Während ich dies schreibe, ist der Himmel – zumindest hier in Köln – grau und bewölkt. Aber dafür bieten die April-Fundstücke aus den Literaturblogs einen bunten Strauß an lesenswerten Texten.
Im Blog Zeichen & Zeiten bespricht Constanze Matthes den Roman »Deine Margot« der finnischen Autorin Meri Valkama. Vor ein paar Tagen hatte ich das Buch in einer der Buchhandlungen meines Vertrauens schon in der Hand, war aber noch unentschlossen. Das hat sich nun geändert.
Im Blog literaturundfeuilleton stellt Carolin Kaiser »Die Stadt und ihre ungewisse Mauer« von Haruki Murakami vor und beginnt den Text gleich in der Überschrift mit der schön provokanten Frage: »Schreibt Murakami seit Jahren immer den gleichen Roman?«
Die bibliophilen Klassiker-Ausgaben des mare-Verlags sind stets wahre Schmuckstücke – und oft wunderbare Entdeckungen. In seinem Blog Bücherbriefe rezensiert Eugen Tews den Band »Das offene Boot« mit Erzählungen von Stephen Crane.
Im Blog Kulturgeschwätz schreibt Katharina Herrmann über das Buch »Einige Herren sagten etwas dazu« von Nicole Seifert. Was dieses Buch so wichtig macht, zeigt dieser kurze Auszug: »So leistet ihr Sachbuch beides: Einerseits arbeitet es kritisch die Geschichte der Gruppe 47 auf, andererseits stellt sie ganz überwiegend Autorinnen, die leider in Vergessenheit geraten sind, mit ihrem Werk neu vor, so dass man am Ende Seiferts Buch mit einigen Neuentdeckungen und einer recht langen Leseliste zuschlägt.«
Dieser Text war mein persönliches Blog-Highlight im vergangenen Monat: Im Literaturblog Klappentexterin und Herr Klappentexter geht es unter dem Titel »Fürchte dich nicht, Franz!« um das Kafka-Jahr. Einerseits ist er eine kritische Bestandsaufnahme des entstandenen Kafka-Hypes, hinter dem die Person des Dichters zu verschwinden droht. Andererseits aber auch eine Auseinandersetzung mit Kafkas wichtigsten Texten. Es ist ein langer Blogbeitrag, aber es lohnt sich sehr, ihn bis zum Ende zu lesen. Große Empfehlung!
Im Blog Wortspiele geht es um den Gedichtband »næturverk / nachtarbeit« des isländischen Schriftstellers Sjón , der im ELIF Verlag erschienen ist. Immer wieder großartig, wie Wolfgang Schiffer einen für Lyrik aus Island begeistern kann.
Lesen als Gemeinschafterlebnis? Das ist so gar nicht mein Ding, ich schätze dabei gerade das Alleinsein. Andere lieben das Lesen in Gemeinschaft und im Blog Wissenstagebuch werden die verschiedenen Möglichkeiten erläutert.
Der Roman »Trophäe« von Gaea Schoeters ist mein bisheriges Lesehighlight in diesem Jahr – was für ein intensives, aber auch erschütterndes Leseerlebnis. In meinem Blog Kaffeehaussitzer habe ich darüber geschrieben, was dieses Buch mit mir gemacht hat. Im Blog Trouvailles Litteraires gibt es eine Besprechung, die mir sehr gut gefallen hat – und in der noch weitere Aspekte dieses großartigen Buches herausgearbeitet werden.
Marion Rave rezensiert in ihrem Blog schiefgelesen den Roman »Zitronen« von Valerie Fritsch. Ein Roman, »intensiv in Handlung und Ton, was ihn weit umfangreicher erscheinen lässt, als er tatsächlich ist.«
Mit einer sehr begeisterten Besprechung empfiehlt Petra Reich in ihrem Blog LiteraturReich den Roman »Kantika« von Elizabeth Graver. Ein Buch, das mir bisher entgangen war, aber das direkt auf meiner Muss-ich-lesen-Liste gelandet ist.
Apropos Muss-ich-lesen-Liste: Im Herbst 2023 veröffentlichte die ZEIT unter dem plakativen Titel »Die 100 besten Bücher« die aktualisierte Zusammenstellung der »ZEIT-Bibliothek der Weltliteratur«, deren erste Fassung aus dem Jahr 1980 stammt. Ich bin die 100 Bücher durchgegangen, habe sie mit meinem eigenen Leserleben abgeglichen und darüber im Blog geschrieben.
Unter dem Titel »Resignation ist keine Haltung« – ein Satz, wie geschaffen für unsere Zeit – geht es im Blog Feiner reiner Buchstoff um Erich Kästner und seinen Roman »Der Gang vor die Hunde«.
Der Blog Bookster HRO wird hier regelmäßig erwähnt – weil Blogger Stefan Härtel es immer wieder schafft, Bücher, deren Komplexität viele Leser abschrecken würde, so vorzustellen, dass man sie unbedingt lesen möchte. Etwa »Europas Hunde« von Alhierd Bacharevič.
Nach all den Romanen noch eine hochinteressante Sachbuch-Vorstellung: Im Blog poesierausch schreibt Stefan Diezmann über das Buch »Gekränkte Freiheit« von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, in dem es um die Gedankenwelt der »Querdenker« geht. Sein Fazit: »Meine Darstellung ist natürlich extrem verkürzt, daher sei noch einmal betont, dass ›Gekränkte Freiheit‹ für mich die ganzheitlichste und kohärenteste Gesellschaftsanalyse seit Langem ist und auch in ihrer Zuspitzung auf die Coronaprotestierenden überzeugt. Tatsächlich war das Buch für mich der soziologische Pageturner, als der es beworben wird. Im Großen und Ganzen sollte das auch für Nicht-Soziolog*innen stimmen, also große Empfehlung von meiner Seite.«
Und zum Schluss noch zwei Blog-Empfehlungen. Die beiden Literaturblogs erzählwas.de und bookstories.ch existieren schon eine ganze Weile, ich bin erst jetzt auf sie aufmerksam geworden – es gibt in diesem Internet immer etwas zu entdecken. Vorbeischauen lohnt sich sehr.
Und ganz zum Schluss noch ein Veranstaltungstipp: Vom 3. bis zum 5. Mai 2024 findet die freiBUCH statt, die erste Freiburger Buchmesse. Ich habe das große Vergnügen, dort am 4. Mai mit der Autorin Anne Grießer über das Buchbloggen zu sprechen und freue mich schon sehr. Vielleicht sehen wir uns ja dort?
Und das war es nun wirklich mit dem Netzrückblick April 2024. Bis zum nächsten Mal, wir lesen uns wieder hier.
Uwe Kalkowski ist seit über 30 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag in Köln. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. »Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben«, wie er sagt.