Der NWB Verlag aus Herne feiert in diesem Jahr 75-jähriges Bestehen und begeht dieses große Jubiläum mit zahlreichen Aktionen – über das ganze Jahr hinweg. Anlass für BuchMarkt mit NWB-Geschäftsführer Dr. Ludger Kleyboldt über die Verlagsgeschichte, Ziele und Schwerpunktthemen (wie zum Beispiel die Digitalisierung) zu sprechen:
BuchMarkt: Der NWB Verlag feiert 75. Jubiläum. Konnten Sie das bereits ein wenig feiern?
Dr. Ludger Kleyboldt: Ja, wir sind am 01. April mit einem kleinen Get Together mit allen Mitarbeitenden in das Jubiläumsjahr gestartet. Die Feier war nach über zwei Jahren gleichzeitig die erste Gelegenheit, bei der wir uns mit einem Corona-Testkonzept wieder getraut haben, uns persönlich zu begegnen. Und das mit vollem Erfolg! Als Überraschung gab es ein Exemplar unseres Fotobuchs „Herne Bilder“, das wir gemeinsam mit dem Architekten und Fotografen Maximilian Meisse anlässlich unseres Jubiläums veröffentlicht haben. Wir fühlen uns Herne sehr verbunden und möchten unserer Heimatstadt etwas zurückgeben. Der Bildband rückt Herne im vermeintlich so grauen Ruhrpott ins rechte Licht. Sämtliche Einnahmen aus dem Verkauf des Bandes fließen in ein von uns initiiertes soziales Projekt zur Unterstützung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen in Herne ein. Die Kinder und Jugendliche werden von freiwilligen Mitarbeitenden des NWB Verlags langfristig persönlich begleitet, um sie auf ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten.
Darüber hinaus haben uns mehrere Menschen, die auf die unterschiedlichsten Arten seit vielen Jahren mit NWB verbunden sind, in einem Video gratuliert. Ein erster Teil des Videos ist bereits auf unserer Landingpage zum Jubiläum zu finden, es wird nach und nach immer wieder Updates geben.
Weitere Aktionen, wie Veranstaltungen für unsere Autorinnen und Autoren, besondere Angebote für unsere Kundinnen und Kunden, eine Fahrt mit allen Kolleginnen und Kollegen nach Berlin und unser Sozialprojekt sind bereits in Planung. Wir feiern unser besonders Jubiläum über das ganze Jahr.
Was war von Anfang an die Idee hinter NWB?
Vor 75 Jahren ist mein Großvater, der Rechtsanwalt Friedrich-Wilhelm Schlenkhoff, mit seiner Familie aus dem vom Krieg geprägten Berlin in seinen Heimatort Herne zurückgekehrt. Auf der Flucht sagte er den legendären Satz: „Ursula, wenn wir in Herne sind, dann machen wir eine Zeitschrift.“ Mit seinen Freunden Dr. Karl Peter und Dr. Otto Woßidlo brachte er am 1. April 1947 dann die erste Ausgabe der Zeitschrift „Neue Wirtschafts-Briefe“ heraus, eine Zeitschrift für das Steuerrecht als Loseblattwerk, systematisch geordnet, farbig gekennzeichnet und zum Nachschlagewerk ausbaubar. Unser Ziel war und ist es, Menschen mit passgenauem Wissen zu ihrem beruflichen Erfolg zu navigieren – jetzt und in Zukunft. Heute führe ich in dritter Generation das Unternehmen und bemühe mich mit etwas Stolz, aber auch mit Demut darum, NWB im Sinne meines Großvaters weiterzuführen.
Holen Sie uns gerne etwas rein in die Verlagsgeschichte. Was waren denn wichtige Meilensteine, die den Verlag bis heute geprägt haben?
Schon die erste Ausgabe der NWB war sehr erfolgreich, bereits 17 Tage nach dem Erscheinen gab es 600 Leserinnen und Leser, nach einem Monat grob 1.800. Bereits zur Währungsreform im Juni 1948, die für besonderen Berichtstoff sorgte, gab es 8.500 Leserinnen und Leser.
Eine Ausweitung der Themen erfolgte 1953 durch zwei neue Produkte zu Buchhaltung (BBK) und zum Internationalen Steuerrecht (IWB). Heute würde man von Line Extensions sprechen. Gleichzeitig wurde ein Buchprogramm und später auch ein Seminarangebot ergänzt.
Im Jahr 1964 stieß der Friedrich Kiehl Verlag zu uns dazu. 2010 erfolgte der Umzug des Kiehl Verlags nach Herne. Die beiden Gesellschaften wurden rechtlich vereinigt, die beiden starken Marken hingegen weitergeführt.
Interessant vielleicht auch die Digitalisierung bei NWB: 1971 wurde der erste Computer per Lastenkran in das 5. Obergeschoss gehievt – er enthielt immerhin 16 KB Speicher und lief von Beginn an im 24-Stunden-Betrieb.
Ein besonders einschneidendes Ereignis war die Wiedervereinigung 1990: Aus Sonderdrucken wurden eigenständige Zeitschriftentitel, zum Beispiel der Infodienst „DDR spezial“. Von einer Berliner Redaktion wurden die vereinigungsbedingten Sonderthemen bis in die Zweitausender Jahre betreut.
Die Herausgabe digitaler Informationen und Produkte startete in den neunziger Jahren. Ein Film von unserer Feier zum 50jährigen Jubiläum 1997 wurde übrigens damals schon auf der Webseite zum Download angeboten. Unser Angebot besteht heute in erster Linie aus digitalen Inhalten, die durch Print-Ausgaben ergänzt werden.
Weitere Zukäufe sind der Branchenpresseverlag JUVE in Köln 2016 sowie der SIS Verlag in München 2019. Darüber hinaus sind wir seit 2008 an dem Steuerrechtsinstitut Knoll in München beteiligt. So hat sich der NWB Verlag zu einer Gruppe entwickelt.
Seit dem 01. Januar 2022 haben wir uns mit einer neuen Gruppenstruktur zukunftsfähig aufgestellt. Die Unternehmenseinheiten werden strategisch von einer Beteiligung geführt und operativ von Geschäftsleitungsteams verantwortet.
Heute gilt der NWB Verlag als führender Fachverlag für Steuer- und Wirtschaftsrecht. Was machen Sie, damit das auch so bleibt?
In den vergangenen Jahren haben wir in Herne massiv in die Zukunftsfähigkeit unserer digitalen Produkte und Prozesse investiert. Mit unserer Serviceeinheit NWB Central können alle Gruppenmitglieder von dieser Expertise und Erfahrung profitieren. Diese Services bieten wir darüber hinaus nun auch in der Branche an. In der neuen Struktur können wir unsere Strategie optimal abstimmen und die Kompetenzen in der Gruppe bestmöglich nutzen.
Das Wichtigste bei uns ist aber die Art der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Eigenverantwortung, Transparenz und Vertrauen. Dafür benötigen wir Menschen, die zu uns passen und – vielleicht typisch fürs Ruhrgebiet – authentisch sind.
Mit dieser Ausrichtung und diesen Menschen sind wir überzeugt, für die Zukunft gut aufgestellt zu sein.
Gab es in den 75 Jahren auch mal herbe Rückschläge, in denen es nicht so gut lief?
Kleinere Rückschläge gab es sicher. In der Geschichte von NWB mussten wir zum Glück aber noch keine herben Rückschläge durchstehen. Wenn, dann gab es vielleicht hausgemachte Herausforderungen, aus denen wir dann aber versuchen zu lernen.
Zum Beispiel konnten wir die Corona-Pandemie gut meistern, weil wir mit dem engagierten Einsatz unseres Teams und entsprechender Vorleistungen und Investitionen durch die IT stets leistungsfähig waren. Was noch nicht passte wurde zügig nachgezogen. Aktuell befassen wir uns mit den Engpässen in der Papier- und Druckbranche sowie den steigenden Energiepreisen. Ich bin mir sicher, dass wir auch diese Krise meistern werden, nicht zuletzt aufgrund unseres hohen Digitalisierungsgrades.
Was war damals das Ziel und was ist es heute?
Unser Ziel, wir nennen es intern „Mission“, war schon 1947 das gleiche wie heute: Wir navigieren Menschen mit passgenauem Wissen zu ihrem beruflichen Erfolg. Jetzt und in Zukunft. Damit möchten wir ausdrücken, dass zum Beispiel das Verfassen von Inhalten nur das Mittel zum Zweck ist. Damit bleiben wir geistig offen für Veränderungen, weil wir stets prüfen, mit welchen Mitteln wir diese Mission am besten erreichen.
Wie wichtig ist dabei auch das gesamte Team, die Zusammenarbeit?
Sehr wichtig. Ohne das Team, die Menschen bei NWB und deren offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit, gäbe es NWB wahrscheinlich schon gar nicht mehr. Unsere Kultur lebt durch das gute Miteinander. Es ist ganz klar: Ohne die Menschen, die tagtäglich für NWB ihr Bestes geben, könnten wir dieses Jubiläum nicht feiern und auf eine so erfolgreiche Geschichte zurückblicken
Uns ist natürlich auch wichtig, dass diese Kultur nach außen bekannt gemacht wird, zum Beispiel um attraktiv für neue Mitarbeitende zu sein. Unsere 100 % Weiterempfehlungsrate bei kununu ist dafür ein schönes Zeichen.
Hat sich der programmatische Schwerpunkt über die Jahrzehnte auch verändert?
Nein, inhaltlich sind wir unseren Wurzeln grundsätzlich treu geblieben. Natürlich haben wir das Themenspektrum immer weiter ausgebaut, zum Beispiel im Bereich der Aus- und Weiterbildung und bei der Unterstützung der Kundinnen und Kunden im Bereich der Kanzleiführung. Und natürlich ist unser Angebot immer digitaler geworden. Zuletzt haben wir durch die Unternehmenseinheit NWB Central einen weiteren großen Schritt gewagt und bieten unsere Expertise und unsere Dienstleitungen nun auch anderen Unternehmen an.
Gibt es bestimmte Bücher, Plattformen und Standardwerke, die explizit für NWB stehen und diesen ausmachen?
Vor allem natürlich unsere NWB Loseblattzeitschrift, die als Informationssystem der erste Baustein in unserer jahrelangen Erfolgsgeschichte war. Diese ist aufgegangen in der NWB Datenbank. Ein schönes Beispiel sind auch unsere „Wichtigen Steuergesetze“, die als gelbes Buch schon viele Menschen in Ausbildung, Studium und Beruf begleitet haben. Ich könnte jetzt noch viel mehr aufzählen, aber das würde den Rahmen sprengen.
Welche Reaktionen erhalten Sie denn auf Ihre Produkte?
Überwiegend positive, das beweist sicher auch unser 75jähriges Bestehen. Wir freuen uns immer über Feedback, egal ob positiv oder konstruktiv negativ, dadurch können wir uns und unsere Produkte verbessern und zielgruppenfokussiert weiterentwickeln. Durch regelmäßige Marktforschungen und persönliche Gespräche mit den Zielgruppen fordern wir aktiv Feedback.
Sie planen im Zuge des Jubiläums nun zahlreiche Aktionen. Worauf können sich Ihre LeserInnen und KundInnen denn freuen?
Wir sind dankbar für die 75 Jahre und möchten gerne etwas zurückgeben. Das Sozialprojekt und das Buch hatte ich ja schon erwähnt. Für unsere Kundinnen und Kunden haben wir ein paar Überraschungen geplant, von denen ich noch nicht zu viel verraten möchte. Unter anderem planen wir ein Gewinnspiel mit nachhaltigen Preisen. Auf unserer Landingpage zum Jubiläum gibt es bald ein virtuelles Geburtstagsbuch, bei dem jeder Glückwunsch auch einen guten Zweck erfüllt. Weitere besondere Jubiläumsangebote sind bereits in Planung.
Ist auch was für den Buchhandel dabei?
Das Buch Herne Bilder wird über den Buchhandel vertrieben. Sämtliche Einnahmen fließen in unser Sozialprojekt ein.
Wo sehen Sie den Verlag in 25 Jahren?
Eine schwierige Frage. Denn wir alle haben in den letzten Jahren gesehen, wie unmöglich Vorhersagen und Langfrist-Prognosen geworden sind. Ein paar Parameter traue ich mich aber zu nennen: Wir sind weiter stark am Standort Herne, konzentrieren uns weiterhin auf Lösungen im B2B-Umfeld, vielleicht mit weiteren Themenfeldern, unsere professionellen Services werden umfangreich auch von anderen Verlagen genutzt, und wir möchten weiterhin als Familienunternehmen mit einem starken Team langfristig denken, mutig handeln und auch freundlich sein. Mich persönlich sehe ich dabei übrigens dann ohne verantwortliche oder gar operative Aufgabe, aber ich würde mich natürlich freuen, das noch erleben zu dürfen …