Gestern wurde der New Yorker Comicautor Art Spiegelman in Berlin mit dem Siegfried Unseld Preis ausgezeichnet [mehr…]. Der alle zwei Jahre von der Siegfried Unseld Stiftung vergebene Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Die Laudatio hielt der Schriftsteller Clemens Setz, der zugleich Mitglied der diesjährigen Jury ist.
Im Kino International an der Karl-Marx-Allee begrüßte Suhrkamp Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz mehrere Hundert Literaturfreunde, darunter zahlreiche Buchhändler, Autoren, Mitarbeiter und Freunde des Verlags. Gemeinsam mit Cheflektor Raimund Fellinger überreichte sie die Auszeichnung. Art Spiegelmans Werke seien klar, formstreng und gleichzeitig „angriffslustig und selbsthinterfragend“, so die Verlegerin. Sie ließen – „was der menschliche Verstand, sich selbst überlassen, nicht mehr zustande brächte – verschiedene Zeitebenen und Weltbilder als räumliche Erzählung sichtbar werden“, zitierte sie aus der Begründung der Jury.
Spiegelman ist schlagartig durch seinen Comic Maus. Die Geschichte eines Überlebenden bekannt geworden, in dem er die Erinnerungen seines Vaters Wladek an den Holocaust aufzeichnet. Der erste Band Mein Vater kotzt Geschichte aus erschien 1989 bei Rowohlt. 1992 folgte Band 2 Hier begann mein Unglück. Im selben Jahr wurde Spiegelman dafür als erster Comic-Autor mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Damals lösten seine Bildgeschichten, in denen er Juden als Mäuse, Deutsche als Katzen, Amerikaner als Hunde, Polen als Schweine, Franzosen als Frösche, Schweden als Rentiere und Briten als Fische darstellt, aber auch heftige Diskussionen aus.
In einer ebenso humorvollen wie berührenden Rede erzählte Art Spiegelman gestern die Geschichte des Comics und davon welchen Einfluss die Bildgeschichten auf sein Leben hatten. Vor allem das Satiremagazin MAD habe sein Leben verändert, sagte er. Das Publikum erfuhr auch, dass es die ersten Comics bereits im Mittelalter gab: Kirchenfenster, so Spiegelman erzählten Geschichten von einem Superhelden, der übers Wasser gehen konnte.
Im S. Fischer Verlag ist druckfrisch das Buch MetaMaus (mit DVD) erschienen, in dem Spiegelman Einblick in seine Arbeit gewährt und die Gespräche mit seinem Vater wiedergibt. Auch gestern überließ Spiegelman seinem Vater das letzte Wort. Er spielte von der DVD einen Auszug aus den Unterhaltungen mit seinem Vater ein, bevor er sich mit vier Worten verabschiedete: „Thank you, my friends“.
Das Publikum bedankte sich mit lautem Applaus und im Foyer bildete sich eine lange Schlange am Signiertisch.
Wer mehr über den Künstler erfahren möchte, das Museum Ludwig Köln zeigt noch bis zum 6. Januar 2013 die Ausstellung Art Spiegelman. Comics von Mäusen und Katzen sowie andere Bildergeschichten.
ML