen stellte Hanna Schönberg

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