Mit Horst Meyer ist ein wesentlicher Verleger des Nachkriegs-Berlin gestorben. Ein Nachruf von Ulrich Hopp (be.bra verlag Berlin):
Die Verlage Erika Klopp und arani sind untrennbar mit dem Namen Horst Meyer verbunden.
Horst Meyer wurde 27. Januar 1930 in Stettin geboren. In den Nachkriegswirren verschlug es ihn – über Pommern, Rügen, Usedom und Mecklenburg – 1946 nach Berlin. Nach dem Abitur 1949 war er in der Werbung tätig und arbeitete gleichzeitig journalistisch für eine Nachrichten-Agentur und den RIAS, ehe er den Schritt, der seine Zukunft bestimmen sollte, in die Buchbranche tätigte. Er ging 1952 zur KAWE Kommissionsbuchhandlung am Berliner Bahnhof Zoo und reiste später oft zu den wesentlichen Buchmessen in den „Ostblock“. So wurde er mitten im Kalten Krieg so etwas wie ein Spezialist für Ost-West-Beziehungen im Buchhandel.
Axel Bluhm, der Inhaber von KAWE, kaufte 1960 den Namen und die Rechte des ältesten Berliner Verlages Haude & Spener (gegr. 1614) auf und übergab die verlegerische Leitung an Horst Meyer. Damit begann Meyers Verlegertätigkeit im Bereich Berlin-Publikationen. „Ganz nebenbei“ leitete er noch ab 1970 die zur Firmengruppe KAWE gehörende Druckerei Otto von Holten.
1973 wurde er angestellter Verlagsleiter beim Kinderbuch-Verlag Erika Klopp. Geschickt gelang es ihm, den Verlag aus den wirtschaftlichen Turbulenzen herauszuführen und die Marktposition zu festigen. 1978 übernahm er den Verlag von Erika Klopp kurz vor ihrem Tod.
Bereits zuvor vier Jahre zuvor hatte er den bis dahin der SPD gehörenden arani-Verlag erworben. Dieser von Arno Scholz, dem damals bekannten Herausgeber des „Telegraf“, 1947 gegründete Verlag hatte sich einen Namen mit Politik, Geschichte und Berlin-Literatur gemacht. Horst Meyer setzte die Programmschwerpunkte neu und begann die Herausgabe von Werken aus dem Nachlass von Mascha Kaléko. Seit Anfang der 80er Jahre erschienen Bände zur Berliner Sprache und Berliner Witze sowie Neuausgaben altberlinischer Romane, wie die Reihe Familie Buchholz von Julius Stinde und Erdmann Graesers Koblanks. Damit machte er arani zu einem der führenden Berlin-Verlage.
Mitte der Achtzigerjahre lernten wir uns persönlich kennen. Ich war in der Verlagsgruppe Spiess angestellt und traf Horst Meyer zum ersten Mal bei einem von ihm initiierten Verlegerstammtisch. Sein humorvolles und offenes Wesen nahmen mich gleich für ihn ein. Als er dann arani zum 1. Januar 1990 an Volker Spiess veräußerte (den Erika Klopp Verlag hatte er bereits 1987 abgegeben) lernten wir uns in der Übergangsphase noch besser kennen und schätzen.
Nachdem ich mich 1994 mit meinem eigenen Verlag selbstständig machte, hatte ich regelmäßig Kontakt zu Horst. Seine Lebens- und Branchenerfahrung waren mir sehr hilfreich und meine „frischen“ Erfahrungen erinnert ihn an vieles, das er selbst erlebt hatte.
Horst und seine geliebte Hannelore wollten sich mit mir bei den ersten Sonnenstrahlen des neuen Jahres bei seinem Lieblingsitaliener in Lichterfelde-West wieder einmal treffen. Dazu wird es leider nicht kommen, denn Horst Meyer ist am 27. Januar 2020, exakt zwei Monate vor seinem neunzigsten Geburtstag, im Kreise seiner Familie verstorben.