Hamburg bekommt ein neues Festival: Am 6. April findet erstmals das Hamburger Leseclubfestival statt – und was daran besonderen ist, das haben wir den mairisch-Verleger und Mitinitiator Daniel Beskos gefragt::
BuchMarkt: Noch ein Festival …?
Daniel Beskos: Ja, aber ein kleines – und in einem Format, das es in Deutschland bislang so noch nicht gibt. Beim Leseclubfestival lesen die Autor*innen nicht aus ihren Büchern vor, sondern sprechen mit den Gästen darüber. Die Gäste hatten vorher einige Wochen Zeit, die Bücher zu lesen -und bei den 6 einzelnen Leseclubs können sie dann konkret, in kleiner Runde von 20 Teilnehmern und in lockerer, persönlicher Atmosphäre mit den Autor*innen darüber sprechen. Das ist dann, so unsere Hoffnung, ein viel direkterer, intensiverer Austausch, als er bei normalen Lesungen möglich ist, wo ja normalerweise auch noch nicht jeder das Buch gelesen hat, gerade bei Neuerscheinungen.
Was steckt dahinter?
Uns geht es darum, das Buch wieder etwas mehr zum Thema einer Diskussion zu machen. Zum Beispiel ist uns in den letzten Jahren vermehrt aufgefallen, dass man sich auf Partys viel über Serien unterhält, aber kaum noch über Bücher. Vielleicht auch deswegen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Leute gerade das gleiche Buch gelesen haben und sich darüber austauschen können, inzwischen recht klein geworden ist. Genau so eine Situation wollen wir wieder herstellen: Man sitzt in einem Raum mit 20 anderen, und alle haben gerade das gleiche Buch gelesen. Das Besondere am Festival ist dann eben: Die Autorin oder der Autor sitzt auch mit dabei.
Welche Autorinnen und Autoren werden denn dabei sein?
Wir freuen uns auf Isabelle Lehn, Stephan Ort, Sophie Passmann, Jochen Schmidt, Marie-Alice Schultz und Feridun Zaimoglu, allesamt mit ihren neuen, im Frühjahr erscheinenden Büchern. Und wir hoffen natürlich, dass alle sechs Titel zum Gegenstand spannender Gespräche werden können – wenn Sophie Passmann etwa über Alte weiße Männer schreibt, und Feridun Zaimoglu im Gegenzug dazu über Die Geschichte der Frau. Oder Stephan Orths Erlebnisse beim Couchsurfing in China – er hat ja sowieso die Tendenz, in Länder zum Couchsurfing zu reisen, die tendenziell eher ein Imageproblem haben, zuvor war er etwa in Russland und im Iran, diesmal also China, das gibt bestimmt Diskussionen. Und auch auf die drei Romane freuen wir uns, Frühlingserwachen von Isabelle Lehn, das Debüt Mikadowälder von Marie-Alice Schultz und Ein Auftrag für Otto Kwant, den neuesten Roman des großartigen Jochen Schmidt.
Die 6 Leseclubs finden an 6 sehr unterschiedlichen Orten in Hamburg statt – in einem Atelier, einer Galerie, einem Laden, einem Museum etwa, aber auch in einer Privatwohnung. Dazu konnten wir wunderbare Moderator*innen gewinnen, zum Beispiel die Autorin und Übersetzerin Isabel Bogdan, die Filmkuratorin Maike Mia Höhne und Fernsehjournalistin Natascha Geier, die ins Gespräch einleiten und Quizfragen zum Buch stellen.
Quizfragen?
Ja, das ist Teil des Leseclubs. Wir haben uns das Konzept des Leseclubfestivals ja von einem befreundeten Verlag in den Niederlanden abgeschaut, DAS MAG, die das dort in verschiedenen Städten regelmäßig veranstalten. Zur Einleitung ins Gespräch gehört dort auch, dass die Moderatoren Quizfragen zum Buch stellen – und wer zuerst die richtige Antwort weiß, bekommt einen Schnaps gereicht. Das lockert die Zungen, glaube ich, und trägt zu einer ebenso lockeren Gesprächsrunde bei. Funktioniert in den Niederlanden prima, wir sind gespannt, wie die deutschen Leser*innen das finden. Zum Schnapstrinken gezwungen wird hier natürlich niemand.
Und welche Art von Fragen erwarten Sie?
Wir hoffen, dass ein Gespräch, bei dem alle Beteiligten gerade in vorherigen Wochen das gleiche Buch gelesen haben, mehr Tiefe erreichen kann und mehr in die Details des Themas eintauchen kann, als das bei normalen Lesungen möglich ist. Ich habe das selbst schon einige Male bei Leseclubs in den Niederlanden erlebt, dass da wirklich intensive, zum Teil auch politische Diskussionen entstehen, zum Teil aber auch einfach lustige Detailfragen gestellt werden, im Sinne von „Wieso lässt die Hauptfigur auf Seite 206 eigentlich ihren Koffer im Café liegen?“, und die Autor*innen dann selbst manchmal ein wenig überrumpelt oder überrascht sind. Das kann lustig werden. Aber viele Autor*innen begeistert das Format auch, denn die Art der Fragen geht auch sehr weg vom üblichen „Wie schreiben Sie?“
Und was passiert noch?
Bei den Leseclubs wird es schon mal Snacks und Getränke geben, einfach, um eine angenehme Grundstimmung zu schaffen. Und hinterher treffen sich die Teilnehmer aller 6 Leseclubs dann zum Festivalabschluss an einem zentralen Ort zum Essen, Trinken und Austauschen.
Ihre Hoffnung?
Wir würden uns freuen, wenn sich der Leseclub als Format mehr etablieren würde – man kann Leseclubs mit geringem Aufwand ja sogar in Privatwohnungen abhalten. Vielleicht kann dieses Festival ja eine Inspiration sein. Und natürlich soll es das öffentliche Gespräch zwischen den Menschen fördern – in einem persönlichen Rahmen in der analogen Welt, von Angesicht zu Angesicht.