
Der Mannheimer Spielwarenhändler Wolfgang Blatt, Inhaber des Geschäfts Urmel-Spielzeug, ist kürzlich der Verbundgruppe eBuch beigetreten und bietet nun auch Bücher an, auch, um sich gegen die steigende Konkurrenz im Spielwarenbereich durch Thalia zu positionieren. Im Interview mit BuchMarkt spricht er über die Rolle des inhabergeführten Handels.
BuchMarkt: Herr Blatt, Sie sind eigentlich Spielwarenhändler. Wie kommt es, dass Sie nun auch ins Buchgeschäft einsteigen?
Wolfgang Blatt: Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Wir beobachten schon länger, wie Thalia in unser Segment der Spielwaren expandiert. Aktuell wurden schon viele Spielwarenläden von Thalia übernommen. Das verändert die Spielregeln dramatisch – und wir mussten darauf reagieren.
BuchMarkt: Inwiefern?
Thalia agiert mit einer extrem aggressiven Preispolitik. Da werden systematisch unverbindliche Preisempfehlungen unterboten, um Marktanteile zu sichern. Das bringt inhabergeführte Geschäfte wie unseres massiv unter Druck. Unsere Antwort ist: Wir erweitern unser Angebot, um unseren Kund:innen noch mehr Gründe zu geben, bei uns einzukaufen – darunter eben auch Bücher.
Bei den Thalia-Übernahmen heißt es außerdem immer, das diene der „Standortsicherung“. Tatsächlich erleben wir aber, dass mit jeder Übernahme ein Stück Vielfalt verschwindet. Inhaber:innen, die über Jahrzehnte mit Kompetenz und Leidenschaft ihr Geschäft aufgebaut haben, werden verdrängt. Die Preise für Spielwaren sind oft krumm kalkuliert – da steckt System dahinter. Wer da mithalten will, muss entweder auf Marge verzichten oder aufgeben.
BuchMarkt: Welchen Einfluss hat das auf größerer Ebene auf die Innenstädte?
Die Innenstädte verlieren an Charakter. Es entsteht eine Monokultur, in der überall dieselben Sortimente liegen. Der kleine Fachhandel macht Innenstädte lebendig – durch persönliche Beratung, ausgewählte Produkte und Nähe zu Familien, Schulen, Kitas. Wenn das alles wegfällt, verarmen unsere Städte – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell. Wir kämpfen jeden Tag. Aber wir sehen auch: Da bewegt sich was. Kund:innen wollen Alternativen. Wir erleben große Solidarität. Mit genialokal, anabel und unserer neuen Buchauswahl setzen wir ein Zeichen. Es ist auch eine Ansage: Wir sind da, wir haben etwas zu bieten – und wir halten dagegen.
BuchMarkt: Warum setzen Sie dabei auf genialokal und anabel?
Unsere erste Anfrage ging an genialokal, weil wir dort die Idee teilen, stationäre Läden digital sichtbar zu machen. Wir wollen zeigen: Es gibt Alternativen zum Online-Giganten oder zur Kette. Der Einkauf über anabel hilft uns zusätzlich, die Buchsortimente smart zu steuern.
BuchMarkt: Was genau bieten Sie im Buchsegment an?
Wir starten mit dem, was wir seit jeher gut können: Kinder- und Jugendbuch. Aber auch andere Titel kommen nach und nach dazu. Wir tasten uns da langsam vor, bauen Sichtbarkeit über Social Media und unsere Website auf, schaffen Platz und nutzen anlassbezogene Aktionen vor Ort, zum Beispiel zur Banksy-Ausstellung oder dem Dinosaurier-Museum in Mannheim.
BuchMarkt: Was ist Ihre langfristige Strategie?
Es geht um Profil, Persönlichkeit und Relevanz. Wenn jemand einen Laden wie unseren betritt, dann soll er etwas spüren. Unsere Mitarbeiter:innen kennen die Kund:innen, sind mit Herzblut dabei. Wir wollen die Menschen berühren – mit Produkten, Beratung und einem Gefühl von Heimat. Das kann kein Konzern leisten.
BuchMarkt: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Blatt.
Die Fragen stellte Hanna Schönberg