Silke von Bremens Buch Stumme Zeit (Dörlemann) führt die Leserinnen und Leser in die jüngere Vergangenheit der Insel, die Vergangenheit einer Familie und ihres Umfeldes, ungelüftete Geheinisse und eine Mauer des Schweigens. Anlass für Fragen an die Autorin:
Worum geht es in dem Buch?
Silke von Bremen: „Stumme Zeit“ ist ein Heimatroman, genauer ein Dorfroman. Er spielt auf einer Insel in der Nordsee und das Geschehen ist zwischen den 30er bis 70er Jahren verortet. Die InsulanerInnen müssen in dieser Zeit mit vielen Umbrüchen zurechtkommen. Der Fremdenverkehr entwickelt sich stetig und wird nach dem Krieg zur ihrer Haupteinnahmequelle. Und während die Dörfler versuchen, sich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren, werden sie von alten Geschichten heimgesucht. Jedenfalls ergeht es den beiden Hauptprotagonisten Helma und Rudi so. In ihrer Jugend gab es eine Lücke, die nie benannt wurde, es waren stumme Zeiten, und im Laufe der Geschichte erfahren sie, was passiert ist und was das mit ihnen gemacht hat.
Wie entstand die Idee zum Thema?
Wer in den 70er Jahren jung war, und zu dieser Gruppe gehöre ich, stand auf den Schultern von Menschen, die das III. Reich erlebt und erlitten haben. In den Aufbruchzeiten nach dem Krieg, hat man sich um die Vergangenheit jedoch nach Möglichkeit nicht gekümmert. Und Informationen werden ja auf unterschiedliche Art und Weise transportiert. Nicht nur durch das gesprochene Wort, sondern auch nonverbal. Schwierig wird es, und das ist u.a. das Thema dieses Buches, wenn Kinder und Jugendliche spüren „irgendetwas stimmt nicht“. Da sie aber keine Worte dafür haben, können sie auch nicht fragen. Wenn sie fragen könnten, wüssten sie intuitiv, dass sie das nicht dürfen.
Welche drei Wörter beschreiben es perfekt?
Spannend, verblüffend, zu Herzen gehend.
An welche Leserschaft richtet es sich?
Tatsächlich hatte ich beim Schreiben keine Leserschaft im Blick. Ich wollte eine gute Geschichte erzählen, eine Geschichte, die den Leser mitnimmt und ihn anrührt. Wer gerne liest, wird mit diesem Buch gute Stunden verbringen.
Mit welchem Argument kann der Buchhandel das Buch im Laden gut verkaufen?
Was gibt es Schöneres, als eine gute Erzählung zu lesen! Auf den ersten Seiten in ein Buch hineinzuspazieren, Menschen kennenzulernen, die man auf einer kurzen Strecke auf ihrem Lebensweg begleiten darf. Und wenn man dann am Ende aus dem Buch wieder herausgehen muss, ist man hoffentlich glücklich. Und auch ein wenig unglücklich, weil einem die Figuren so ans Herz gewachsen sind. Ich hoffe, dass mir das alles mit diesem Buch, in dem man Helma und Rudi kennenlernt, den gewieften Hauke, die Familien Petersen und Carstensen, die einiges auf ihren Schultern tragen, gelingt.
Wie sähe ein Schaufenster dazu schön gestaltet aus?
Was für eine großartige Idee, die BuchhändlerInnen hätten genügend Platz, für nur ein Buch ein ganzes Schaufenster zu dekorieren. Wenn ich dazu die Möglichkeit bekäme, wäre es eine alte gemütliche Friesenstube, mit Fliesen an den Wänden und Messingleuchtern, Wandschränke voll mit jahrhundertealten Mitbringsel der Seefahrer. Darinnen steht ein altes Sofa mit schweren bestickten Kissen und davor ein wunderschöner alter Holztisch auf dem mein Buch aufgeschlagen liegt.
Warum ist das Titelbild als Sylt erkennbar, aber im Text wird die Insel oder das Dorf mit keinem Namen erwähnt?
Da ich auf Sylt lebe, lag es für mich nahe, die Geschichte in einem Dorf spielen zu lassen, das mir vertraut ist. Wer die Insel kennt, wird schnell verstehen, welche Wege Helma und Rudi gelaufen sind, wo sie wohnen und um welches Dorf es sich handelt. Aber Sylt ist nicht das Thema dieses Romans, sondern die bewegenden Schicksale der Hauptpersonen.