Auszeichnungen „Public Swimming“ ist das schönste Regionalbuch

Am Freitag Abend fand im Haus des Buches in Frankfurt eine abschließende öffentliche Jurysitzung und die Preisverleihung im erstmals – nach einem Probelauf im Vorjahr – ausgetragenen Wettbewerb Deutschlands schönstes Regionalbuch statt.

Bis zum 30. Juni 2018 hatten Verlage die Möglichkeit, aktuelle Bücher mit regionalem Bezug – egal ob Koch- oder Kinderbuch, Wanderführer oder historischer Roman, Krimi oder Bildband – bei der IG Regionalia und der Stiftung Buchkunst, beide Veranstalter des Contests, einzureichen. 110 Bücher waren eingegangen. Herstellerische Brillanz, regionaler Bezug und Verkäuflichkeit im Buchhandel vor Ort standen im Mittelpunkt der Bewertung.

Jürgen Kron, Sprecher der IG Regionalia mit derzeit etwa 80 Mitgliedern, begrüßte die Gäste: „Wir haben ein breites Spektrum an Büchern erhalten. Viele Verlage sind oft seit Jahrzehnten mit ihrer Region verwurzelt.“ Er lobte die Kooperation mit der Stiftung Buchkunst und stimmte auf die letzte Runde der Jury ein, die sich aus fünf Experten verschiedener Bereiche zusammensetzt. Jeder Juror stellte anschließend einen Titel von den fünf Finalisten vor.

Katharina Hesse, Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst, scherzte: „Da die Preisverleihung nächstes Jahr am Ort des Gewinners stattfindet, freuen wir uns auf Hildesheim oder Berlin, München oder Schwimmbäder in Hessen oder Seen bei Berlin.“ Das waren die Orte, die in den fünf Büchern der Endrunde fotografiert und beschrieben wurden.

Der Jury gehörten an: Ludger Claßen, ehemals Klartext-Verlag, Essen; Andreas Eggenwirth, Genussagentur gourmetConnect; Helga Heinicke-Krabbe, Buchhandlung Libra, Oberursel; Martin Schmitz-Kuhl, Agentur Schwarzburg, und Daniela Pichotta, Teamleiterin Digitales und Prozesse beim S. Fischer Verlag. Einen ersten Durchgang hatte die Jury bereits vor vier Wochen absolviert, um die fünf Finalisten zu ermitteln.

Ludger Claßen hatte sich für die Endrunde intensiv mit Alt-Hildesheim in Farbe. Frühe Farbaufnahmen der Stadt von 1850 bis 1950 von Maike Kozok, erschienen im Gebrüder Gerstenberg Verlag, Hildesheim, beschäftigt. „Das Buch zeigt die Altstadt unzerstört, es ist ein besonderes Beispiel für historisches Engagement eines Verlages, den es seit über 200 Jahren gibt.“ Pichotta stellte den Unterschied zwischen glänzendem Schutzumschlag und mattem Einband zur Diskussion und benannte typografische Mängel. „Die Textblöcke sind schlecht lesbar, aber die Bilder sind schön“, urteilte Schmitz-Kuhl. „Ich fand das Buch schön, aber die nachkolorierten Bilder haben mich gestört“, bemerkte Heinicke-Krabbe. Eggenwirth sagte, dass der Band in Hildesheim sicher Verkaufswert habe, bezweifelte den allerdings andernorts.

Daniela Pichotta besprach Berlin-Wedding von Julia Boek und Axel Völcker, das Fotobuch erschien im Kerber Verlag. „Die Texte sind in Deutsch und Englisch, also für das internationale Berlin gedacht. Die Fadenheftung kommt der Haltbarkeit zugute, ein Schutzumschlag hätte den Ecken vielleicht genützt.“ Die 1980er-Jahre-Typografie sei ihr zu schwarz, aber eben gut lesbar. Außerdem stünden ohnehin die herausragenden Bilder im Vordergrund. „Der Band gehört für mich zu den besten Bildbänden, ich finde die Typografie markant und gelungen“, entgegnete Schmitz-Kuhl. „Die Bilder springen einen tatsächlich an“, lobte Claßen.

Public Swimming. 51 Freibäder, Naturbäder und Badeseen in den Regionen Aschaffenburg, Darmstadt, Frankfurt, Gießen und Wiebaden von Gabi Schirrmacher, erschienen bei Schirrmacher editions, hatte sich Andreas Eggenwirth näher angesehen. „Es ist ein knuffiges Buch und praktisch nutzbar. Seine wahre Schönheit kommt von innen. Mit diesem Buch kann man den Sommer gestalten.“ Der Juror lobte die akribische Beschreibung der Bäder und Seen. Claßen gefiel der robuste Umschlag, aber: „Vielleicht ist ein bisschen zu viel Farbe verwendet worden.“ Heinicke-Krabbe urteilte: „Das Buch hat mir gut gefallen, wurde getestet und ist praktikabel.“ Schmitz-Kuhl würdigte die gelungene und übersichtliche Gestaltung.

An der Reihe war dann 50 60 70. Architektur aus drei Jahrzehnten im Münchner Stadtbild von Alexander Fthenakis und Oliver Heissner, Dölling und Galitz Verlag. „Auf extrem dünnem Papier, das bemerkenswert gut funktioniert, werden Spaziergänge durch München angeboten“, sagte Martin Schmitz-Kuhl. Er betonte die geschickte Leserführung, bemängelte jedoch den sperrigen Überblicksplan. Leider habe das Buch keinen robusten Umschlag.

„Das Buch ist wie ein Katalog und hat mir auch aufgrund des durcheinander gewirbelten Titels nicht gefallen“, urteilte Heinicke-Krabbe. Sie regte zudem an: „Krimis waren so gut wie gar nicht unter den eingesandten Büchern. Da mangelt es wohl an der Gestaltung.“

Claßen nannte das Buch eine Gratwanderung zwischen Fach- und Regionalbuch, das schwierig zu fassen sei.

Schließlich war der letzte Finalist an der Reihe; Helga Heinicke-Krabbe hatte sich mit der zweiteiligen Reihe Take Me to the Lakes von Caroline Rosina und Nils D. Kraiczy, The Genter Temper – Design Book Publishing befasst. „Beide Bände gehören zusammen, sind aber höchst unterschiedlich“, bemerkte die Jurorin. Zwischen englischem Titel und deutschem Text sehe sie kein Problem. „Die Beziehung zwischen Natur und Dingen wird dargestellt, das finde ich gut.“ Der Umschlag mit Sonderfarbe lade zwar ein, sei aber sehr empfindlich. Die kurzen Texte weckten die Neugier auf insgesamt 140 benannte Seen. Claßen fielen die beiden höchst unterschiedlichen Einbände auf. Pichotta fand die Typografie toll, das Raster jedoch unverständlich. Schmitz-Kuhls Wertung schwankte zwischen „schön“ und „zu flau“.

Katharina Hesse, Gestalterin Sandra Doeller, Gabi Schirrmacher und Jürgen Kron

Nach zwei Abstimmungsrunden stand der Sieger fest: Public Swimming ist das erste schönste Regionalbuch Deutschlands.

Alle Finalisten erhielten Urkunden und eine Flasche Wein.

Die Jury hat nächstes Jahr die Qual der Wahl, welches Bad oder welchen See aus 51 sie als Ort für die zweite Preisverleihung auswählt.

JF

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