Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Sibylle Berg meint es ernst“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Ran an die Gebärmutter der menschlichen Erfahrung“: Zehn Jahre hat er daran geschrieben, nun ist der Roman für den Deutschen Buchpreis nominiert: Jan Faktors Trottel ist ein selbstreflexives Schelmenmeisterstück. „2010 war er mit seinem autobiographischen Schelmenroman über eine Jugend im Prag der Nachkriegszeit für den Deutschen Buchpreis nominiert. Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder im Reich des heiligen Hodensackbimbams von Prag war der Titel dieses komischen Werks, das dem literarischen Außenseiter Faktor viel Bewunderung einbrachte. Danach sprengte ein Ereignis das Leben des Au­tors. Sein Sohn nahm sich mit Anfang dreißig das Leben. Trottel ist der zum Scheitern verurteilte Versuch, einen Ausdruck für diesen Verlust zu finden.“

  • Jan Faktor, Trottel. Roman (Kiepenheuer & Witsch)

„Der Assoziations-Generator steht nicht still“: Bevor uns die Sommer historisch wurden: In seinem neuen, klugen Lyrikband Äquidistanz findet Durs Grünbein zu neuer Leichtigkeit. „Gewiss, auch im neuen Band findet man, wenn man es darauf anlegt, banale Erkenntnisse und eher dünne Metaphern (…). Dennoch findet Durs Grünbein in dem klug komponierten, formal von streng gebundenen bis zu freien Prosa-Gedichten reichenden Band zu so etwas wie einer neuen Leichtigkeit, in der sich selbst ein gefundener Einkaufszettel in Lyrik verwandeln kann.“

  • Durs Grünbein, Äquidistanz. Gedichte (Suhrkamp Verlag)

„Fußstapfen eines Verlusts“: Die ruandische Schriftstellerin Scholastique Mukasonga erzählt mit Frau auf bloßen Füßen ihre Familiengeschichte im Schatten des Völkermords in ihrem Heimatland. „La femme aux pieds nus erschien in Frankreich bereits 2008 und ist der zweite Band eines mittlerweile bereits dreiteiligen Memoirenprojekts, das mit den Mitteln von Erinnerung und Sprache die ländliche Lebenswelt ihrer Herkunftsfamilie nachzeichnen will, die der Völkermord zerstört hat.“

  • Scholastique Mukasonga, Frau auf bloßen Füßen (aus dem Französischen von Gudrun und Otto Honke; Peter Hammer Verlag)

„Lies meine Gedanken“: Jennifer Egans Roman über die Melancholie der Jahrtausendwende war ein großes Erzählexperiment. Jetzt kommt die Fortsetzung. „Die trotzige Selbstbehauptung einer Literatur, die sich vor der disruptiven Gewalt des technischen Fortschritts entschieden zurückzieht und es offenbar nicht damit aufnehmen will. Obwohl man das Jennifer Egan doch als Erster zugetraut hätte.“

  • Jennifer Egan, Candy Haus. Roman (aus dem Englischen von Henning Ahrens; S. Fischer)

„Vor dem Ereignis“: Sibylle Berg rettet die Welt, und es scheint tatsächlich zu klappen – Fortsetzung folgt. „Während es in GRM viel zu lachen gab – nicht dass einem wohl dabei gewesen wäre –, geht es in RCE zur Sache. Und Sibylle Berg, bei allem gewieften Kolumnistinnenwitz, bei aller Ironie, bei aller perfekten Integration gesprochener, laxer, verkürzter, hektischer Sprache in eine literarische Sphäre – ähnlich wie in GRM, aber noch ausufernder –, meint es ernst. Wer nicht hören will, muss fühlen.“

  • Sibylle Berg, RCE. #RemoteCodeExecution. Roman (Kiepenheuer & Witsch)

„Domingos bleibt“: Die große portugiesische Reise: Der Reporter Paulo Moura auf der Strecke von Caminha bis Monte Gordo. „Wem Portugal wirklich ein ferner Westen ist, den könnte hier und da die Vielzahl der fremdklingenden Inseln und Städten überfordern, an denen der Autor auf seinem Motorrad vorbeirauscht. Und trotzdem lohnt sie sich auch für deutsche Leserinnen und Leser, die große portugiesische Reise.“

  • Paulo Moura, Ferner Westen. Eine Reise entlang der portugiesischen Küste. (a. d. Portug. v. Kirsten Brandt; mare)
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