Unter dem Dach der Stiftung Lesen soll es zum Herbst ein Geschenk geben, das, kaum dass davon bekannt wird, bereits in der Kritik steht: „Ein besonderes Märchenbuch soll zum Lesen anstiften“, teilt die Stiftung Lesen mit. Geschäftsführer Dr. Jörg F. Maas erklärt: „Die Stärke der Stiftung Lesen zeigt sich immer dann, wenn die Mitglieder eigene Ideen entwickeln, die in unserem Netzwerk aus Unternehmen und Institutionen aufgegriffen und multipliziert werden. Uns allen geht es darum, dass das Lesen seinen Platz im Alltag der Menschen findet und behält.“ So sei die Idee eines kostenlosen Märchenbuches zusammen mit Amazon entstanden. „Gemeinsam mit der Stiftung Lesen und den Buchhändlern Thalia und Hugendubel wird die geplante Auflage in ganz Deutschland on- wie offline zur Verfügung stehen“, heißt es in einer Mitteilung.
Weitere Details wolle man erst Anfang September bekannt geben, teilt die Stiftung auf Nachfrage mit. Die Auflage des Märchenbuchs soll 1 Millionen Exemplare betragen, diese Zahl hatte Amazon laut der Stiftung bei einer Veranstaltung bekanntgegeben. Wie hoch die Print-Auflage ist, lässt sich daraus nicht ablesen. Vor allem die Nennung von einzig zwei Buchhandels-Filialisten als Partner der Aktion sorgt jedoch derzeit für großen Unmut von Seiten unabhängiger Buchhändlerinnen und Buchhändler in den sozialen Medien. Eine Antwort auf die Frage, ob das unabhängige Sortiment tatsächlich – im Gegensatz zur bundesweit etablierten Aktion „Ich schenk dir eine Geschichte“ am Welttag des Buches – bei der Verteilung des Märchenbuchs am Weltkindertag am 20. September ausgeschlossen werden soll, steht noch aus.
Mmmmh, ist schon irgendwie seltsam: Da wollen die Kinder also keine Bücher mehr lesen und als einzige Lösung fällt der Stiftung Lesen und den drei Playern ein, das unbeliebte Produkt einfach zu verschenken. Ich bin gespannt, wann VW zum Nachahmer wird und in ähnlicher Weise die letzten Dieselfahrzeuge raushaut.
Die eine Million für lau rausgeschossener Bücher überdeckt erfolgreich und werbewirksam das tägliche Engagement vieler Sortimenter, die man wohl gar nicht erst ins Boot zu holen gedachte. Denn die haben in der Regel nichts zu verschenken, leisten aber dafür vor Ort die Kärrnerarbeit, die ich persönlich für effektiver und zielführender halte. Aber nun denn – offensichtlich geht es um den Effekt und nicht um Effektivität.
Und wer wissen möchte, wie nett dieses Triumvirat aus Amazon, Hugendubel und Thalia schon zusammenarbeitet, der schaue sich doch mal die Webshops der beiden letztgenannten Unternehmen auf der ganz großen Plattform an…
Jens Bartsch / Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Also ich sehe haufenweise kleinere Buchhandlungen auf der Teilnehmerliste: https://images-eu.ssl-images-amazon.com/images/G/03/kindle/content/apub/fairytale/Buchhandlungen_v3.pdf