Seit dem 6. Dezember (Nikolaustag) fragen wir wieder bis zum 6. Januar 2022 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute beantwortet Julian Müller, der Geschäftsführer der eBuch Service GmbH & Co. KG, unseren „anderen“ Fragebogen:
Wie war Ihr Jahr 2021?
Das ist eine ziemlich komplexe Frage, auf die gar nicht so leicht zu antworten ist. Sehr zwiegespalten würde ich sagen. Einerseits waren und sind es sehr große Herausforderungen, welche wir alle zu meistern haben, und natürlich mischt sich große Sorge in die Gedanken, wie alles werden wird. Ob wir alle, auch unsere Gesellschaft als Ganzes, den Rechtsruck, wirtschaftliche Auswirkungen der Pandemie, um nur mal einige zu nennen, unbeschadet überstehen werden.
Anderseits war das Jahr auch geprägt durch viele positive Dinge, wie das Engagement der Buchhändler*innen, aber vor allem auch die Loyalität und Unterstützung vieler Menschen aus unserer Gesellschaft. Das Gefühl „Zusammen schaffen wir das!“ hat gerade uns Einzelhändler sehr getragen.
Kurz gesagt, bei aller Erschöpfung und Kraftanstrengungen finde ich, dass wir uns an diesen positiven Dingen aufrichten sollten und alles in unserer Macht Stehende tun sollten, um wieder zur Normalität zurückkehren zu können.
Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Ich persönlich empfinde jeden Tag, den ich erleben darf, als Geschenk. Insofern war jeder Tag ein schöner, wenn auch einige schwierige dabei waren!
Vier Tage heben sich aber doch noch etwas ab, die Geburtstage meiner Kinder. Diese Tage haben für mich persönlich die größte Bedeutung. Zu erleben, wie sie sich entwickeln und reifen, das ist einfach schön. Und einer hat jetzt auch schon das Nest verlassen und angefangen zu studieren. Auch das war natürlich ein sehr prägender Tag.
Worüber haben Sie sich 2021 am meisten geärgert?
Über Weltraumflüge, um Eitelkeiten zu befriedigen. Ich glaube, dass es wichtigere Dinge gibt und gerade in der Pandemie sollten wir in unserem Umfeld, aber auch über diese Grenze hinaus genau hinschauen wo mit dem Geld geholfen werden kann.
Gerade unsere Kinder, egal in welchem Land, haben sehr gelitten und tun dies noch.
Was war 2021 Ihr schönster Erfolg?
Der schönste Erfolg war, dass wir als Genossenschaft stark mithelfen konnten, dass unsere Mitglieder den Kampf gegen die Auswirkungen der Pandemie gut geschafft haben und leider ja immer noch schaffen müssen. Das fand ich unseren schönsten Erfolg, wenn man das so bezeichnen kann.
Ein schöner Erfolg, wenn auch nicht unserer, sind auch die vielen Neugründungen in unserer Branche. Das finde ich einfach klasse und zeigt, dass unsere Branche immer noch attraktiv und reizvoll auch für junge Unternehmer*innen ist.
Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Dass ich nur zwei Hände und der Tag nur 24 Stunden hat, es gäbe so viel mehr zu tun.
Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
Jede Buchhandlung, jeder Verlag, welche zur kulturellen Vielfalt in unserer Branche beitragen zeigen jeden Tag aufs Neue ihre Schönheit. Nach nun mehr 18 Jahren in dieser Branche finde ich das nach wie vor absolut beindruckend und wunderschön. Die Menschen, die hinter all den Buchhandlungen und Verlagen stehen, das sind die Eckpfeiler unseres wertvollen Fundaments der kulturellen Vielfalt.
Sie schafft Bildung, Unterhaltung und Kreativität und so vieles mehr! Und genau das benötigt unsere Gesellschaft unbedingt!
Von welchem Thema wollen Sie im neuen Jahr nichts mehr lesen?
Dass Menschen Menschen „mit Füssen treten…“
Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Dass wir zusammen die Krisen gemeistert und als Menschen neu gelernt haben zusammenstehen, egal woher wir sind und woran wir glauben.
Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im neuen Jahr vermeiden?
Immer Ja zu sagen zu Ideen von denen ich meine, dass sie wichtig sind für unsere Ziele für den inhabergeführten Buchhandel. Meine Kolleg*innen schmunzeln schon, wenn ich das Haus verlasse, weil Sie genau wissen, ich komme wieder mit einem Topf voller neuer Ideen zurück.
Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Ich befürchte, ich werde wieder Ja sagen…😉 Aber dafür haben wir ein wunderbares Team in der eBuch, die alle Themen immer gut priorisiert und uns alle erdet. Unsere Ziele, eine starke eBuch-Community stabil und innovativ zu halten, lässt uns alle hier nicht ruhen. Das verfolgen wir mit einer unglaublichen Leidenschaft und Beharrlichkeit.
Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
Nicht lachen, es waren zwei Kinderbücher…so einfach, so wundervoll gut!
Bitte anstellen! und Das Küsschen-Krokodil.
Dort sind so viele wertvolle Messages drin, das hat mich fasziniert und begeistert.
Und von meiner Tochter bekomme ich nun, trotz Bartstoppel, mehr Küsschen.
Danke Jozua Douglas und Loes Riphagen!
Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Jedes Buch!
99% zeigen die wunderschöne Vielfalt und warum diese unbedingt erhalten bleiben muss. Die restlichen 1%, warum wir als Gesellschaft diese Bücher und Ihr Gedankengut nicht brauchen. Leider lässt sich dieser Missbrauch des Buches als Medium leider nicht gänzlich verhindern, aber zeigt uns, gegen was wir aufstehen müssen!
Von wem würden Sie gern auch mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Im Doppel-Interview: Claudia Roth und Christian Lindner
Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Werden wir, die Marktteilnehmer des Buchmarktes, die immensen Herausforderungen, wie Stabilisierung und Digitalisierung des stationären Buchhandelshandels insgesamt, Erhalt und Einhaltung der Preisbindung oder auch „Wie erreichen wir mit unserem Gut die nächste Generation?“, bestehen?
Hier können Sie die auch beantworten:
Ja, das werden wir. Unsere Branche ist innovativ, kreativ und hat eine enorme emotionale Kraft. Die richtigen Menschen werden sich zusammentun und werden die richtigen Entscheidungen treffen für unsere Branche, die kulturelle Vielfalt und das Kulturgut Buch. Und damit werden wir unseren Beitrag für eine moderne und bunte Gesellschaft leisten.
Gestern beantwortete Anne-Mette Noack unseren „anderen“ Fragebogen, morgen fragen wir Björn Bedey