Autor Nicola Bardola fragt sich beim Besuch der Frankfurter Buchmesse: Hat die Begeisterung für New Adult und Romance ihren Höhepunkt überschritten?

Der Autor Nicola Bardola (gerade erschienen: Nicola Bardola: Die 55 besten Fünften Beatles, Verlag Andreas Reiffer) flanierte wie viele andere über die Frankfurter Buchmesse und hat sich dabei gefragt, ob der Peak des New-Adult-Hypes erreicht ist.

Stefanie Werk (Foto: Nicola Bardola)

Keine Gattung sorgt derzeit für ein so starkes Umsatzwachstum wie New Adult und Romance. Manche Subgenres erzielen laut Media Control weiterhin jährlich dreistellige Zuwächse. In Frankfurt besuchten tausende Fans nicht nur die Romantik-Halle 1.2 sondern besorgten sich geduldig in langen Signierschlangen wartend Widmungen von Autorinnen in der Festhalle und fanden zudem zahlreiche Attraktionen und Neuigkeiten auch in den anderen Messehallen.

Hat damit die Romancemania jetzt ihren Peak erreicht? „Nein, ich glaube nicht“, sagt Stefanie Werk im Literary Agents and Scouts Center. Werk ist Programmleiterin Aufbau Verlage und damit verantwortlich u.a. für das Label more. „Das ist mehr als nur ein Trend. Es ist ein Riesenthema und Leserinnen von Romance werden nicht damit aufhören. Die Gattung wird sich weiter entwickeln. Es werden neue Subgenres hinzukommen“, so Werk. Das Thema sei omnipräsent und verweist auf die vielen Imprintgründungen der vergangenen Jahre. Aufbau startet im Wesentlichen bei New Adult. Zielgruppen darunter bleiben vor allem die Domäne von Kinder- und Jugendbuchverlagen.

Natalja Schmidt (Foto: Nicola Bardola)

Natalja Schmidt, Verlagsleiterin Knaur und Gesamtleiterin Bramble glaubt noch nicht, dass der Höhepunkt überschritten ist, „aber es gibt natürlich inzwischen sehr viele Angebote, es werden sehr viele Titel veröffentlicht. Das merkt man auf den einzelnen Titel betrachtet schon, dass es da nicht mehr alle Bücher so leicht haben wie noch vor sechs Monaten.“ Deshalb weitet Schmidt den Blick: „Wir ergänzen unsere UK- und US-Programme mit Romantasy-Titeln aus Asien, vorwiegend Südkorea, China und Japan. Das ist sehr spannend und da ist die Konkurrenz deutlich kleiner.“ Schmidt stellt fest, dass nach dem Erfolg von „Alchemised“ die Konzentration auf Fanfiction-Portale wieder zunimmt. Von den Agenturen werden vermehrt entsprechende Titel angeboten. „Trotzdem haben UK- und US-Verlage insgesamt weniger Romance und Romantasy im Angebot als letztes Jahr um die gleiche Zeit. Es ist schon so viel da und die bestehenden Autorinnen schreiben ja weiter. Da merkt man, es fängt an langsamer zu werden.“ Trotzdem glaubt Schmidt, etablierte Tropes wie „Enemies to Lovers“ sterben nicht aus. Allerdings beobachtet Schmidt, dass Romance-Autorinnen wieder mehr Wert auf sorgfältige entwickelte Geschichten und gleichzeitig auf den gelungeneren Weltenbau setzen.

Mona Lang (Foto: Nicola Bardola)

„Ich würde sagen, der Peak für New Adult und Romance ist erreicht“, sagt Mona Lang, die Programmverantwortliche bei KiWi für internationale Literatur und für kiwi space. Sie sieht ihr Imprint kiwi space als ein Label für Leserinnen in ihren Zwanzigern und Dreißigern. „Wir glauben, dass wir Leserinnen, die aus New Adult und Romance herauswachsen mit kiwi space abholen können. Vielleicht können wir sie so auf dem Weg in die hohe Literatur begleiten. Deshalb weiten wir das Angebot von Romance und Romantasy über Horror bis zu literarischen Titeln und Self-Help-Sachbüchern.“ Das kiwi space Debüt war ein feministischer Horrorroman, „Das beste sind die Augen“ von Monika Kim, und soeben ist das Sachbuch zum Thema Asexualität erschienen: „Kein Bock Club“ von Maria Popov. „Das beschäftigt junge Menschen: Der Druck Sex zu haben und die sexualisierte Welt, in die sie hineinwachsen. Damit bieten wir Lesestoff an den Rändern der Genres, die gerade so en vogue sind.“

Kurz vor der Messe beantwortete Diana Keller, Programmleiterin Blush und Blanvalet Taschenbuch einige Fragen schriftlich.

Bardola: Wie entwickelt sich das Segment?

Diana Keller: Romance war als Genre schon immer beliebt, in den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Stoffen aus diesem Bereich stark angestiegen. Generell kann man sagen, dass die Begeisterung für die Romance in all ihren Spielarten und Subgenres – von New Adult Romance über Sports Romance, RomCom und mittlerweile auch Dark Romance – bei einer jungen erwachsenen Generation die Liebe für das Lesen (neu) entfacht hat. Das freut uns sehr, und es hat den Buchmarkt definitiv verändert – man sieht es an den prominenten Romance-Tischen im Handel oder an dem Ansturm auf den Buchmessen.

Wie sind die Prognosen, was Umsatz, Anzahl der Novitäten usw. betrifft?

Bedingt durch die stärkere Nachfrage in den letzten Jahren sind viele deutsche Verlage, bei denen das Genre bislang nicht im Fokus stand, auf den Trend aufgesprungen – entsprechend ist auch das Angebot an Novitäten gestiegen.
Bei Blanvalet war Romance schon immer fester Bestandteil des Programms. Da wir jedoch das gesamte Panorama an Unterhaltungsliteratur abbilden, hatten wir bislang nur begrenzte Programmplätze für das Genre zur Verfügung. Mit unserem neuen Label Blush können wir der Romance nun ein größeres Spotlight bieten und eine breitere Auswahl an tollen Titeln von deutschsprachigen wie internationalen Top-Autorinnen für die Leserschaft zugänglich machen. Unter Blush werden wir künftig allen Facetten der Liebe – von den locker-leichten bis zu den verbotenen – eine eigene Heimat geben. Dass wir mit KM Moronovas Roman „Leave me Behind“ direkt eine SPIEGEL-Nr.1-Platzierung für Blush erreicht haben, ist ein großartiger Start für unser neues Label.

Wie entwickelt sich das Angebot aus den angelsächsischen Ländern?

Angetrieben durch Social Media und insbesondere TikTok sind es vor allem Autorinnen aus den USA und den UK, die sich großer Beliebtheit bei den Leser:innen erfreuen und zu regelrechten Hypes werden. Insbesondere in den USA ist zudem auch der Selfpublishing-Markt sehr stark. Viele Autor:innen wie beispielsweise Ana Huang oder H.D. Carlton haben dort ihre ersten Veröffentlichungen getätigt, sich große Fangemeinden erschrieben und wurden dann aufgrund zahlloser begeisterter Rezensionen von Literaturagenturen und Verlagen entdeckt. Heute sind sie internationale Bestsellerautor:innen, deren Romane hohe sechsstellige Absätze erzielen können.

Auch viele Genre-Trends werden in den USA entfacht und nach Europa weitergetragen: Aktuell erfreuen sich z.B. Cowboy-Romances, die vor der Kulisse gemütlicher Kleinstädte im Mittleren Westen spielen, großer Beliebtheit bei der Zielgruppe.

Ist ein Peak der Romance-Begeisterung abzusehen?

Ein Peak des Genres ist derzeit nicht abzusehen – auch weil sich das Genre beständig verändert. Neue Subgenres und Trends entstehen, viele Autor:innen geben Plots, Figuren, Tropes, Settings und Themen ihren ganz eigenen Dreh mit und lassen dadurch spannende neue Geschichten entstehen, die so noch nicht da waren.

Nicola Bardola

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