Seit dem 6. Dezember (Nikolaustag) fragen wir wieder bis zum 6. Januar 2021 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute beantwortet Bernd F. Lunkewitz unseren „anderen“ Fragebogen:
Welcher Tag war Ihr schönster diesem Jahr?
Am 27. Januar habe ich das Manuskript meines Buches „Der Aufbau-Verlag und die kriminelle Vereinigung“ veröffentlicht. Ich habe später noch einiges an dem Text korrigiert und ergänzt, aber an diesem Tag hatte ich diese spannende Rechts- und Wirtschaftsgeschichte des Aufbau-Verlages fertig gestellt und darin nachgewiesen, dass die Treuhandanstalt in Teilen eine kriminelle Vereinigung war, die arglistig die Käufer des Aufbau-Verlages getäuscht hat.
Worüber haben Sie sich 2020 am meisten geärgert?
Seit elf Jahren kriecht meine Schadensersatzklage gegen die Treuhandanstalt durch die Justiz. Zwei Wochen nachdem ich mein Buch veröffentlicht hatte, verschob das Landgericht Berlin den von mir lange erwarteten Termin zur ersten mündlichen Verhandlung aus „dienstlichen Gründen“ vom 28. Februar auf den 13. November 2020. Neun Monate später wurde auch dieser Termin wieder verlegt, diesmal auf den 9. Juli 2021. Das Gericht hatte erst kurz vor dem Termin mit der Vorbereitung begonnen und festgestellt, dass die als Beweis in den Anlagen 1 bis 264 vorgelegten Dokumente aus den Gerichtsakten verschwunden sind. Ich habe sie unverzüglich nochmals vorgelegen lassen, aber der Termin wurde verlegt.
Was war 2020 Ihr schönster Erfolg?
Meine Tochter (15) und meine beiden Söhne (11) haben trotz der Pandemie den online-Unterricht im Los Angeles School District gemeistert. Das ist ein großer Erfolg für meine Frau und mich! Alle drei wurden in diesem Jahr in höhere Schulen versetzt und kennen ihre Schulkameraden und Lehrer bisher nur vom Bildschirm. Trotzdem haben sie gute Noten und lesen gern deutsche und englische Literatur.
Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Willkürliche Rechtsverweigerung durch ein deutsches Gericht ist sehr traurig. In meinem Buch erzähle ich in dem Kapitel „Nachtigall, ick hör dir trapsen“ wie der 22. Senat des Kammergerichts in Berlin ein zehn Jahre laufendes Verfahren zur Löschung der Aufbau-Verlag GmbH i. A. im Handelsregister bewusst rechtswidrig eingestellt hat.
Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
Mein liebster Verlag ist und bleibt der Aufbau-Verlag. Er hat in diesem Jahr seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert. Ich habe ihm nach der Wende das Überleben ermöglicht, ihn achtzehn Jahre erfolgreich geführt und dann einen guten Nachfolger ausgesucht.
Die schönsten Buchhandlungen in Los Angeles sind vielleicht Book Soup in West Hollywood oder The Last Book Shop in Central LA, aber wir lesen gern die Reviews bei Amazon und bestellen dann unsere Bücher in den kleinen lokalen Buchhandlungen in und um Pacific Palisades.
Von welchem Thema wollen Sie (warum) im kommenden Jahr nichts mehr lesen?
Die Lügen von Donald Trump.
Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Das Wahre, Schöne und Gute.
Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?
Mich über Dinge zu ärgern, die nicht zu ändern sind.
Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Ich vertraue weiter auf die deutsche Justiz.
Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
„Der Aufbau-Verlag und die kriminelle Vereinigung.“
Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Ich arbeite an einem Text zur Geschichte des Verlages Rütten & Loening. Dessen „Arisierung“ im Jahre 1936 war sittenwidrig. Deshalb blieben die Erben des 1942 von den Nazis ermordeten Verlegers weiter Eigentümer des Verlages. Erst nach 1948 erfuhren sie von dessen Existenz in der DDR. Auch dieser Verlag wurde nie Eigentum der SED oder Volkseigentum. Folglich wurde auch die Treuhandanstalt nie dessen Eigentümer und die von ihr verkauften Geschäftsanteile an einer Rütten & Loening GmbH i. A. existierten nicht.
Von wem würden Sie gern auch mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Von Michel Friedmann
Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Haben Sie jemals den Kauf des Aufbau-Verlages bereut?
Hier können Sie die auch beantworten:
Ich habe den Verlag sechs Mal gekauft. Aber nur mein im Dezember 1995 abgeschlossener Kaufvertrag mit dem Kulturbund war wirksam. Erst damit wurde ich Eigentümer des Aufbau-Verlages. Diesen Kauf bereue ich nicht.
Gestern fragten wir Simon Decot, morgen antwortet Julia Bielenberg.
Der Hinweis auf Trump erinnert mich daran, dass irgendjemand ja Falschaussagen als solche markieren muss, daher mache ich das einmal hiermit: Herr Lunkewitz hat keinen Nachfolger für den Verlag „ausgesucht“. Er hat den Verlag 2008 in die Insolvenz geschickt. Die Existenzen der im Verlag Schreibenden und Arbeitenden waren ihm egal. „Aussuchen“ geht anders.
Gunnar Cynybulk
So ähnlich wie Trump leugnet Herr Cynybulk nicht nur die Realität sondern auch rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen. Er wirft mir – ohne Nachweis und wider besseres Wissen – „Falschaussage“ vor, obwohl ich in meinem Buch „Der Aufbau-Verlag und die kriminelle Vereinigung“ jede einzelne Aussage durch Dokumente detailliert belegt habe.
In dem Kapitel „Pyrrhussieg“ ist detailliert dargelegt:
Die Aufbau-Verlag GmbH führte ab 2004 gegen mich eine Klage zur Feststellung der Eigentumsverhältnisse am Aufbau-Verlag. Der BVS/Treuhandanstalt wurde der Streit verkündet. Sie nahm auf Seiten der GmbH am Verfahren teil. Ich erhob Gegenklage, um mein persönliches Eigentum am Aufbau-Verlag feststellen zu lassen. Am 18. November 2005 wies die 27. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main durch das Urteil 2-27 O 238/04 die Klage der GmbH ab und stellte fest,
„dass der Beklagte“ (Bernd F. Lunkewitz) „der Rechts- und Vermögensnachfolger des am 16.8.1945 vor dem Notar Dr. Hünnebeck in Berlin (Urkunde Nr. 1/1945) gegründeten Aufbau-Verlag GmbH … ist“.
Sowohl die Aufbau-Verlag GmbH als auch die BVS legten Berufung ein.
Am 17.8.2006 verkündete der 16. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main:
„Die Berufung der Klägerin und der Steitverkündeten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2005 wird zurückgewiesen.“ … „Das Landgericht hat den – zulässigen – Feststellungsantrag zurückgewiesen, da die Klägerin nicht die Rechts- und Vermögensnachfolgerin des 1945 gegründeten Aufbau-Verlages geworden ist.“
Sowohl die Aufbau-Verlag GmbH als auch die BVS beantragten beim BGH Revision des Urteils.
Am 10. Dezember 2007 beschloss der II. Senat des BGH einstimmig, dass
„der Kulturbund bis zum Beitritt der DDR seine Inhaberrechte an der ehemaligen Aufbau-Verlag GmbH nicht verloren hatte und diese Rechte deswegen wirksam auf den Beklagten“ (Bernd F. Lunkewitz) „hat übertragen können. Die Angriffe der Revisionsführer laufen im Ergebnis darauf hinaus, dass sie diese rechtlich einwandfreie tatrichterliche Würdigung nicht gelten lassen, sondern sie – unzulässigerweise – durch ihre eigene Bewertung ersetzen wollen.“
Damit stand fest, dass ich persönlich das Eigentum am Aufbau-Verlag als Einzelfirma vom Kulturbund erworben hatte.
Die Aufbau-Verlag GmbH war folglich eine vermögenslose Hülle und aus diesem Grund insolvent. Der ohne Rechtsform einer GmbH gleichwohl existierende Aufbau-Verlag war aber selbst nie insolvent, da er mir als Einzelfirma persönlich gehörte und ich nie insolvent war.
Die Geschäftsführer der GmbH bestritten auch nach dem Beschluss des BGH mein persönliches Eigentum am Verlag und verlangten die weitere Finanzierung der GmbH. Ich weigerte mich. Am folgenden Tag erklärten sie bei Gericht die Insolvenz der GmbH.
Der Insolvenzverwalter behauptete überraschend, dass Ansprüche von Gläubigern seit der Eintragung dieser GmbH im Handelsregister vorrangig vor meinem Eigentum seien. Ich hielt diese Ansicht für falsch, aber um den Verlag und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, wählte ich die Familie Koch als den neuen Eigentümer des Aufbau-Verlages. Ich gestattete den Verkauf der Rechte und des Vermögens des Aufbau-Verlages durch den Insolvenzverwalter und erhielt 2/3 des Kaufpreises. Die Richtigkeit meiner Darstellung ergibt sich also schon daraus, dass Herr Koch den mir privat gehörenden Aufbau-Verlag und nicht die insolvente GmbH erworben hat.
Abgesehen von allen kulturellen und ethischen Motiven belegt auch mein finanzielles Interesse, dass ich „meinen“ Verlag nicht „zerstören“ wollte. Es gab auch Konzerne, die Interesse am Kauf des Aufbau-Verlages hatten. Ich habe das ablehnt, weil nur etwa 20 Arbeitsplätze erhalten geblieben wären.
Die von Herr Cynybulk verbreitete Behauptung ist aus den dargelegten Gründen nicht nur falsch sondern auch ehrenrühig.
Bernd F. Lunkewitz