Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Ein großes poparchäologisches Vergnügen“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

  • „Schmerzbestrahlt“: Mit Die Nacht unterm Schnee schließt Ralf Rothmanns seine Romantrilogie über das Ende des „Dritten Reichs“ und die Nachkriegszeit ab. „Ihm gelingt mit Die Nacht unterm Schnee einmal mehr eine großartige Erzählung, die glaubhaft in eine Zeit führt, in der von ‚posttraumatischen Be­lastungsstörungen‘ noch nicht die Rede ist, aber alle mit ihren massiven körper­lichen und seelischen Verwundungen zu­rechtkommen müssen, ganz ohne Therapie.“
    Ralf Rothmann, Die Nacht unterm Schnee (Suhrkamp)
  • „Leben mit Lügen“: Mikita Franko erzählt vom Aufwachsen eines Jungen mit zwei Vätern in einer homophoben russischen Gesellschaft. „So ist Frankos Coming-of-Age-Roman die Geschichte von einem, der nicht nur mit den Wirren seiner Teenager-Zeit fertig werden muss, sondern auch mit der Grausamkeit einer homophoben Gesellschaft.“
    Mikita Franko, Die Lüge (aus dem Russischen von Maria Rajer; Hoffmann und Campe)
  • „Ausweichen vor dem Schmerz“: Die slowakische Autorin Vanda Rozenbergová erzählt im Roman Drei Tote treiben über den Umgang einer Frau mit ihrer Vergangenheit. „Der Verlag ist der Meinung, dass in Drei Tote treiben von Vanda Rozenbergová die ‚Stellung der Roma innerhalb der slowakischen Gesellschaft unverblümt zur Sprache gebracht wird‘, aber die Situation dieser Minderheit kommt eher nur am Rande der Erzählung vor, und alles, was der Leser erfährt, ist negativ konnotiert. Der Roman handelt davon, wie die Protagonistin ihrer Vergangenheit entkommen will, sich in tradierte Verhaltensweisen einfügt. Es bleibt fraglich, ob er zur Beschäftigung mit der Gruppe der Roma anregt.“
    Vanda Rozenbergová, Drei Tote treiben (aus dem Slowakischen von Zorka Ciklaminy; Drava Verlag)

  • „Disco 2022“: Kunstfasern, Kragenstäbchen und der Masterplan für die Weltherrschaft der Band „Pulp“: Die Autobiografie von Jarvis Cocker ist ein großes poparchäologisches Vergnügen. „Good Pop, Bad Pop mit seinen vielen Fotos von erstaunlichen Textilien und ambitionierten Provinz-Tanzdielen, mit seinen charmanten Plaudereien und seinen absolut zwingenden Rezepten für alle, die auch schon mal mit dem Kopf auf der Schulbank von der Eroberung der Weltherrschaft mit einer Gitarre geträumt haben. Ab Oktober soll es (…) bei Kiepenheuer & Witsch, sogar eine deutsche Ausgabe geben.“
    Jarvis Cocker, Good Pop, Bad Pop – An Inventory (Jonathan Cape/Penguin)
  • „Was lesen Sie … Asal Dardan?“: „Für einen Essay, den ich schreibe, lese ich unter anderem Fatima El-Tayebs Studie Undeutsch und Natasha A. Kellys Afrokultur. Beide Bücher greifen fantastisch ineinander und führen klar vor Augen, wie wichtig es ist, dass afrodeutsche Wissenschaft und Literatur noch viel stärker und breiter gewürdigt wird. Auch, damit wir als Öffentlichkeit nicht immer wieder in diesem, wie El-Tayeb es nennt, ‚unproduktiven Selbstgespräch‘ stecken bleiben. Zu einem ernsthaften Dialog können die wichtigen Gespräche nur werden, wenn das Wissen anderer respektiert, wenn abweichenden Perspektiven souverän, also auf Augenhöhe, begegnet wird. So nebenher, ‚privat‘, lese ich Helga Schuberts Vom Aufstehen. Ich lese es gern, auch wenn ich nur langsam vorankomme. Die Welt darin ist mir ziemlich fremd.“

 

  • „Wie Harold, Andrew, Ida und Mildred es sehen“: Hernan Diaz erzählt fabelhaft raffiniert von Geld und Geschichte, Fakten und Fiktionen – und der unterdrückten Macht der Frauen. „Hernan Diaz führt vor, wie misstrauisch man Geschichtsschreibung betrachten sollte, wenn es um die Märkte geht, um Macht und um die Rolle von Frauen.“
    Hernan Diaz, Treue (a. d. Engl. v. Hannes Meyer; Hanser Berlin)
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