Liebe Freunde,
der Samstag hielt, was er versprach: Wir waren ausverkauft wie nie. Allerdings fühlte es sich drinnen gar nicht voller an als sonst, sondern draußen: Die Schlangen draußen gingen bis zum S-Bahnhof am Pressezentrum, und sie rissen auch nicht ab, als es nachmittag wurde.
Drinnen hingegen war „einfach“ das gefühlte Maximum, wie immer eigentlich.


Noch etwas aufrämen, bevor wir anfangen.:
Der lieben Anna Schneider bei S. Fischer habe ich jetzt erklärt, dass ich einen Tag gebraucht habe, bis ich kapiert habe, dass Anna Schneider Anna Schneider ist. Anna Schneider räumt ein, dass das tatsächlich ein vertrautes Problem sei. Ihre Bücher laufen klasse, aber ihr Name verschluckt Ruhm wie ein Eierkarton Schallwellen. Lesungen verkaufen sich besser mit ihren Büchern als mit ihrem Namen.

Inzwischen weiß ich auch, wer gestern bei S. Fischer Geburtstag hatte:
Milena Nowack. mit w und ck, hohoho, alle Buchstabierfallen geschafft; und Ihre filtergelöschte Krone habe ich auch noch repariert:

Nochmals alles Gute nachträglich, und jetzt aber richtig.
Samstags nur stationärer Journalismus
Wir Profis bewegen uns Samstags möglichst wenig. Nur kurze Strecken, oder sehr lange Wegzeit einplanen. Und nur Gags, für die das Teleobjektiv genügt.

Oder nur Gags über Stände, an denen ich eh grad stehe: Schauen Sie nur, der Chemieclub der Merseburger Hochschule verneigt sich heimlich vor Breaking Bad!

Oder aus purer Verzweiflung stelle ich wieder einen inhabergeführten Kleinverlag vor. Am Ende liefere ich versehentlich noch echten Journalismus.
Die GehörGäng verschenkt Lesezeichen:

Die GehörGäng präsentiert sich mit Stand und Hörbeispielen in der Audiowelt. Es gibt dort aber nicht nur Kinder-Audio, sondern auch Historisches, Politisches und anderweitig Erwachsenes.
Die GehörGäng ist winzig, aber wahnsinnig vernetzt, und die GehörGäng führt ein paar beachtliche Talente zusammen. In ihrem Studio lassen durchaus Big Player ihre Hörbücher produzieren, von cbj über Argon bis Diogenes.

Ein Foto vom Stand gehört bei mir zum Einsteigerpaket:

Sozusagen die TARDIS unter den Hörverlagen:
HörGäng – innen viel größer als außen.
Aber so eng es Samstags in den regulären Hallen Eins bis Fünf ist, so erträglich und begehbar ist zumindest das Areal der Glashalle, wenn man immun gegen gebündeltes UV-Licht ist. Man braucht allerdings einen guten Grund für einen Rundgang, denn der Ring um die Binnengastro ist komplett in der Hand der CosPlayer.

Aber mehr von dieser Zwischenwelt wie immer in meinem Abschlussbericht am Sonntag.
Ausklinken bei Pengdomhouse
Ich verwies bereits auf zu unterlassenden unnötigen Hallentransit an den Wochenendtagen.
Die Umsetzung dieser Vorgabe gelingt am besten, wenn man sich frühzeitig für einen Stand entscheidet und dann dort Quartier aufschlägt. Berücksichtigen Sie bei Ihrer Auswahl auch die Nähe zum nächsten WC, den kürzesten Innenhofweg und auch eventuelle Verorgungsmöglichkeiten, falls der Stand Ihrer Wahl nicht kalorisch autark ist.
Bevor Sie Ihr Ziel erreicht haben und Ihr Rückenmark ausklinken können, visualisieren Sie noch die Himmelsrichtung, in der die echte Welt liegt, damit Sie wissen, wohin Sie aufbrechen müssen, wenn es Zeit ist.
Ich kapere sodann das Infopult bei Penguin Random House, und hier bleibe ich heute, bis ich gehe.


Als nächstes lässt Katja Schmidt vom Verlag extra Tapas, Gebäck und Getränke auffahren für Maren Ongsiek und mich.

Genau, Maren Ongsiek ist öfters in der Nähe, als Sie sie auf meinen Fotos sehen können.
Wenn Sie wüssten.
Trotzdem muss ich gelegentlich Selbsties machen:

Hier bedrohe ich zwei Damen von der Leipziger Buchmesse, die mein Gebäck anfassen wollen:

Die eine kann ich aber dann in ein Gespräch über Musicals verwickeln, weil sie aus Oklahoma kommt – Sie wissen ja, where the Wind comes right behind the Rain.

Für Bela B wäre ich sogar früh aufgestanden, aber ich habe da so eine spezielle Methode: Ich stehe einfach spät auf und habe dann Glück.

Und Danke, Frau Dr. Daniela Völker! Wenn der Messe-Mayer ein Impressum hätte, müssten Sie immer mit drin stehen.
Hier knie ich, weil ich ein Kind fotografiere, das ein tolles Kostüm trägt. Darüber mehr im Sonntagsbericht.

…weil die Dame im Hintergrund anscheinend erregt auf meine Ohren starrt, und ihr Mann scheint das nicht nur zu bemerken, sondern auch zu missbilligen.

Das meinte ich: Man erlebt auch Buchmesse, wenn man nur an einem Ort feststeckt. Damit Sie aber nicht denken, dass ich gar nicht mehr arbeite, folgt nun das nächste Interview!
Das dritte Interview der Messe: Katja Burkard
Die Journalistin und RTL-Moderatorin Katja Burkard hat bei Penguin Random House bereits Bücher übers Zähneputzen und die Wechseljahre herausgebracht, also alles weibliche Problemfelder. Sie bleibt in diesem Terrain und wendet sich nun dem altersfeindlichen Dezimalsystem zu.
Dass Frauen auch im Alter noch nullen, ist nämlich immer noch ein gesellschaftlicher Makel, ein sozialästhetisches Mindesthaltbarkeitsdatum in den Köpfen unserer Welt, das man getrost so lange ignorieren kann, wie man noch 59 ist.
Warum ist das so? BuchMarkt traf die junge, erfolgreiche Frau bei blanvalet.
BuchMarkt: Als Buchhändler kann ich lauschen, wie meine Kunden und Kundinnen über den Titel diskutieren.
Katja Burkard: Das machen die?
Ob das ein Versehen wäre, „die meint bestimmt: 50 ist das neue 60“ oder umgekehrt. Ich selbst würde ja sogar sagen: was juckt mich die Null – 60 ist ja eigentlich nur die Zahl zwischen 59 und 61.
Das stimmt. Aber allein, dass 60 etwas anderes sein müsse, das ärgert mich ja. Und deshalb ist 60 mein neues 60.
Gab es da einen Auslöser?
Als ich 59 wurde, haben sehr viele Frauen zu mir gesagt: naja, ein Jahr hast du noch… Und da hab ich mich gefragt, ob ich das tatsächlich selber auch denke, dass ich Angst vor der 60 habe.
Und auf welche Antwort sind Sie gekommen?
Ich bin auf die Antwort gekommen: nein. Aber dann hab ich mich gefragt: Mache ich mir was vor? Belüge ich mich selbst? Und so kam es zu dem Buch.
Als ich meiner Partnerin sagte, ich wüsste gar nicht, worüber ich mit einer sechzigjährigen Frau reden solle, da sagte sie zu mir. „Aber du bist doch selber auch fast 60, da habt ihr doch ein Thema.“ Heißt das, ich soll mit anderen Sechzigjährigen über das Alter Sechzig sprechen? Das ist unser Berührungspunkt?
Haben Sie denn ein Problem mit ihrem Alter?
Erst seit meine Frau gesagt hat, dass ich mit Ihnen auf Augenhöhe wäre.
(Katja Burkard lacht sehr)
Aber im Ernst: Darüber habe ich noch nie nachgedacht, und ein persönliches Problem mag ja auch sein, dass ich eh nicht erwachsen werde. Zwei schöne Zitate zum Alter sind: Das Ich altert nicht (anscheinend von Hannah Arendt), und „Ich werde niemals alt sein, denn Altsein bedeutet für mich immer zehn Jahre älter, als ich jetzt bin.“ Aber ich muss noch mal nachschlagen, von wem das stammt.
Keiner denkt, dass er alt ist. Ich fühle mich auch nicht wie eine Sechzigjährige. Ich fühle mich wie ich.
Es gibt auch Leute, die kommen schon alt auf die Welt.Die werden als Sechzigjährige geboren oder sind ihr Leben lang vierzig. Jeder hat so ein inneres Alter, in dem man eigentlich bleibt, oder?
Manchmal schon.
Warum dann die Sechzig? Was ist mit der verdammten Sechzig?
Wir finden jegliche Diskriminierung mit recht doof. Wir sagen, alle haben die gleichen Rechte. Keiner darf benachteiligt werden. Aber gerade bei der Altersdiskriminierung, beim Ageism ist noch viel Luft nach oben. Aber gerade 60 ist ein Alter, in dem wir noch ganz viel drehen können. Wir wollen ja alle gesund altern. Mit 60 kann ich noch Sport machen, damit die Osteoporose noch lange fort bleibt. Egal ob wir über Haarausfall oder Knie reden – der letzte Satz eines jeden Arztbesuchs dreht sich immer um gesunde und gute Ernährung und um Bewegung. Wenn man sich mit 60 nicht anfängt darum zu kümmern, dann wird man tatsächlich ganz schnell alt.
Mit 60 hat man noch in der Hand, wie schnell man alt wird oder wie lang man jung bleibt?
Darauf will ich hinaus. 60 ist noch der Teil des Lebens, wo man dieses Steuer in der Hand hat.
Ironischerweise gibt es das nur im Humorsegment, dass Titel heißen „Endlich 60“ und „Endlich 70“.
Aber das glauben ja die meisten nicht. Das ist ja bereits eine Augenzwinkerei.
Befolgen wir also den Rat meiner Frau und sprechen über unsere Kindheit. Wir sind beide in Familienbetrieben aufgewachsen. Sie sind ein Wirtshauskind, ich ein Bäckerkind. Es gibt immer weniger Berufe, wo das Kind mal mit auf die Arbeit gehen kann und zugucken, was Mama und Papa herstellen oder anfertigen. Haben Sie ihre Kinder schon mal mit zur Arbeit genommen?
Nur aus Not, wenn der Kindergarten mal zu war. Aber die konnten mir da nichts helfen, und ich konnte Ihnen da auch nicht viel zeigen.
Dass wir beide in unseren elterlichen Betrieben mit anpacken mussten, ist uns etwas, dass wir heutigen Kindern voraus haben?
Ja. Dadurch war mir aber auch bei meinen Kindern klar, dass Arbeit mit dazugehört. Spülmaschine ausräumen, bettmachen und solche Dinge. Oder ich hab gesagt: Pass auf, Schule ist dein Job. Du musst keine Einsen abliefern, aber du musst deine Sache ordentlich machen.
Und dass man eine Sache ordentlich macht, das hab ich zum Beispiel beim Straßenfegen gelernt. Oh Gott, so wenig ich das heute zugeben will. Oh, wie sehr ich es gehasst habe. Mussten sie auch Straße fegen?
(Lacht) natürlich, natürlich.
Wie hat die Arbeit im Wirtshaus ihr heutiges Leben beeinflusst und geprägt?
Schon sehr. Ich hab zugehört. Ich hab beobachtet, ich hab mit den Leuten geredet, ich hab mir Gedanken gemacht. Ich habe gelernt, dass erst dann Feierabend ist, wenn die Arbeit gemacht ist. Wenn du in der Kneipe gearbeitet und bedient hast, dann musst du nicht mehr viel Interviewtechnik lernen.
Warum sind die Achtziger das letzte Jahrzehnt, dass ich richtig greifen, fassen kann und fühlen kann? Alle Jahrzehnte danach haben keinen eigenen Geschmack mehr, keinen eigenen Look und kein eigenes Gefühl. Die Neunziger oder die 2010er, das ist alles eins geworden. Warum?
Das war die Zeit, wo wir blutung waren. Wir haben Abi gemacht. Wir haben uns verliebt. Die ersten drei Jahrzehnte sind ein wilder Ritt, und wenn dann erst mal Kinder da sind, ist das eine ganz eigene Zeit. Kinder sind plötzlich ihre eigene Zeitrechnung in deinem Kalender.
Sind wir als Erwachsene nicht mehr anfällig für Jahrzehnte?
Ich glaube eher, die Zeit ist immer schnelllebiger geworden.
Ein Jahrzehnt braucht heute keine zehn Jahre mehr, meinen Sie?
Ja, gefühlt schon. Und man ist auch nicht mehr so on Fire, nicht mehr so empfänglich.
Ja, früher hat man sich auf einen bestimmten Film oder eine Sendung wahnsinnig gefreut, und das war dann mitunter ein Ereignis des Jahres. Heute blättert man die Film- und TV-Zeitschrift durch und die Streaming Angebote und nimmt zur Kenntnis, was es alles gibt.
Man muss nicht mehr sofort eine Hose kaufen, die man im Schaufenster gesehen hat oder Tickets, weil jemand in Town ist.
Ja, wir sind jetzt in einem Alter, wo wir uns auf den Bärlauch freuen.
(Lacht) Der Spargel kommt auch bald wieder.
Ich musste sehr lachen, als sie schrieben, dass sie Angst haben vorm Kinderkriegen: »um Gottes willen, ich weiß doch gar nicht, was die essen oder trinken.« Ihre Kinder sind inzwischen erwachsen. Wissen Sie jetzt, was die essen und trinken?
Die haben es überlebt, mein Mutterinstinkt hat gezündet, und so wie ich meine Jobs angehe, habe ich in meiner Schwangerschaft natürlich auch studiert, wie Kinder sich ernähren, und das gemeistert.


Und BuchMarkt dankt Katja Schmidt überhaupt für diesen Penguin-Random-House-Tag, mitsamt Asyl, Verpflegung, Giveaways, Takeaways und Daswärabernichtnötiggewesen.
(Und ob das nötig war, aber das wissen wir ja beide.)
Zum Geleit
Und das war mein Samstag.
Manche supertollen Gadgets, Gimmick und Tipps sieht man erst viel zu spät. Zum Beispiel der winzige Plastikkeimling, der als Haarklammer aussieht, als hätte man Groots erstes Schamhaar auf dem Kopf.

Denken Sie nicht, ich hätte heute nicht viel gemacht. Das würde zwar stimmen, aber ich möchte gerne, dass Sie ein fleißiges Bild von mir haben.

Morgen kommt überhaupt erst der schwierigste Teil: Ihnen vorzugaukeln, dass ich noch immer auf der Messe bin, während ich in Wahrheit meine Heimfahrt antrete. Aber das machen wir alle so.
Die einzigen, die Sonntags noch hier sind, sind
a) CosPlayer
b) Penguin Random House
c) Christian Anders
Doch für viele ist der Reste-und-CosPlay-Sonntag der beste Beitrag, gleich nach meinem beliebten Hotelbashing!

Fluider Trend: Diese Dame ist gar keine Frau, aber noch liegt dieser letzte Tag vor uns. Und den schaffen wir auch noch.
Ihr und Euer
Matthias Mayer
Frühlingstraumspielkarte Nr. 4 von 5:



Hm, Roland Müller ist als Autorenname nicht viel besser als Anna Schneider. Habe ich deshalb auf dem Cover die Pünktchen weggelassen? Egal, hilft auch nicht.
;-)
Hallo Messemayer, fast ganz korrekt, aber meine Tochter heißt Milena Lowack :-) der Papa Matthias Mony