„Zeit-Schwingungen, die Vergangenes und Gegenwärtiges verbinden“ Irina Liebmann erhält den Uwe-Johnson-Preis

Irina Liebmann (© Maximilian Merz)

Der mit 20.000 Euro dotierte Uwe-Johnson-Preis 2020 wird der Berliner Schriftstellerin Irina Liebmann für ihren Roman Die Große Hamburger Straße (Schöffling & Co.) verliehen. Die sechsköpfige Jury wählte aus einer Vielzahl an eingesandten Texten aus den Bereichen Prosa und Essayistik die diesjährige Preisträgerin aus.

Die feierliche Preisverleihung findet im Rahmen der Uwe-Johnson-Tage am Freitag, dem 9. Oktober 2020, in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin statt.

Die Jury begründet ihre Entscheidung für Irina Liebmann folgendermaßen: „Gedächtnis und Erinnerung sind zentrale Achsen im Gesamtwerk von Irina Liebmann, in dem es nach Reportagen und Hörspielen mit Berliner Mietshaus (1982) ein vielbeachtetes Prosadebüt gab. Von Beginn an ging es ihr darum zu erzählen, ‚wie etwas wirklich ist‘. Damit waren schon früh Koordinaten für eine Poetologie gelegt, die Bezüge zu der von Uwe Johnson haben. Es geht nämlich immer auch darum, ‚Herkunft, kenntlich zu machen‘ und ‚in Kenntnis (zu) leben‘. Dazu hat Irina Liebemann sich immer wieder auf eine akribische Spurensuche begeben. Für den Roman In Berlin hatte sie einen Erzählton gefunden, der es möglich machte, die inneren und äußeren Bewegungen vor und nach 1989 zusammenzubinden. Nun schließt sich der Kreis dieses einzigartigen Schreibprojekts mit dem Roman Die Große Hamburger Straße. Irina Liebmann hat in diesem Text ein Prosa-Netz entworfen, in dem unterschiedliche Zeitebenen kunstvoll miteinander in Verbindung gebracht werden, die Spanne reicht vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Über Adressbuchauszüge, Straßenpläne, eigene Tagebuchnotizen, Protokolle, Traumsequenzen, Reime, Metaphern werden Töne in Moll und Dur angeschlagen und Zeit-Schwingungen erzeugt, die Vergangenes und Gegenwärtiges verbinden. Entstanden ist ein Roman in Bildern, und mitunter ähnelt die Sprache einem Prosagedicht.“

Der Jury gehören an: Carsten Gansel, Professor für Neuere deutsche Literatur und Literatur- und Mediendidaktik an der Universität Gießen (Sprecher); Gundula Engelhard, Geschäftsführerin der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft; Michael Hametner, ehemals leitender Literaturredakteur und Moderator bei MDR FIGARO; Thomas Hummitzsch, freier Kritiker; René Strien, ehemaliger Geschäftsführer des Aufbau Verlages und seit 2018 Geschäftsführer des OKAPI Verlages Berlin; und Almut Thölking-Baulig, Leiterin der Kulturredaktion im NDR Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern.

Für den Uwe-Johnson-Preis konnten Autorinnen und Autoren oder deren Verlage bis zum 13. März 2020 seit Anfang April 2018 veröffentlichte oder noch unveröffentlichte Prosa- und essayistische Arbeiten einreichen. Der Preis würdigt herausragende literarische Werke, in denen sich Anknüpfungspunkte zur Poetik Uwe Johnsons finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits „einfacher Wahrheiten“ auf die deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist.

Der Uwe-Johnson-Preis wurde 1994 erstmals verliehen, zu den Preisträgern gehören unter anderen Walter Kempowski, Lutz Seiler und Christa Wolf. Der mit 20.000 Euro dotierte Literaturpreis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. gemeinsam mit Gentz und Partner Rechtsanwälte Steuerberaterin mbB, Berlin, und dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis vergeben. Zuletzt wurden Kenah Cusanit mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis 2019 und Ralf Rothmann mit dem Uwe-Johnson-Preis 2018 gewürdigt.

Weitere Informationen und die gesamte Jurybegründung finden Sie unter www.uwe-johnson-preis.de.

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