Klaus Schöffling wird heute 70 Jahre alt. Sabine Baumann (Programmleitung), Silke Tabbert (Verlagsleitung) und Philipp Werner (Verlegerische Geschäftsführung) gratulieren dem ehemaligen Schöffling-Verleger zum runden Geburtstag:
Seit dem Verkauf seines Verlags im Dezember 2021 taucht Klaus Schöffling, im Gegensatz zu seiner nach wie vor in unserem Lektorat tätigen Frau Ida, in der Kaiserstraße 79 nicht mehr auf. Man hört, er führe nun das perfekte Leserleben. Zwischen heimischem Sofa und Gartenstuhl in Italien ermöglicht ihm der neu gewonnene Zeitluxus, sämtliche selbst aufgestellten Lektürerekorde einzustellen. Und trotzdem ist er noch täglich in der Kaiserstraße präsent. Durch manch ein hinterlassenes Projekt, durch seine prägende Vorstellung eines überschaubaren literarischen Autorenverlags – und natürlich durch all die Autorinnen und Autoren, die er in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu „seinen“ gemacht hat.
Heute, am 14. Mai, wird Klaus Schöffling 70 Jahre alt. Zeit für eine kleine Würdigung:
Für Manches im Leben hat er zwei Anläufe gebraucht: Für das Abitur zum Beispiel, für die Ehe und für seinen Verlag. Aber dann ist er umso erfolgreicher und glücklicher durchgestartet. Klaus Schöffling wurde am 14. Mai 1954 in Frankfurt am Main geboren. Zu seiner Schulzeit wurde er etwa vom heutigen Tigerpalast-Betreiber Johnny Klinke in wilde Schülerproteste hineingezogen oder lernte den späteren Autor und Agenten Thomas Karlauf kennen. In zweiter Ehe ist er mit Ida Schöffling verheiratet, mit der er die Liebe zu Katzen und Literatur teilt. Während sie bei S. Fischer als Lektorin tätig war, lernte er bei Siegfried Unseld im damals noch in Frankfurt ansässigen Suhrkamp Verlag zunächst Vertrieb und wechselte dann ins Lektorat. Unter anderem kümmerte er sich dort um Publikationen zur Erinnerung an die Bücherverbrennungen verfemter Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Deutschland. Im weiteren Verlegerleben blieb ihm die Wiederentdeckung von im Exil entstandenen Werken und autobiografischen Zeugnissen der Shoa ein wichtiges Anliegen.
Er machte sich als Verleger selbstständig, indem er zunächst 1987 die in den 1950er Jahren gegründete Frankfurter Verlagsanstalt mit einem neuen literarischen Programm wieder aufleben ließ. Nach dem Bruch mit einem damaligen Mäzen nahm Klaus Schöffling auch hier einen zweiten Anlauf und gründete Schöffling & Co., den Verlag, der nun seit über zwanzig Jahren im Frankfurter Bahnhofsviertel residiert und diesen Herbst 30-jähriges Jubiläum feiert. Seiner Spürnase für literarisches Talent ist es zu verdanken, dass sich in seinem literarischen Programm eine stattliche Riege von Autorinnen und Autoren versammelte, von Eva Demski, Gert Loschütz, Helga M. Novak und Burkhard Spinnen über die Generation von Mirko Bonné, Markus Orths, Inka Parei und Juli Zeh, ergänzt von Übersetzungen internationaler Literatur der Gegenwart und Wiederentdeckungen von Klassikern der Moderne wie Gabriele Tergit. „Im Mittelpunkt die Autoren“ lautete sein Credo, und seine besondere Vorliebe galt der Lyrik. Hier gewann er u.a. mit Alexandru Bulucz, Carolin Callies, Nadja Küchenmeister, Ulrike Almut Sandig, Silke Scheuermann und Ron Winkler zahlreiche große Namen der Gegenwart. Dem Schriftsteller Ror Wolf, dem er eine Werkausgabe widmete und dessen Tagebuch aus er aus dem Nachlass herausgab, fühlte er sich als dessen „dienstältester Verleger“ eng verbunden, Guntram Vesper, dessen Gedichte er bereits in der Frankfurter Verlagsanstalt veröffentlicht hatte, verhalf er 2016 mit der Publikation von dessen monumentalen Roman Frohburg zum Preis der Leipziger Buchmesse, und dem im Stroemfeld Verlag begonnenen Werk von Peter Kurzeck gab er bei Schöffling & Co. eine neue Heimat. Immer wieder hat er riesige Projekte in Angriff genommen wie die Publikation der vielfach preisgekrönten Übersetzung des Romans Witz von Joshua Cohen, der kürzlich für seinen Roman Die Netanjahus mit dem Pulitzer-Preis belohnt wurde, oder die von Christoph Kapp und Wolfgang Schopf herausgegebene Ausgabe der Briefe des legendären Suhrkamp-Lektors Walter Boehlich.
Nicht zuletzt hat er anlässlich der Neuausgabe der Kaiserhofstraße 12 von Valentin Senger das Lesefest „Frankfurt liest ein Buch“ initiiert, den gleichnamigen Verein gegründet und acht Jahre lang geleitet – und hat damit „Deutschlands schönstes und sinnvollstes Lesefest“, wie die ZEIT befand, ins Leben gerufen.
Bis heute ist er als Mitglied der Kerr-Preis-Jury tätig, die bedeutende Literaturkritikerinnen und -kritiker auszeichnet. Für sein Wirken als Verleger wurde er selbst vielfach ausgezeichnet, mit dem Binding Kulturpreis, dem Hessischen und dem Deutschen Verlagspreis sowie mit dem Preis der Kurt-Wolff-Stiftung; 2016 wurde er zum Verleger des Jahres gekürt.
Zum siebzigsten Geburtstag gratulieren dem „Leuchtturm für die Literatur“, als der er gepriesen wurde, im Namen des heutigen Teams von Schöffling & Co.:
Sabine Baumann (Programmleitung), Silke Tabbert (Verlagsleitung) und Philipp Werner (Verlegerische Geschäftsführung)