Aus Altersgründen Barbara und Stefan Weidle verkaufen ihren Verlag an den Wallstein Verlag

Der Bonner Weidle Verlag geht unter seinem bisherigen Namen zum 1. Januar 2024 an den Wallstein Verlag in Göttingen über. Das teilte der Verlag heute mit. Die Verleger Barbara und Stefan Weidle beenden ihre Tätigkeit aus Altersgründen und freuen sich, den Verlag an Thedel v. Wallmoden zu übergeben.

Barbara und Stefan Weidle (c) Susanna Wengeler

Das Programm des Weidle Verlags wird künftig als Imprint des Wallstein Verlags von Göttingen aus fortgeführt. Er steht weiterhin für feine und ausgesuchte Publikationen, die dem Buchmarkt Entdeckungen bescheren. Zum Beispiel Die Manon Lescaut von Turdej von Wsewolod Petrow, für die der Verlag mit dem Preis der Hotlist der unabhängigen Verlage geehrt wurde. Der 1994 gegründete Weidle Verlag wurde 2019, 2020 und 2022 mit dem Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet.

Wallstein-Verleger Thedel v. Wallmoden zur Bedeutung der Übernahme: „Es gibt keinen anderen unabhängigen Verlag, dessen Programm und Rechteportfolio eine so schöne und organische Ergänzung des Wallstein-Programms bedeutet, wie es mit der Übernahme des Weidle Verlags geschieht. Das deutsch-jüdische Exil mit Autoren wie Hermann Borchardt, Carl Zuckmayers Freund Albrecht Joseph oder dem Fotografen Eric Schaal ist bei Weidle in vielen Publikationen vertreten. Hinzu kommen Bücher zur Geschichte des Kurt Wolff Verlags, dessen Tradition sich der Wallstein Verlag ebenfalls verpflichtet fühlt und vieles mehr. Außerdem ist die jahrzehntelange Freundschaft zwischen den Verlegern eine Vertrauensbasis für die Fortführung des Lebenswerks von Barbara und Stefan Weidle.“

Der Weidle Verlag hat sich mit der Publikation von Literatur der 1920er Jahre und autobiographischen Texten zum deutsch-jüdischen Exil in England und den USA einen Namen gemacht. Autorinnen wie Anita Lasker-Wallfisch und Zdenka Fantlova wurden hier zuerst veröffentlicht, ebenso die umfangreiche Biographie über Alma Rosé von Richard Newman und der sehr erfolgreiche autofiktionale Roman »Hintergrund für Liebe« von Helen Wolff. Im Feld der internationalen Gegenwartsliteratur kümmert sich der Weidle Verlag vor allem um kleinere Sprachen. So erscheinen Romane aus dem Georgischen (Aka Morchiladze), Isländischen (Petur Gunnarsson), Norwegischen (Helga Flatland), Niederländischen (Joost Zwagerman), Finnischen (Mooses Mentula) und zuletzt Albanischen (Lindita Arapi).

Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es, die Geschichten von Krieg, Flucht und Migration in der Literatur abzubilden und diese Themen einem größeren Publikum zugänglich zu machen. So erschienen Texte aus Syrien (Niroz Malek, Mustafa Khalifa) und Togo/Kanada (Edem Awumey). Der im Herbst 2023 veröffentlichte Roman Die Nacht der Zeiten« von René Fülöp-Miller ist ein Buch über den Krieg an sich, das der jüdische Emigrant bereits 1955 in den USA publizierte. Das deutsche Manuskript entdeckte Stefan Weidle im Archiv des Dartmouth College.

Stefan Weidle engagierte sich viele Jahre als Vorsitzender der Kurt Wolff Stiftung für die Belange der unabhängigen Verlage und Buchhandlungen. Auf seine Initiative geht der Deutsche Buchhandlungspreis zurück. Er übersetzt aus dem Englischen und Französischen. Barbara Weidle leitete drei Jahre das Literaturhaus Bonn. Sie baute mit der Leipziger Buchmesse und der Kurt Wolff Stiftung das „Forum der Unabhängigen“ auf, kuratierte Ausstellungen, u.a. zu Kurt Wolff, übersetzt aus dem Englischen und engagiert sich im Vorstand der LitProm für Literatur aus Afrika und Asien, bei den BücherFrauen und für das gendergerechte digitale Lexikon Equalpedia.

Kommentare (1)
  1. Stefan Weidle ist ein anspruchsvoller, entdeckungsfreudiger Verleger. Die Qualität und die Vielfalt seines Programms sind bemerkenswert. Ein seriöser Verleger ist er leider nicht. Wer für ihn ein Nachwort schreibt, dem kann es passieren, dass er um das Honorar geprellt wird, das ihm angeboten wurde.

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